VW-Chef: „Made in Germany bleibt wettbewerbsfähig“

Oliver Blume verteidigt den Abbau von 45.000 Stellen und setzt auf eine schlanke, robuste Struktur als Basis für deutsche Autoindustrie im Wandel. Der Beitrag VW-Chef: „Made in Germany bleibt wettbewerbsfähig“ erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

Apr 14, 2025 - 15:47
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VW-Chef: „Made in Germany bleibt wettbewerbsfähig“

Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen sowie Porsche, hat im Gespräch mit dem Manager Magazin die geplanten Stellenstreichungen im Konzern verteidigt und seine Strategie zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit skizziert. Insgesamt geht es um rund 45.000 Stellen in Deutschland, davon etwa 35.000 bei Volkswagen, 7500 bei Audi und knapp 4000 bei Porsche.

„Wir sind konkurrenzfähig“, betont Blume. „Wir haben hervorragende Produkte, müssen aber an unseren Kosten arbeiten.“ Hintergrund seien massive strukturelle Veränderungen im weltweiten Automarkt, geopolitische Unsicherheiten – insbesondere in den USA – sowie hohe Investitionen in die Transformation. „Neben allen Herausforderungen restrukturieren wir den Konzern umfassend und stellen ihn robust für die Zukunft auf – auch und gerade hier“, so Blume.

Dass deutsche Standorte mit günstigen Produktionsländern wie Portugal schwer konkurrieren können, weist Blume zurück: „Wenn wir unsere Unternehmen richtig dimensionieren, sind wir in Deutschland wettbewerbsfähig.“ Es gehe darum, Potenziale konsequent zu nutzen und strukturelle Überhänge zu beseitigen. Der Stellenabbau erfolge sozialverträglich, etwa über natürliche Fluktuation. Blume verweist darauf, dass diese Diskussionen nicht neu seien: „Schon Ferdinand Piëch hat vor rund 30 Jahren gesagt, dass VW 30.000 Leute zu viel an Bord hat.“

Rückgang im Ergebnis – aber Fortschritte bei der Transformation

Auf die Frage nach dem sinkenden Aktienkurs und dem schwächeren Ergebnis entgegnet Blume, dass 2023 ein Rekordjahr für Volkswagen gewesen sei – getragen von einer temporären Sondersituation in der Nach-Corona-Zeit. 2024 sei das operative Ergebnis zwar um 15 Prozent gesunken, jedoch seien darin auch 2,6 Milliarden Euro an Sonderaufwendungen enthalten. Dennoch sei die aktuelle Marge „nahezu auf dem Niveau der stärksten Jahre des Konzerns“.

Zudem habe der Konzern durch Performanceprogramme negative Effekte kompensieren können. „Viele Defizite sind durch unsere Aufräumarbeiten erst sichtbar geworden. Gleiches gilt für unsere Potenziale“, so Blume. Das Ziel sei, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, um weiter massiv in Innovationen investieren zu können. „Was wir und die gesamte deutsche Automobilindustrie aktuell bewältigen, ist eine Herkulesarbeit.“

Trotz dieser Herausforderungen hält Blume an der Ambition fest, Volkswagen als globalen Technologieführer zu positionieren. „Volkswagen ist eines der wenigen global erfolgreich agierenden Automobilunternehmen. Wir entwickeln Technologien nicht nur, wir skalieren sie.“ In diesem Kontext verweist er auf über 30 neue Modelle, die 2024 auf den Markt gebracht wurden – weitere 30 sollen folgen.

Auch die Softwarestrategie habe inzwischen ein solides Niveau erreicht. „Die Software ist mittlerweile auf Wettbewerbsniveau, was zahlreiche gewonnene Vergleichstests der Fachmedien belegen.“ Bei Elektroautos habe der Konzern 2024 in Europa mit großem Abstand die Marktführerschaft erreicht. Im ersten Quartal 2025 seien die Auslieferungen in Europa sogar verdoppelt worden. Blume verwendet dafür das Bild einer Bergbesteigung: „Unser Team ist bereit für den Aufstieg.“

Neue Strategien für neue Märkte – vor allem in China

Besonders China spielt in der neuen Konzernstrategie eine zentrale Rolle. In Hefei hat VW sein größtes Entwicklungszentrum außerhalb Deutschlands aufgebaut. Dort arbeiten inzwischen mehr als 3000 Entwickler:innen an Software und neuen Modellen für den chinesischen Markt. „Wir können in China mit dem gleichen Tempo und Kostenniveau entwickeln und produzieren wie unsere chinesischen Wettbewerber“, erklärt Blume. Auf der kommenden Messe in Shanghai sollen erste Ergebnisse dieser Strategie vorgestellt werden.

Gleichzeitig widerspricht Blume der These, dass deutsche Marken wie Audi ins Hintertreffen geraten seien: „Auch Audi wird mit den neuen Plattformen Maßstäbe setzen“, kündigt er an. Für Volkswagen werde in China zudem eine eigene Plattform entstehen, die Elemente der XPeng-Architektur nutzen soll. Für Blume ist klar: Die Transformation gelingt nicht im Alleingang. Daher setzt der Konzern auf gezielte Partnerschaften.

In China arbeitet Volkswagen mit Horizon Robotics, in den USA und Europa mit Mobileye und Bosch am autonomen Fahren. Ziel sei eine Serienlösung für Robotaxi-Services mit dem ID.Buzz – vergleichbar mit Waymo, aber mit einem eigenen Produkt. Blume: „Wir wollen noch in diesem Jahrzehnt bereit sein, diese Services anzubieten – als Einziger in Europa.“ Dass es viele Kooperationen gebe, sei kein Zeichen von Schwäche, sondern von strategischer Weitsicht. „Wir sind nicht vermessen und wissen alles. Wir lernen überall dazu. Das ist auch mein Anspruch an unsere Teams.“

Porsche: Ambitionen bleiben, trotz Rückgang

Auch bei Porsche sieht Blume sich mit Herausforderungen konfrontiert. Die operative Rendite sank 2024 auf 14,1 Prozent. Die ursprüngliche Zielspanne von 17 bis 19 Prozent wurde auf 15 bis 17 Prozent gesenkt. „Allein China, der verlangsamte Hochlauf der Elektromobilität sowie die Konsequenzen im Lieferantennetz haben unsere Marge um rund 5 Prozentpunkte verringert.“

Trotzdem bleibt das Ziel einer langfristigen Rendite von über 20 Prozent bestehen. Investiert werde unter anderem in neue Varianten des 911 oder die exklusive Manufaktur. Der Fokus liege dabei nicht auf kurzfristigem Sparen, sondern auf dem Aufbau zukünftiger Ertragsquellen.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Neuaufstellung der Konzernsteuerung. Entscheidungen sollen beschleunigt, Verantwortlichkeiten geschärft und Beteiligungen kritisch überprüft werden. Erste Schritte wurden bereits gemacht: So veräußerte VW jüngst Anteile an Traton. Weitere Anpassungen im Beteiligungsportfolio seien denkbar – aber nicht bei Audi oder Lamborghini. „Wir untersuchen unser Portfolio mit den Fragen: Was wollen wir in Zukunft noch selbst besitzen? Wo genügen uns Anteile? Was geben wir möglicherweise ganz ab, wenn es bessere Eigentümer gibt?“

Doppelrolle zwischen VW und Porsche bleibt vorerst bestehen

Blume verteidigt in dem Gespräch auch seine Doppelrolle als Chef von VW und Porsche – zumindest vorerst. „Die Doppelrolle ergibt so lange Sinn, wie sie beiden Unternehmen Vorteile bietet“, erklärt er. Zwar sei die Konstellation nicht auf Dauer ausgelegt, doch aktuell funktioniere sie gut – gerade bei strategisch wichtigen Themen wie CO₂-Regularien, Tech-Kooperationen oder geopolitischen Gesprächen.

Am Ende verweist Blume auf seinen Anspruch: wirtschaftlicher Erfolg als Grundlage für Beschäftigung, Investitionen und den Erhalt der Industrie in Deutschland. „Nur wenn Sie wirtschaftlich arbeiten, können Sie die notwendigen Investitionen leisten. Und nur so können deutsche Unternehmen die Beschäftigung in Deutschland und den Wohlstand sichern.“ Für ihn ist klar: „Begeisternde Produkte, für die Menschen bereit sind, einen angemessenen Preis zu zahlen“ – das sei der Maßstab. Gute Verkaufszahlen seien nicht das Ziel, sondern die Folge einer erfolgreichen Strategie.

Quelle: Manager Magazin – Oliver Blume sieht “deutlich angespanntere Risikolage” für Volkswagen

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