Viele Lipglosse im Test enthalten Titandioxid – Weshalb das problematisch ist
Lipgloss zaubert in sekundenschnelle Glanz auf die Lippen. Der schöne Schein hat aber oft einen Haken: Fast alle Lipglosse in unserem Test enthalten noch immer das umstrittene Farbpigment Titandioxid. Wir erklären, was das Problem dabei ist. Wir haben 15 rosarote und möglichst schimmernde Lipglosse auf Titandioxid untersuchen lassen. Im Test enthält nur ein Lipgloss kein Titandioxid. Titandioxid (TiO₂) geriet im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr in Verruf. Es ist bereits seit 2022 als Zusatzstoff E171 in Lebensmitteln verboten, weil laut Europäischer Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine erbgutschädigende Wirkung des Stoffes nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Es stellt sich die Frage, ob das mineralische Pigment auch genotoxisch wirken kann, wenn es aus Kosmetik wie Lipgloss verschluckt wird? Um diese Frage beantworten zu können, forderte der EU-Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) mehr Daten aus experimentellen Studien. Diese liegen mittlerweile vor. Laut einer Komissionssprecherin werde der SCCS voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 mit der erneuten Sicherheitsbewertung beginnen. Seit das Verbot in Lebensmitteln beschlossen war, wertet ÖKO-TEST TiO₂ in verschluckbarer Kosmetik bereits ab. So ein Lipgloss ist schnell mal abgeleckt, meist passiert das ganz unbewusst. Und im Laufe des Tages muss dann immer wieder nachgelegt werden: ablecken, nachlegen, ablecken, nachlegen, und so weiter. Ist das ein Problem? Könnte schon sein – zumindest dann, wenn der Lipgloss Titandioxid (TiO₂) enthält. Fast alle Lipglosse im Test enthalten umstrittenes Titandioxid In seiner neuesten Stellungnahme vom Mai 2024 hat der wissenschaftliche Experten-Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU (SCCS) erneut Bedenken zur Sicherheit von Titandioxid in Kosmetik geäußert. Wir sehen den Stoff in verschluckbarer Kosmetik bereits seit Jahren kritisch und wollten wissen, ob die Hersteller sich des Themas mittlerweile stärker annehmen. Deshalb haben wir 15 rosarote Lipglosse eingekauft und die Liste der Inhaltsstoffe (INCI) auf Titandioxid überprüft. Das ernüchternde Ergebnis: 14 von 15 Produkten setzen das Farbpigment nach wie vor ein. Verschlucken von Lipgloss birgt Risiken Das heißt: Lediglich ein Produkt im Test verzichtet auf Titandioxid – und zeigt, dass es auch ohne geht. Doch warum ist der Stoff eigentlich ein Problem? Der Einsatz von Titandioxid in Kosmetik ist zwar zugelassen. Das Farbpigment geriet aber im Laufe der letzten Jahre immer mehr in Verruf. Bereits seit 2022 ist TiO₂ als Zusatzstoff E171 in Lebensmitteln verboten, weil laut Europäischer Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine erbgutschädigende Wirkung des Stoffes nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Das galt aber nur für die orale Aufnahme. Auf gesunde Haut aufgetragen gehe von Titandioxid nach aktuellem Stand keine Gefahr aus, schreibt das SCCS. Aber: Lippenkosmetik kann eben auch verschluckt werden – laut einer früheren Berechnung des SCCS in Mengen bis zu 57 Milligramm pro Tag. Deshalb werten wir TiO₂ in verschluckbarer Kosmetik bereits ab, seit das Verbot in Lebensmitteln beschlossen war. Zudem haben Studien gezeigt, dass größere Mengen von TiO₂ in Nanoform Entzündungen im Darm verstärken könnten. Liegt im Produkt Titandioxid zu mehr als 50 Prozent in Nanoform vor, müssen Hersteller das in der INCI angeben. Im Labor ließen wir die Verteilung der Partikelgrößen bestimmen. Bei fünf Produkten lag Titandioxid überwiegend nanoförmig vor, ohne eine entsprechende Kennzeichnung in der INCI. Rötungen und Unreinheiten im Gesicht schnell verschwinden lassen? Mit einem Concealer kein Problem. Doch unser Test zeigt: Nicht alle Produkte überzeugen mit ihren Inhaltsstoffen. Neun von 19 Concealern rasseln durch – darunter auch bekannte Marken. Titandioxid in "Kosmetika für die orale Anwendung" Das Experten-Gremium des SCCS hat sich in seiner Erklärung vergangenen Mai noch einmal speziell mit der Frage beschäftigt, ob es bei den zahlreichen, in "Kosmetika für die orale Anwendung" eingesetzten Titandioxid-Qualitäten Sicherheitsbedenken gibt. Bei fast allen TiO₂-Qualitäten kommt das Gremium zum Schluss, dass es die Gefahr einer Genotoxizität nicht ausschließen könne und fordert mehr Daten. Offenbar fehlen vor allem Informationen darüber, in welchem Maße TiO₂-Varianten über die Mundschleimhaut aufgenommen werden können, und wie sie dort auf die Zellen wirken. Erneute Sicherheitsbewertung soll in zweiter Jahreshälfte beginnen Wie geht es nun also weiter für Titandioxid in verschluckbarer Kosmetik? Wir haben bei der EU-Kommission nachgefragt und erfahren: Die Kosmetikindustrie hat inzwischen ein "umfassendes Sicherheitsdossier" vorgelegt – weitere Daten liegen also jetzt offenbar auf dem Tisch. Der SCCS werde laut einer Kommissionssprecherin voraussichtlich bereits im zweiten Quartal 2025 mit der erneuten Sicherheitsbewertung beginnen. "Sobald das Gremium seine aktualisierte Stellungnahme abgegeben hat, wird die Europäische Kommission mögliche


Lipgloss zaubert in sekundenschnelle Glanz auf die Lippen. Der schöne Schein hat aber oft einen Haken: Fast alle Lipglosse in unserem Test enthalten noch immer das umstrittene Farbpigment Titandioxid. Wir erklären, was das Problem dabei ist.
- Wir haben 15 rosarote und möglichst schimmernde Lipglosse auf Titandioxid untersuchen lassen.
- Im Test enthält nur ein Lipgloss kein Titandioxid.
- Titandioxid (TiO₂) geriet im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr in Verruf. Es ist bereits seit 2022 als Zusatzstoff E171 in Lebensmitteln verboten, weil laut Europäischer Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine erbgutschädigende Wirkung des Stoffes nicht mehr ausgeschlossen werden könne.
- Es stellt sich die Frage, ob das mineralische Pigment auch genotoxisch wirken kann, wenn es aus Kosmetik wie Lipgloss verschluckt wird?
- Um diese Frage beantworten zu können, forderte der EU-Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) mehr Daten aus experimentellen Studien. Diese liegen mittlerweile vor. Laut einer Komissionssprecherin werde der SCCS voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 mit der erneuten Sicherheitsbewertung beginnen.
- Seit das Verbot in Lebensmitteln beschlossen war, wertet ÖKO-TEST TiO₂ in verschluckbarer Kosmetik bereits ab.
So ein Lipgloss ist schnell mal abgeleckt, meist passiert das ganz unbewusst. Und im Laufe des Tages muss dann immer wieder nachgelegt werden: ablecken, nachlegen, ablecken, nachlegen, und so weiter. Ist das ein Problem? Könnte schon sein – zumindest dann, wenn der Lipgloss Titandioxid (TiO₂) enthält.
Fast alle Lipglosse im Test enthalten umstrittenes Titandioxid
In seiner neuesten Stellungnahme vom Mai 2024 hat der wissenschaftliche Experten-Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU (SCCS) erneut Bedenken zur Sicherheit von Titandioxid in Kosmetik geäußert. Wir sehen den Stoff in verschluckbarer Kosmetik bereits seit Jahren kritisch und wollten wissen, ob die Hersteller sich des Themas mittlerweile stärker annehmen.
Deshalb haben wir 15 rosarote Lipglosse eingekauft und die Liste der Inhaltsstoffe (INCI) auf Titandioxid überprüft. Das ernüchternde Ergebnis: 14 von 15 Produkten setzen das Farbpigment nach wie vor ein.
Verschlucken von Lipgloss birgt Risiken
Das heißt: Lediglich ein Produkt im Test verzichtet auf Titandioxid – und zeigt, dass es auch ohne geht. Doch warum ist der Stoff eigentlich ein Problem? Der Einsatz von Titandioxid in Kosmetik ist zwar zugelassen. Das Farbpigment geriet aber im Laufe der letzten Jahre immer mehr in Verruf. Bereits seit 2022 ist TiO₂ als Zusatzstoff E171 in Lebensmitteln verboten, weil laut Europäischer Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine erbgutschädigende Wirkung des Stoffes nicht mehr ausgeschlossen werden könne.
Das galt aber nur für die orale Aufnahme. Auf gesunde Haut aufgetragen gehe von Titandioxid nach aktuellem Stand keine Gefahr aus, schreibt das SCCS. Aber: Lippenkosmetik kann eben auch verschluckt werden – laut einer früheren Berechnung des SCCS in Mengen bis zu 57 Milligramm pro Tag. Deshalb werten wir TiO₂ in verschluckbarer Kosmetik bereits ab, seit das Verbot in Lebensmitteln beschlossen war.
Zudem haben Studien gezeigt, dass größere Mengen von TiO₂ in Nanoform Entzündungen im Darm verstärken könnten. Liegt im Produkt Titandioxid zu mehr als 50 Prozent in Nanoform vor, müssen Hersteller das in der INCI angeben.
Im Labor ließen wir die Verteilung der Partikelgrößen bestimmen. Bei fünf Produkten lag Titandioxid überwiegend nanoförmig vor, ohne eine entsprechende Kennzeichnung in der INCI.
Rötungen und Unreinheiten im Gesicht schnell verschwinden lassen? Mit einem Concealer kein Problem. Doch unser Test zeigt: Nicht alle Produkte überzeugen mit ihren Inhaltsstoffen. Neun von 19 Concealern rasseln durch – darunter auch bekannte Marken.
Titandioxid in "Kosmetika für die orale Anwendung"
Das Experten-Gremium des SCCS hat sich in seiner Erklärung vergangenen Mai noch einmal speziell mit der Frage beschäftigt, ob es bei den zahlreichen, in "Kosmetika für die orale Anwendung" eingesetzten Titandioxid-Qualitäten Sicherheitsbedenken gibt.
Bei fast allen TiO₂-Qualitäten kommt das Gremium zum Schluss, dass es die Gefahr einer Genotoxizität nicht ausschließen könne und fordert mehr Daten. Offenbar fehlen vor allem Informationen darüber, in welchem Maße TiO₂-Varianten über die Mundschleimhaut aufgenommen werden können, und wie sie dort auf die Zellen wirken.
Erneute Sicherheitsbewertung soll in zweiter Jahreshälfte beginnen
Wie geht es nun also weiter für Titandioxid in verschluckbarer Kosmetik? Wir haben bei der EU-Kommission nachgefragt und erfahren: Die Kosmetikindustrie hat inzwischen ein "umfassendes Sicherheitsdossier" vorgelegt – weitere Daten liegen also jetzt offenbar auf dem Tisch. Der SCCS werde laut einer Kommissionssprecherin voraussichtlich bereits im zweiten Quartal 2025 mit der erneuten Sicherheitsbewertung beginnen.
"Sobald das Gremium seine aktualisierte Stellungnahme abgegeben hat, wird die Europäische Kommission mögliche Regulierungsmaßnahmen prüfen." Diese könnten weitere Beschränkungen beinhalten oder ein Verbot von TiO₂ in bestimmten Kategorien von Kosmetikprodukten.
Und wie verhält sich die Industrie derweil? Wir haben dazu die Anbieter unseres Lipgloss-Tests gefragt. Die Rückmeldungen zeigen uns, dass die Forschung nach Alternativen zwar auf Hochtouren läuft, der Austausch von TiO₂ dagegen sehr zögerlich erfolgt.
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