Mercedes EQE 350+ im Test: Wie weit soll es gehen?

Der Mercedes-Benz EQE 350+ kommt laut WLTP auf eine Reichweite von gut 700 Kilometern. Wie viel davon bleibt im Test übrig? Der Beitrag Mercedes EQE 350+ im Test: Wie weit soll es gehen? erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

Mai 17, 2025 - 13:46
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Mercedes EQE 350+ im Test: Wie weit soll es gehen?

Mit dem Mercedes-Benz EQE 350+ hat zuletzt für zwei Wochen ein Testwagen bei uns vorbeigeschaut, der zumindest auf dem Papier ein Elektroauto für die Langstrecke ist. Wir haben uns näher angeschaut, wie sich die Reichweite im Alltag bei unterschiedlichen Fahrprofilen verändert. Auch beim Schnellladen haben wir genauer hingesehen. Ist der EQE wirklich der Gegenbeweis zu allen Ängsten der Diesel-Vertriebler?

Die Limousine hat einen großen 105 kWh großen Akku verbaut, von dem 96 kWh nutzbar sind. Angetrieben wird der EQE 350+ von einem 215 kW (292 PS) starken Elektromotor an der Hinterachse. 210 Stundenkilometer sind in der Spitze möglich, 6,5 Sekunden dauert der Sprint auf Tempo 100. Mit seinen knapp 4,95 Metern Länge gehört der EQE zur oberen Mittelklasse. Vorgefahren ist er mit der Ausstattungslinie AMG-Line innen wie außen, also unter anderem inklusive Sportsitzen und den vielen kleinen Mercedes-Sternen am “Kühler”.

Daniel Krenzer

Die Pluspunkte des Mercedes EQE 350+

Das Fahrverhalten: Der EQE liegt wunderbar satt auf der Straße, bügelt auch auf der Autobahn angenehm jede Unebenheit weg. Tempo 160 fühlt sich allenfalls wie Tempo 120 an, so sanft gleitet das Elektroauto dahin. Zudem gibt der Heckantrieb immer ordentlichen Vortrieb, wenn gewünscht, ohne dabei aber zu forsch zu sein. Die Lenkung ist ebenfalls sehr angenehm, der Wendekreis auch ohne der optionalen Hinterachslenkung für die Fahrzeuggröße gut. Trotz seiner Ausmaße navigiert sich der EQE auch im Stadtverkehr sehr zielsicher.

Der Komfort: Vorne wie hinten herrscht üppige Beinfreiheit, auf den Sportsitzen sitzt es sich sehr bequem, der Materialmix edel und angenehm. Im EQE lässt es sich gut aushalten, Mitfahrende nutzen dies für das ein oder andere Schläfchen. Sollte unglücklicherweise der Fahrer ebenfalls müde sein, erkennt und unterbindet das Auto dies aber zuverlässig. Im Mitteltunnel gibt es reichlich Stauraum, vorne wie hinten mangelt es nicht an Ablagemöglichkeiten. Zudem lässt sich die Klimaanlage auf den Rücksitzen dort individuell einstellen.

Die Langstreckentauglichkeit: Nicht nur wegen des Komforts lassen sich im EQE 350+ auch lange Strecken gut zurücklegen. Der große Akku ermöglicht zudem langes Fahren am Stück. Durch die Limousinenform hält sich der Verbrauch in Grenzen. Werte um die 20 kWh lassen sich bei gediegener Autobahnfahrt gut erreichen, wer auch mal 160 fährt, wenn es die Verkehrssituation zulässt, der pendelt sich bei etwa 25 kWh ein. In der Spitze sind 210 Stundenkilometer drin, laut Tacho sogar 216. Der Verbrauch ist zwar ein bisschen höher, als wir uns das erhofft hätten, doch 400 bis 500 Kilometer reale Autobahnreichweite bei gar nicht mal so gemächlicher Fahrweise sind zumindest bei wärmeren Temperaturen kein Problem, ehe nachgeladen werden muss.

Am Schnelllader performt der EQE recht ordentlich, bis zu 170 kW sind möglich. Dank Vorkonditionierung erreichten wir die beim Test auch wiederholt nahezu, wobei wir zwischen 20 und 30 Prozent Restakku anstöpselten. Zudem hält das Fahrzeug auch über 80 Prozent hinaus noch eine Weile eine ordentliche Ladeleistung von 70 bis 90 kW. In 20 Minuten sind so etwa 200 echte Autobahnkilometer nachgeladen. Das ist in Ordnung, gibt es aber in dieser auch auch in günstigeren Preisklassen auch schon deutlich flotter.

Die Assistenzsysteme: Der EQE kann – entsprechend ausgestattet – recht viel alleine. Das betrifft nicht nur das Ein- und Ausparken sowie das Folgen auf der Autobahn, sondern auch den Spurwechsel. Zwischen 80 und 140 Stundenkilometer wechselt der EQE bei eingeschaltetem Tempomat selbstständig die Fahrspur, wenn es der Verkehrsfluss zulässt. Das ist mit Blick auf autonomes Fahren spannend zu beobachten, allerdings haben wir diese Unterstützung nach ein paar Versuchen dann doch lieber ausgeschaltet. Denn nicht immer agiert das System sehr vorausschauend, wechselt beispielsweise kurz vor einer Geschwindigkeitsbegrenzung noch einmal nach links, um dann wieder zurückzurudern oder nutzt rechts Lücken zwischen Lkw, in die ein menschlicher Fahrer eher nicht mehr geschlüpft wäre.

In Summe sorgen die Assistenzsysteme aber für ein sehr angenehmes und sicheres Fahrerlebnis, und dank der guten Kamerabilder sind auch engere Parkmanöver kein Problem, sofern man sie selbst übernehmen möchte. Richtig gut ist bei Mercedes die Integration der Navigation in das Head-Up- sowie Mitteldisplay. Dank großer Pfeile und gut dargestellter Straßenverläufe ist es schon eine Kunst, noch eine vorgesehene Abzweigung zu verpassen. Zudem ist die Ladestandsprognose für die Ankunft am Ziel sehr genau und berücksichtigt auch eine eventuell flottere Fahrweise.

Daniel Krenzer

Die Minuspunkte des Mercedes EQE 350+

Der Platz im Kofferraum: Mit 430 Litern ist das Raumangebot für die obere Mittelklasse schon zahlentechnisch eher klein, durch die eher flache Kofferraumöffnung passen aber höhere Dinge schnell gar nicht mehr hinein. Das ist oft die Krux mit schön geformten Limousinen. Auch wenn die Rücksitze umgeklappt werden, dann stehen nicht einmal 900 Liter zur Verfügung. Dabei dürfen sehr ordentliche 635 Kilo zugeladen werden, weitere 100 Kilo können aufs Dach. Gebremst darf der EQE mit 750 Kilo immerhin ein bisschen was ziehen.

Das Bedienkonzept: Die deutschen Hersteller befinden sich allesamt im Spagat, was die Bedienung angeht. Während sich weltweit immer mehr auf Sprach- und Touchscreen-Steuerung konzentriert wird, mögen in Deutschland überdurchschnittlich viele Autofahrer noch klassische Bedienkonzepte mit vielen Knöpfen und Reglern. So entsteht im Mercedes EQE eine Mischung an Bedienelementen, die nicht so ganz zusammenpassen scheinen. Während generell viel über die großen Bildschirme angesteuert werden kann, gibt es am Lenkrad eine ganze Reihe an Knöpfen. Besonders frickelig sind dabei kleine Flächen, die mit dem Daumen gewischt werden können. Das übt zwar die Feinmotorik, so richtig viel Freude bereiten die Teile aber nicht.

Die Preisgestaltung: Eine richtige Preisliste gibt es bei Mercedes inzwischen nicht mehr, und auch den Preis unseres Testwagens haben wir nicht konkret herausfinden können. Was der individuelle EQE am Ende kostet, spuckt der Konfigurator aus. Dort geht der EQE 350+ zwar bei knapp 70.000 Euro los, doch unser üppig ausgestatteter Testwagen, in dem zum Beispiel auch der Beifahrer einen eigenen Bildschirm hat, nähert sich dann doch recht zügig einem sechsstelligen Preis. Wer es beim Konfigurieren nicht übertreibt, der sollte aber immerhin unter der wohl kommenden neuen Marke bleiben, bis zu der ein günstigerer geldwerter Vorteil bei Dienstwagen angewandt werden kann. Der EQE dürfte von dieser Regelung, sofern sie denn kommt, durchaus profitieren.

Daniel Krenzer

Fazit

Der Mercedes EQE 350+ ist ein elegantes, hochwertiges und langstreckentaugliches Elektroauto, das sich international nicht verstecken muss. Der Verbrauch könnte etwas niedriger, die Ladeleistung höher sein, doch in Summe reist es sich im EQE wunderbar und ohne große Einschränkungen. Aufgrund des eingeschränkten Kofferraumvolumens ist der EQE aber eher kein Familienauto, sondern eher der klassische Dienstwagen für Außendienstler, die sehr viel Zeit in ihrem Auto verbringen. Und für diese Kundengruppe ist der doch recht hohe Preis oft zweitrangig, zumindest dann, wenn die Steuer entsprechend niedrig ist. Und das könnte bald soweit sein.

Transparenz-Hinweis: Das Testauto wurde uns von Mercedes für zwei Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt. Die hier niedergeschriebene ehrliche Meinung beeinflusst dieser Umstand jedoch nicht.

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