Starkes Immunsystem: Weniger Entzündungen, mehr Wohlbefinden: Wie eine bewusste Ernährung helfen kann
In den digitalen Medien wird derzeit immer wieder die antientzündliche Ernährung empfohlen. Sie soll Entzündungen im Körper verringern und das Immunsystem stärken. Was sagt eine Expertin?

In den digitalen Medien wird derzeit immer wieder die antientzündliche Ernährung empfohlen. Sie soll Entzündungen im Körper verringern und das Immunsystem stärken. Was sagt eine Expertin?
Wer bei TikTok und Instagram gern Videos zu Food-Trends schaut, kommt aktuell nicht an antientzündlicher Ernährung vorbei. Medienschaffende wie Content Creator präsentieren derzeit verstärkt Rezepte mit entzündungshemmenden Lebensmitteln. Sie preisen positive Effekte für den Darm, die Haut und das allgemeine Wohlbefinden an und motivieren ihre Followerschaft, diese Form der Ernährung auch selbst einmal auszuprobieren. Aber wo fängt man an? Welche Lebensmittel sind geeignet und wie gelingt die Umstellung? Die Antworten gibt es hier:
Was ist antientzündliche Ernährung und warum ist sie sinnvoll?
Entzündungen entstehen in unserem Organismus immer wieder in unterschiedlichster Ausprägung und sorgen dafür, dass unser Immunsystem arbeiten muss, um sie zu bekämpfen. Antientzündliche Ernährung mit entzündungshemmenden Lebensmitteln kann den Körper dabei gezielt unterstützen.
"Es gibt zwei Formen von Entzündungen im Körper", erklärt Diplom-Ökotrophologin Dr. Heike Niemeier. "Die eine ist die akute Entzündung, wenn wir zum Beispiel als Kind hingefallen sind und uns das Knie aufgeschlagen haben oder wir uns als Erwachsene mit dem Messer schneiden. Dann haben wir Schmerzen, die Stelle wird rot, schwillt an und wird vermehrt durchblutet und tut weh – das sind alles Entzündungszeichen. Und dann gibt es die chronischen Entzündungen, die schleichend beginnen und sich erst mal nicht durch Einschränkungen oder Schmerzen zeigen. Die entstehen erst im langfristigen Verlauf. Und genau auf diese Entzündungen wirkt antientzündliche Ernährung ein."
Antientzündliche Ernährung zielt auf chronische Entzündungen ab
Je länger chronische Entzündungen unbemerkt bleiben, desto mehr Schaden können sie langfristig anrichten. Das zeigt sich dann in Funktionseinschränkungen der Gewebe. Diese Entzündungen sind unter verschiedenen Namen bekannt: Eine Hepatitis ist die Entzündung der Leber, Arthritis die Entzündung der Gelenke, bei Rheuma sind die Weichteile betroffen, bei Neurodermitis die Haut und bei Parodontitis das Zahnfleisch. Wo genau wir Entzündungen bekommen, ist individuell. "In manchen Familien mehren sich Rheuma oder Parodontitis. Aber auch bei Diabetes, Krebs oder Alzheimer spricht man von Entzündungserkrankungen im weitesten Sinne," sagt Niemeier.
Eine antientzündliche Ernährung wirkt also vielen Krankheiten entgegen und ist laut der Expertin besonders im Alter wichtig. Mit fortschreitendem Alter wird das Immunsystem schwächer, Haut und Darm transparenter, und die Muskelmasse, die ebenfalls für das Immunsystem wichtig ist, nimmt ab. "Wir essen im Alter weniger, gleichzeitig wird der Bedarf aber größer. Deshalb ist es ratsam, den Fokus noch mehr auf gesunde Lebensmittel zu legen."
Welche entzündungshemmenden Lebensmittel sind für diese Ernährungsform geeignet?
1. Lebensmittel für die Omega-3-Versorgung
Wer entzündungshemmende Lebensmittel in seine Ernährung integrieren möchte, sollte zunächst auf Omega-3-Fettsäuren achten, wie sie in Fisch enthalten sind. Fischarten wie Lachs, Makrelen, Thunfisch oder Hering enthalten viele dieser gesunden Fette. Allerdings sind die Ozeane zum einen überfischt, und zum anderen ist es kaum möglich, mithilfe dieser Lebensmittel genug Omega-3 aufzunehmen. Heike Niemeier empfiehlt daher zu supplementieren, entweder mit Fischöl oder in der veganen Variante mit Algenöl. Omega-3 ist auch in Leinöl, Rapsöl und Walnüssen enthalten, allerdings ist dieses weniger wirksam, da es sich dabei um kurzkettige Alpha-Linolensäure (ALA) handelt. Für den antientzündlichen Effekt sollte der Fokus auf Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) liegen, wie sie nur in Fisch und der Algenart Schizochytrium zu finden sind.
2. Präbiotika für den Darm
Eine entscheidende Rolle für unser Immunsystem spielt die Darmgesundheit. Zu den entzündungshemmenden Lebensmitteln zählen deshalb auch Präbiotika. Dabei handelt es sich um nichtverdaubare Lebensmittelbestandteile, also Ballaststoffe, die den Bakterien im Darm als Futter dienen. Klassische Präbiotika für eine antientzündliche Ernährung sind Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, aber auch Gemüse wie Mangold oder Spinat und Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen. Auch Beeren wie Johannisbeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren bieten sich an.
3. Gemüse für eine antientzündliche Ernährung
Um das Immunsystem zu stärken und Entzündungen im Körper zu lindern, sollte viel Gemüse auf dem Teller landen. Dadurch wird der Organismus mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt, die für das Immunsystem wichtig sind.
4. Proteine sind wichtig für die Muskelmasse
Neben dem Darm kommt auch den Muskeln eine große Rolle bei der Entzündungsabwehr zu. Durch Krafttraining werden Myokine freigesetzt, die wiederum Botenstoffe des Immunsystems stimulieren. Unsere Muskelmasse unterstützt also auch unsere Abwehrkräfte. Deshalb sollten auch Proteine in einer antientzündlichen Ernährung nicht fehlen. "Die sorgen nicht nur für den Muskelerhalt, sondern auch dafür, dass wir nicht so viel zwischendurch essen und länger satt sind", erklärt Heike Niemeier. Das führe wiederum dazu, dass wir weniger Zucker zu uns nehmen und besser unser Gewicht halten.
Außerdem werden Abwehrstoffe, die Immunglobuline, aus Eiweiß aufgebaut. "Wenn wir zu wenig Eiweiß zu uns nehmen, also beispielsweise zu wenig Hülsenfrüchte oder Nüsse essen, dann muss der Körper Abstriche machen. Die Haut wird beispielsweise dünner, die Haare sind nicht mehr so elastisch und das Immunsystem geschwächt."
Welche Lebensmittel sind entzündungsfördernd und sollten reduziert werden?
1. Arachidonsäure fördert Entzündungen im Körper
Als direkt entzündungsförderndes Lebensmittel gilt die Arachidonsäure, die beispielsweise in fettem Schweinefleisch enthalten ist. "Ein magerer Kassler ist nicht schlimm, aber fettes Schweinefleisch wie Bacon, Bratwürste oder Schweinsbraten enthält viel Arachidonsäure", erklärt die Expertin. Und auch im Eigelb sei sie enthalten. Wer sich ab und an ein Omelett gönnt, der habe erfahrungsgemäß nichts zu befürchten, aber für Menschen mit Rheuma könne der regelmäßige Verzehr von Eiern dazu führen, dass die Erkrankung wieder neu aufblüht. Grundsätzlich geht es aber immer um die Balance, sagt Niemeier. Also wie viel schädigende und wie viel wohltuende Lebensmittel nehme ich zu mir?
2. Hochverarbeitete Lebensmittel meiden
Wer auf eine entzündungshemmende Ernährung setzen möchte, sollte hochverarbeitete Lebensmittel reduzieren oder meiden. Dabei handelt es sich um Lebensmittel, die viele Verarbeitungsschritte durchlaufen und somit viele Zutaten und Zusatzstoffe enthalten. Beispiele sind Backwaren, Wurstwaren, Chips und Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza oder Tütensuppen.
3. Zucker fördert den Aufbau von viszeralem Fett
Zu den entzündungsfördernden Lebensmitteln zählt auch Zucker. "Immer, wenn Zucker im Körper nicht abgebaut wird –beispielsweise, weil wir den ganzen Tag vor dem Computer sitzen – führt er dazu, dass viszerales Fett aufgebaut werden kann. Dabei handelt es sich um Fett, das sich um die Organe legt. Und von dort sendet es Botenstoffe in den Körper aus, die Entzündungen fördern können." Deshalb sei dieses Bauchhöhlenfett besonders ungesund, erklärt Niemeier. Wer sich antientzündlich ernähren möchte, sollte Zucker deshalb möglichst reduzieren.
Welche Vorteile hat eine entzündungshemmende Ernährung?
"Wir fühlen uns fitter. Denn wenn das Immunsystem stark arbeiten muss, macht uns das müde. Wir fühlen uns dann schlapper, schlafen schlechter und sind weniger agil. Eine antientzündliche Ernährung bewirkt das Gegenteil: Wir schlafen besser, können uns besser konzentrieren", sagt Niemeier. "Außerdem essen wir weniger Zucker. Der wird ja gerne genutzt, um sich kurzzeitig zu pushen. Das ist dann nicht mehr notwendig."
Auch die Gedächtnisleistung werde durch entzündungshemmende Lebensmittel gesteigert. Erlerntes könne besser abgespeichert und abgerufen werden. Erste positive Veränderungen machen sich schon wenige Tage nach einer Ernährungsumstellung bemerkbar.
Tipps und Tricks: Wie gelingt eine antientzündliche Ernährung?
Eine komplette Umstellung der Ernährung fällt vielen Menschen oft schwer. Die Ökotrophologin empfiehlt deshalb, zunächst nur eine Mahlzeit pro Tag umzustellen. Im Idealfall das Frühstück, denn hier wird eine Grundlage für den Tag geschaffen.
"Wir denken uns die Mahlzeit immer vom Gemüse- und Eiweißgehalt aus. Wir stellen also die Frage: Welches Gemüse möchte ich essen, welches Eiweiß möchte ich essen? Und diese Lebensmittel sollten dann mindestens die Hälfte des Tellers füllen, besser sogar 80 Prozent." Der Rest könne nach Belieben mit anderen Lebensmitteln aufgefüllt werden.
Ein gutes Frühstück wäre beispielsweise eine Scheibe Brot mit viel Quark und nur wenig Marmelade, dazu noch ein bis zwei Eier und Gemüse. Ebenfalls geeignet ist ein Quarkfrühstück mit frischen Beeren und Haferflocken.
Für mittags oder abends eignet sich die kohlenhydratarme mediterrane Kost. Diese zeichnet sich durch viel Gemüse, frisches Obst, Nüsse und wenig Fleisch aus. Stattdessen isst man viel Fisch und Meeresfrüchte sowie kaltgepresstes Olivenöl. Hier müssen lediglich Vitamin D und Omega-3 supplementiert werden.
"Ein gutes Olivenöl, das fruchtig im Geschmack ist und eine leicht-scharfe Note hat, schmeckt nicht nur gut, sondern enthält auch viele antientzündliche Stoffe. Wir schauen also nicht auf die Kalorien, sondern auf die Wirkstoffe im Essen."
Was hilft noch gegen Entzündungen im Körper?
Neben entzündungshemmenden Lebensmitteln weist die Expertin darauf hin, dass Bewegung einen gesunden Lebensstil immer begleiten sollte. Eine erhöhte Muskelmasse unterstützt das Immunsystem, und Bewegung sorgt dafür, dass unliebsame Stoffe schneller wieder aus dem Körper herausbefördert werden können. Ausreichend Schlaf unterstützt ebenfalls das Immunsystem.