Die nächste Generation im ADC: »Wir vernetzen die Talents untereinander – und über den ADC hinaus«

Sarah Köster und Etienne Wagner geben Einblicke in ihre neue Rolle als Talent Specher:innen und ihre Vision für den ADC Am 21. und 22. Mai trifft sich wieder die Kreativbranche im Schuppen 52 in Hamburg zum ADC Festival. Diesmal hat der Art ...

Mai 15, 2025 - 07:46
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Die nächste Generation im ADC: »Wir vernetzen die Talents untereinander – und über den ADC hinaus«

Sarah Köster und Etienne Wagner geben Einblicke in ihre neue Rolle als Talent Specher:innen und ihre Vision für den ADC

Ein Mann mit schwarzem T-Shirt spricht vor einem Bildschirm mit der Aufschrift „ADC Talent Get-together, Köln, 25.04.2025“. Um ihn herum sitzen mehrere Personen mit Getränken in einem Meetingraum.
Bild: Sarah Köster | ADC Talents

Am 21. und 22. Mai trifft sich wieder die Kreativbranche im Schuppen 52 in Hamburg zum ADC Festival. Diesmal hat der Art Directors Club einiges verändert. Besonders wichtig: die Talents werden sichtbarer. Wir sprachen mit den beiden Talent Sprecher:innen Sarah Köster und Etienne Wagner über ihre neue Rolle im ADC, ihre eigenen Erfahrungen als ADC Talent Mitglieder und ihre Ideen für einen ADC, der auch für die nächste Generation relevant bleibt.

Talents im ADC Vorstand

Ende 2024 seid ihr beide als neue Sprecher:innen für die ADC Talents angetreten. Wie kam es dazu?

Sarah: Unsere Rolle gab es vorher so noch nicht und sie ist aus dem Bedürfnis heraus entstanden, dass wir als Talents uns untereinander besser connecten wollten. Letztes Jahr beim Festival und bei den Jurysitzungen haben wir gemerkt, dass wir zwar alle vor Ort waren, aber uns untereinander kaum kannten. Gleichzeitig wollten wir das Verständnis für die Talents innerhalb des ADC schärfen. Denn wir sind zwar immer freundlich und offen aufgenommen worden, aber es gab immer Klärungsbedarf, was wir eigentlich in den Sitzungen machen; welche Rolle wir haben. Das Interesse war da, aber das Verständnis fehlte. Diese Lücke wollen wir mit unserer neuen Rolle schließen und die Perspektive der nächsten Generationen mit in den Vorstand tragen.

Etienne: Nach unserem Learning beim letzten Festival, haben Sarah und ich uns mit einigen Talents zusammengetan und die Sache in die Hand genommen. Bei einem ersten Treffen bei mir im Studio haben wir anschließend darüber gesprochen, wie wir uns besser organisieren und connecten könnten. Mit der Unterstützung der anderen Talents sind wir dann als Vertretung ausgewählt worden.

Gruppenfoto von rund 20 jungen Erwachsenen in einem Fußballstadion. Die Gruppe sitzt und steht auf den Tribünenplätzen, einige lachen in die Kamera, zwei Personen halten einen pinkfarbenen Schal hoch. Im Hintergrund leere Tribünen und ein Schriftzug mit der Aufschrift „Nur der HSV“.
Bild: Kevin Mohr | ADC

Und welche Aufgaben übernehmt ihr in dieser neuen Rolle?

Sarah: Wir sind in den Vorstand integriert und somit Teil des Präsidiums. Dabei nehme ich als Talent-Sprecherin an den Präsidiumssitzungen teil und bringe unsere Sichtweise mit. Auch wenn wir als Talents kein formales Stimmrecht haben, da man dazu ADC Mitglied sein muss, wird unsere Perspektive aktiv eingefordert, gehört und vor allem wertgeschätzt. Wir sind also in beratender Funktion dabei und können so zum Nachdenken anregen.

Für uns ist vor allem der generationsübergreifende Austausch wichtig. Durch unsere neue Position haben wir die Chance, die Talents mit in die alltäglichen Diskussionen zu bringen und den ADC zukunftsorientiert weiterzuentwickeln, damit er auch für die nächste Generation attraktiv wird. Es geht uns vor allem darum, die Talents in die bestehende Plattform ADC zu integrieren.

Etienne: Zusätzlich entwickeln wir außerdem eigene Formate, zusammen mit dem ADC Büro. Zum Beispiel ein digitales Onboarding für alle neuen Talent Mitglieder, oder Live-Events an Hochschulen, um mehr Talents über den ADC zu informieren.

Sarah: Im April hatten wir unser erstes Talent Get-together in Köln, bei dem wir Insights von Serviceplan zum Rainbow Wool Case bekommen haben. Mit solchen Events wollen wir Agenturen und Talents nochmal stärker vernetzen. Dabei ist uns wichtig, dass es nicht nur reines Networking ist, sondern auch immer noch ein Mehrwert oder Impuls dazukommt.

Gruppe von Menschen betrachtet eine Bildschirmpräsentation mit dem Titel „Behind the Scenes – Rainbow Wool“. Auf dem Bildschirm ist eine grüne Wiese mit Schafen und einem Regenbogen im Hintergrund zu sehen.
Hinter den Kulissen bei Serviceplan: Die Talents erhalten Einblicke in den Rainbow Wool Case. Bild: Marius Merkel | ADC Talents

Sichtbarkeit für junge Kreative

Wie sieht die Zukunft der ADC Talents aus?

Sarah: Wir wollen die Talents zu einer richtigen Community machen, die sichtbarer innerhalb ADCs, aber auch nach außen wird. Künftig sollen alle Talents die Möglichkeit bekommen, sich und ihre Projekte in den Sektions- und Fachbereichssitzungen vorzustellen. Damit wollen wir die Hemmschwelle senken und den »Einstieg in den Einstieg« erleichtern, um mit den Mitgliedern ins Gespräch zu kommen – die sind nämlich immer interessiert an den Talents. Bei den Jurysitzungen hören wir oft, dass die Talentarbeiten sogar spannender sind als die der ADC Awards, weil Studierende freier und experimenteller an ihre Themen rangehen können.

Etienne: Außerdem wollen wir die Vernetzung unter uns Talents weiter fördern, weil wir alle verschiedene Hintergründe haben. Diese Perspektiven sind eine super Stärke – aber wir müssen eben erst einmal dazu motivieren, überhaupt einzureichen und sich danach aktiv im ADC bzw. den den Talents einzubringen.

Was bedeutet ein Gewinn bei den ADC Talents für euch?

Etienne: Ich habe zweimal eingereicht und bei mir war es ganz konkret ein Jobangebot, das ich schon beim ersten Nagel, noch im Bachelor, erhalten habe. Das wurde dann mit meinem Abschluss sogar nochmal wiederholt. Außerdem wird man grade in dieser kritischen Zeit zum Berufseinstieg sichtbarer, kann ein Netzwerk aufbauen und auf alle Ressourcen des ADC zugreifen. Als Talent erhält man genau dieselben Benefits, wie andere Mitglieder, man kann an Fachbereichs- und Sektionssitzungen teilnehmen und ist eben auch bei der Jury für die Awards dabei. Dabei kann man super viel mitnehmen, sich selbst einbringen und auch mal andere Bereiche kennenlernen.

Sarah: Für mich ist ein Gold-Nagel eine Art Gütesiegel, das auch über das Studium hinaus Relevanz hat. Gleichzeitig hat er mir den Weg in den ADC ermöglicht, der viel mehr als der Award ist. Sichtbarkeit und Networking spielen natürlich eine große Rolle – genauso wichtig ist aber der interdisziplinäre, offene Austausch, der den eigenen Horizont erweitert. Veranstaltungen, wie z. B. das Festival und die Digital Conference bieten zusätzlich Inspiration und darüber hinaus wertvolle Learnings. Letztlich ist es die Kombination aus Auszeichnung, Community und persönlichem Wachstum, die den Gewinn so besonders macht. Aber es ist wie bei allem – es ist immer das, was man selbst daraus macht.

Ein Mann mit Basecap spricht vor einem Bildschirm mit einer Präsentation zum Thema „VERSCHLOSSENE NÄHKÄSTCHEN – Balenciaga“. Auf dem Tisch vor ihm stehen verschiedene Getränkeflaschen.
Bild: Sarah Köster | ADC Talents

Und grade das ist zum Einstieg in die Kreativbranche sicher hilfreich. Welche Themen beschäftigen die Talents dabei?

Sarah: Aktuell ist es für junge Kreative schwierig, einen Job zu finden – selbst die wirklich guten Leute haben gerade Probleme, wegen der wirtschaftlichen Lage. Gleichzeitig steigt bei Vielen das Bedürfnis nach flexibleren Freizeitmodellen. Da tut sich in der Agenturwelt gerade viel, und das ist auch gut so, denn wirklicher Wandel kann nur passieren, wenn man nicht aus Prinzip an alten Strukturen festhält.

Etienne: Daneben haben wir auch immer wieder das Thema Gehalt und Gehaltstransparenz. Darüber sprechen wir in der Branche immernoch sehr wenig und um den Einstieg zu erleichtern, bräuchte es unserer Meinung nach viel mehr mehr Klarheit und faire Gehaltsspannen, die auch agenturübergreifend gelten. Agenturen müssen selbst immer wieder vor Kund:innen argumentieren, dass Kreativleistung wertgeschätzt und entsprechend vergütet werden muss. Das sollte dann aber auch genauso nach »unten« funktionieren.

Blick in die Zukunft: Mehr Diversity und faire Löhne

Wie muss sich der ADC weiterentwickeln, um relevant für Talents zu bleiben?

Etienne: Diversity ist da sicher der Hauptpunkt. Dazu gibt es ja bereits einige Initiativen wie Future Females aber die müssen wir stärker kommunizieren. Denn unter jüngeren Studierenden wird der ADC oft gar nicht so positiv wahrgenommen – und da sehe ich die Chance in den Talents, den Club zu verjüngen und diverser zu machen.

Sarah: Ich sehe das genauso – damit der ADC für junge Kreative relevant bleibt, braucht es mehr Diversität, Mut und Offenheit. Genau da können wir als Talents ansetzen: Wir bringen neue Perspektiven, frische Ideen und vielfältige Backgrounds mit. Es reicht nicht, dass wir als junge Kreative nur dabei sein dürfen – wir möchten mitreden, mitgestalten und mitentscheiden. Unser Ziel ist es, als kreativer Nachwuchs schon heute aktiver Teil der Branche zu sein und Veränderungen mit anzustoßen.

Etienne: Das gilt auch für alle anderen Bereiche, in die die Talents Einblick bekommen: man muss sich trauen und über den Tellerrand blicken. Gerade zum Abschluss den Studiums verliert man gerne mal den Anschluss an das, was in der Branche passiert. Im Studium bekommt man das durch die Dozent:innen immer mit, aber danach muss man selbst den Schritt nach draußen machen und sich über Disziplinen weg vernetzen. Und genau da ist der ADC super relevant für die Talents.

Über den ADC hinaus: welches Potenzial seht ihr im Design für die Zukunft?

Sarah: Design hat das Potenzial, uns durch Zeiten des Wandels zu navigieren. Es kann Brücken bauen – zwischen Menschen, Kulturen und Generationen. Es macht Themen erfahrbar, eröffnet neue Perspektiven – und hilft uns, gerade jetzt, in einer Zeit des Umbruchs, inmitten von Komplexität Klarheit zu finden. In einer Welt, in der KI Prozesse beschleunigt und Gestaltung demokratisiert, in der jedoch vieles gleichförmiger wird, braucht es Menschen, die ein gutes Händchen dafür haben, bewusst zu kuratieren, einzuordnen und Orientierung zu geben. Kreativität wird dabei zur Schlüsselkompetenz, um einheitlichen Outputs etwas entgegenzusetzen und Gestaltung wieder mehr Tiefe und Charakter zu verleihen. Gutes Design heißt für mich in Zukunft: neugierig bleiben, Technologien ausprobieren, sie zu verstehen, statt ihnen nur zu folgen – und sie mit einem klaren Wertekompass einzusetzen. Es bedeutet, flexibel zu bleiben und ständig zu hinterfragen, wie und für wen wir gestalten und welchen Beitrag Design in einer zunehmend komplexen Welt leisten kann.

Etienne: Ja, ich denke, dazu gibt’s auf jeden Fall auch dieses Jahr im Award wieder einige Arbeiten, die zeigen, wie sehr Kreativität und Design wichtige soziale Themen nach vorne bringen und eben auch die eigene Haltung zeigen können. Denn so nimmt Design Einfluss auf die Gesellschaft. 

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Ihr wollt Sarah und Etienne live auf dem ADC Festival treffen? Hier geht es zur ADC Website.

Eine junge Frau mit langen Haaren steht in der Abendsonne vor einer Betonwand. Sie trägt eine weiße Bluse und eine gestreifte Hose, ihr Blick ist ruhig und konzentriert.Sarah Köster ist Art Direktorin und Fotografin. Sie studierte Kommunikationsdesign und schloss einen Master in Photographic Studies ab. Ihre Masterarbeit »vague« wurde 2023 beim ADC Talent Award mit Gold in der Kategorie Fotografie ausgezeichnet. Als Vorsitzende der ADC Talents vertritt sie diese als Sprecherin im ADC Präsidium.

Schwarz-weiß Porträt eines jungen Mannes mit lockigem Haar und Schnurrbart, der in einem schwarzen T-Shirt mit verschränkten Armen vor einem hellen Hintergrund steht.Etienne Wagner ist freiberuflicher Designer, Fotograf und stellvertretender ADC Talent Sprecher. Er machte eine Ausbildung in der Fotografie und studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule Niederrhein. 2021 gewann er erstmals beim ADC Talent Award. 2023 zeichnete die Jury seine Bachelorarbeit mit Silber und zwei Gold-Nägeln aus.