Die wenigsten Unternehmer beginnen rechtzeitig damit, den eigenen Ausstieg aus der Firma zu planen. „Viele Unternehmerinnen und Unternehmer kommen zu mir, wenn sie so alt sind, dass sie eigentlich kurz vor der Rente stehen“, sagt Lioba Heinzler aus Wuppertal, die seit 15 Jahren Unternehmen bei der Nachfolge berät. Dann sei es aber eigentlich zu spät.
Der Übergabeprozess erfordert viel Zeit und Kraft und beginnt idealerweise lange vor den Vertragsverhandlungen. „Die Nachfolge ist eine sehr komplexe Herausforderung und wird von vielen unterschätzt“, sagt die Expertin. Sie empfiehlt, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen – mindestens fünf Jahre vor der offiziellen Übergabe.
Eine vorausschauende Nachfolgeplanung lässt sich in vier Phasen einteilen. Wichtig ist, sich für jede dieser Phasen ausreichend Zeit zu nehmen, offene Fragen zu sammeln und alle zu klären. Wem das gelingt, der kann die Firma entspannt loslassen.
Phase 1: Ziele erforschen
In der ersten Phase solltest du dich fragen, welche Ziele du mit der Übergabe erreichen willst: Möchtest du den Betrieb zu einem möglichst hohen Preis verkaufen, um im Ruhestand finanziell abgesichert zu sein? Oder ist es dir wichtig, dein Lebenswerk zu erhalten? Sollen deine Werte und Visionen auch in Zukunft die Leitlinien für das Unternehmen sein? Oder willst du, dass jemand anderes die Firma nach eigenen Spielregeln oder gar in eine neue Richtung führt?
Eine Vorlage mit wichtigen Fragen zur Firmenübergabe kannst du hier herunterladen: Firmenübergabe: Diese Fragen solltest du für dich klären
„Man sollte sich in dieser Phase auch die Frage nach dem zukünftigen Lebensinhalt stellen“, sagt die Expertin. Willst du dich beispielsweise ganz aus dem Unternehmen zurückziehen und nur noch an deinem Golf-Handicap arbeiten? Oder wünschst du dir auch in Zukunft, Teil der Firma zu sein, beispielsweise in einer beratenden Funktion? „Wer immer mit ganzem Herzen im und am Unternehmen gearbeitet hat, will vielleicht auch im Ruhestand noch mit Rat und Tat dabei sein. Man sollte sich allerdings gut überlegen, ob man sich in der eigenen Firma degradieren will“, sagt Heinzler.
Wenn du alle diese Fragen für dich beantwortet hast, kannst du dich in der nächsten Phase fragen: Wie könnte eine Nachfolge aussehen, die zu meinen Wünschen passt?
Phase 2: Nachfolge klären
Wenn du Kinder hast, liegt die Überlegung nahe, dass diese in die Firma einsteigen. „In vielen Köpfen steckt noch das Prinzip der Primogenitur, also die Übergabe des Unternehmens an den erstgeborenen Sohn – wie in einer Adelsfamilie“, erklärt Heinzler. Das führt zwar zu einer Klarheit in der Nachfolgefrage, ist aber womöglich nicht die beste Entscheidung. Vielleicht passt jemand anderes besser zu deinen Zielen.
Ist es dir wichtig, dass der Betrieb in deinem Sinne weitergeführt wird, könnte möglicherweise auch eine Person aus dem Team übernehmen. Das wahrt Kontinuität, denn Beschäftigte sind mit den Besonderheiten des Unternehmens bereits gut vertraut.
Sind dir finanzielle Aspekte wichtiger als die Fortführung des Lebenswerks, ist vielleicht der Verkauf an einen fremden Menschen sinnvoll.
„Sind bis hierher alle wichtigen Fragen geklärt worden, dann werden die folgenden Verhandlungen über Verträge und Finanzen viel leichter für alle beteiligten Parteien“, sagt Nachfolge-Expertin Heinzler.
Phase 3: Verträge gestalten
Phase 3 sollte rund ein Jahr vor der Übergabe beginnen. Nun wird es langsam konkret. Es geht darum, den Kaufvertrag auszuarbeiten. Oftmals wird ein Letter of Intent (LOI) als Vorvereinbarung abgeschlossen, bis der endgültige Vertrag unterschrieben und die Finanzierung gesichert ist.
Neben der Einigung auf einen Kaufvertrag musst du gemeinsam die bestehenden Verträge durchgehen und gegebenenfalls anpassen. Dazu zählen: Gesellschaftsvertrag, Ehevertrag, Testament, Miet- und Arbeitsverträge.
Spätestens jetzt ist es sinnvoll, sich von Experten beraten und begleiten zu lassen. Denn nun sind mindestens zwei Parteien mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen beteiligt. „Viele Unternehmerinnen und Unternehmer verlassen sich auf ihre Steuerberaterin, den Banker oder die Notarin“, sagt Heinzler. Es sei allerdings wichtig, die Nachfolge nicht nur aus einer Perspektive zu betrachten. Denn je nach professionellem Schwerpunkt können sich sehr unterschiedliche Ratschläge ergeben.
In der Phase der Verhandlungen können auch Ängste entstehen, etwa sein Lebenswerk zu günstig zu verkaufen. Laut Heinzler seien Sorgen normal. Es gehe schließlich um die finanzielle Existenz. Befolge diese simple Grundregel: „Versuche nicht, ein gutes Geschäft auf Kosten anderer zu machen. Eine Lösung ist dann gut, wenn beide gewinnen“, sagt die Nachfolge-Expertin Lioba Heinzler.
In der dritten Phase solltest du auch damit beginnen, den Zeitablauf für den letzten Abschnitt im Nachfolgeprozess zu planen: Wann willst du dein Büro räumen? Wie soll die Übergangsphase ablaufen? Wer ist für welche Aufgaben zuständig? Welche To-dos stehen an?
Phase 4: Firma übergeben
In dieser Phase wird sich zeigen, ob der Nachfolgeprozess gelingt. Hast du im dritten Abschnitt alle Fragen zum Übergang geklärt, wird es im letzten zu weniger Konflikten zwischen dir und dem Nachfolger oder der Nachfolgerin kommen, bevor du endgültig ausscheidest. Deine Aufgabe wird darin bestehen, für Fragen zur Verfügung zu stehen.
Denke daran, dass eine Betriebsübergabe auch zu Ängsten und Unsicherheiten in der Belegschaft führen kann. Wichtig ist es daher, dass du das ganze Team mitnimmst und über Veränderungen auf dem Laufenden hältst. Auch wichtige Kunden und Lieferanten solltest du einbeziehen.
Vielleicht kannst du auch gemeinsam ein kleines Fest veranstalten, um den Wechsel ganz offiziell einzuläuten. So kannst du dich verabschieden und dein Nachfolger oder deine Nachfolgerin kann auf einen Schlag alle wichtigen Personen kennenlernen.
Die Expertin
Lioba Heinzler unterstützt Unternehmerinnen und Unternehmer in den gesamten Phasen der Firmenübergabe. Außerdem begleitet sie die Nachfolgerinnen und Nachfolger nach der Übernahme und unterstützt sie, wenn Konflikte aufkommen.
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