Familienunternehmen: Elena von Metzler: „Ich dachte, die Bankenbranche ist nichts für mich“

Elena von Metzler trägt einen berühmten Namen. Im Podcast erzählt sie über Ihren Weg ins Bankhaus der Familie, sie erklärt, was mit „metzlern“ gemeint ist – und verrät, was Otto von Bismarck damit zu tun hat

Mai 15, 2025 - 07:24
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Familienunternehmen: Elena von Metzler: „Ich dachte, die Bankenbranche ist nichts für mich“

Elena von Metzler trägt einen berühmten Namen. Im Podcast erzählt sie über Ihren Weg ins Bankhaus der Familie, sie erklärt, was mit „metzlern“ gemeint ist – und verrät, was Otto von Bismarck damit zu tun hat

Das Bankhaus Metzler ist die älteste Privatbank Deutschlands, die durchgehend im Familienbesitz ist. Die Wurzeln gehen auf Benjamin Metzler zurück, der 1674 in Frankfurt am Main zunächst mit einer Tuchhandlung begann, aus der später ein Bankhaus wurde. Heute beschäftigt die Bank rund 800 Menschen. Elena von Metzler, Vertreterin der 12. Generation, ist Gesellschafterin und Mitglied im Aufsichtsrat. Außerdem gehört sie zu den Top 40 unter 40 von Capital.

Capital: Frau von Metzler, das Bankhaus Ihrer Familie ist über 350 Jahre alt. Wann wurde Ihnen klar, welche Geschichte hinter dem Unternehmen steht?
ELENA VON METZLER: Wir sind als Kinder in einer Open-House-Kultur groß geworden. Unseren Eltern war es immer wichtig, viele Leute einzuladen, weil sie fanden: Nur, wenn man Menschen zusammenbringt, entsteht etwas. Viele Geschäftspartner, Kundinnen und Kunden, Leute aus der Gesellschaft waren also immer bei uns zu Hause. Mein Bruder und ich flitzten in unseren Pyjamas durch die Menge. So haben wir natürlich viel mitgenommen. Mein Vater erzählte auch sehr viel vom Bankhaus zu Hause – wie wir Geschäfte machen wollen, wie wir Wirtschaft sehen, was unsere Philosophie ist. Darüber haben wir immer viel geredet. 

Ihr Weg in die Bank war also vorgezeichnet?
Nein, denn gleichzeitig sagte er: Ihr müsst eure Berufung finden. Unsere Eltern haben nie Druck auf uns ausgeübt. Sie haben immer gesagt: Ihr müsst euren Interessen nachgehen und seid nicht gezwungen, in die Bank zu kommen. Ihr müsst das finden, was euch Spaß macht, sonst werdet ihr unglücklich. Auf der einen Seite waren wir also sehr nah an der Bank, auf der anderen Seite haben wir aber keinen Druck gespürt. 

Haben Sie als Familie auch im Bankhaus gewohnt? 
Wir nicht, aber mein Vater ist tatsächlich noch in der Bank groß geworden. Die Familie wohnte oben, unten waren die Büroräume. Unsere Großmutter hat später noch lange Zeit in dieser Wohnung gelebt. Am Wochenende sind wir sie immer besuchen gegangen. Die Bank, das war für mich am Anfang meine Großmutter.

Wollten Sie als Teenager auch mal ausbrechen? Gab es also eine Phase der Rebellion, in der Sie dachten, Sie möchten mit der Bank eigentlich nichts zu tun haben?
Dass ich es komplett abgelehnt habe? Nein, das gab es nicht. Ich glaube, dazu haben unsere Eltern zu wenig Druck ausgeübt. Ich hatte nie das Gefühl, ich müsste ausbrechen.

Dennoch führte Ihr persönlicher Weg nicht direkt in die Bank, sondern Sie haben zunächst für Nestlé gearbeitet. Wann war für Sie klar, dass Sie bei Metzler einsteigen würden?
Das war ein Prozess. Ehrlicherweise dachte ich am Anfang, dass die Bankenbranche nichts für mich ist. Ich dachte, es geht viel um Zahlen und man muss die ganze Zeit Sachen analysieren. Das klang für mich nicht attraktiv. 

Ist es denn nicht so?
Das habe ich erst gemerkt, als ich bei uns gearbeitet habe. Es geht sehr viel um Menschen und um menschliche Beziehungen. Darin liegt ein ganz besonderer Reiz. Man ist im Banking außerdem sehr mit den Themen da draußen beschäftigt. Der wirtschaftlichen Lage und den Themen drumherum. Wenn ich das mit der Komponente Mensch verbinden kann, ist es eine sehr erfüllende Aufgabe. Damals musste ich aber erst noch etwas anderes für mich klären.

Was war das?
Wie gesagt hatten wir diese Open-House-Kultur. Unser Vater und unsere Mutter waren so engagiert. Ich habe immer gedacht: Oh Gott, das müssen wir mal irgendwann weitermachen, weil ihnen das so wichtig ist. Gleichzeitig wurde immer gesagt: Ihr müsst das machen, was euch Spaß macht. Ich musste für mich also erst einmal herausfinden: Mache ich das, weil ich dieses Verantwortungsbewusstsein in mir habe? Oder weil es mir wirklich Spaß macht? 

Wie haben Sie es herausgefunden?
Den Konflikt löste ich so, dass ich mir erstmal anschaute, was es da draußen noch gibt. So habe ich verschiedene Praktika gemacht und war eine Zeit lang in der Industrie unterwegs. Irgendwann habe ich gesagt: Jetzt musst du es dir angucken. Ich bin über ein Traineeprogramm bei uns eingestiegen und musste meine Rolle in der Bank erst finden. Ich bin im Private Banking gelandet, was ich lange gemacht habe.

Wie bauen Sie Beziehungen zu Ihren Kundinnen und Kunden auf? 
Ganz wichtig ist das Kennenlernen. Dazu finden viele Gespräche statt. Es geht vor allem um die Risikoneigung: Wie viel bin ich bereit auszuhalten im Portfolio? Der schlimmste Fehler, der uns passieren könnte, ist, dass jemand die Nerven verliert und rausmöchte aus dem Markt. Man muss ja auch unterscheiden zwischen Beratung und Vermögensverwaltung. In der klassischen Beratung hat der Kunde das letzte Wort. Wenn in eine Aktie oder in eine Anleihe investiert wird, ruft man an und fragt, ob er einverstanden ist. Wir sind reine Vermögensverwalter – und kümmern uns dann wirklich um das Vermögen. Deswegen ist es so wichtig, die Risikoneigung unserer Kunden zu kennen.

Wie wichtig sind persönliche Beziehungen noch in Zeiten, in denen Bankgeschäfte per App erledigt werden? Wie bringen Sie Digitalisierung und persönlichen Kontakt zusammen?
Wir müssen gut sein im Frontend zum Kunden, es muss convenient sein. Die Generation, die jetzt in der Verantwortung steht, möchte natürlich ihr Portfolio auf dem Handy sehen. Auf der anderen Seite sucht auch sie sehr das persönliche Gespräch. Zu dem Zweck haben wir eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die Metzler Spots. Sie richtet sich an junge Unternehmerinnen und Unternehmer. Das findet bei uns im Elternhaus statt – ganz nach der Tradition. 

Auf diese Tradition geht auch der Begriff „metzlern“ zurück. Klären Sie für uns auf, was er bedeutet und wer ihn erfunden hat?
Unsere Vorfahrin Emma Metzler führte zu Bismarcks Zeiten einen politischen Salon. Es kamen Leute aus der Politik, aus der Wirtschaft, aus der Gesellschaft – unter anderem Otto von Bismarck. Er hat damals den Begriff geprägt hat und hat dieses Zusammenkommen in Emmas Salon „metzlern“ getauft.