Antike: Severus' Blutbad in Lugdunum – Roms größte Schlacht zerfleischte die Legionen
300.000 Legionäre kämpften in Roms größter Schlacht. Mit Blut und eiserner Hand schuf Septimius Severus eine Dynastie. Seine verkommenen Söhne zerstörten sein Reich.

300.000 Legionäre kämpften in Roms größter Schlacht. Mit Blut und eiserner Hand schuf Septimius Severus eine Dynastie. Seine verkommenen Söhne zerstörten sein Reich.
Bürgerkriege waren in Rom nichts Unbekanntes. Doch die Schlacht von Lugdunum 197 n. Chr. stellte die Kämpfe zwischen Caesar und Pompeius in den Schatten. 300.000 Mann kämpften um die Macht – nach zwei Tagen setzte sich der skrupellose Septimius Severus durch. (Der Ordnung halber sei angemerkt, dass Historiker die antiken Angaben bezweifeln. Sie halten 150.000 Mann in der Schlacht für realistischer.)
Der römische Kaiser Septimius Severus, geboren in Leptis Magna in Nordafrika, hielt das Reich mit eiserner Hand zusammen – in einer Zeit des Chaos, die auf die geordnete Periode der vier guten Adoptivkaiser der Antoninischen Dynastie folgte. Der letzte Adoptivkaiser, der gebildete Marc Aurel, konnte und wollte wohl auch nicht die segensreiche Tradition der Adoption fortsetzen; ihm folgte sein Sohn Commodus. Dieser war ein exaltierter und narzisstischer Herrscher, der gern als Gladiator posierte. Niccolò Machiavelli und der Historiker Edward Gibbon stimmten überein, dass Marc Aurels Wahl des eigenen Sohnes den Untergang Roms einleitete.
Ein Mann seiner Legionäre
Ausgerechnet Commodus, der Fiesling aus dem Film "Gladiator", verschaffte Septimius Severus die Grundlage für seinen Aufstieg. Der misstrauische Kaiser ernannte Severus, einen ehrgeizigen Provinzler, der seine afrikanische Herkunft mit römischem Ehrgeiz verband, zum Befehlshaber der Legionen in Pannonien, dem heutigen Donauraum. Wohl mit dem Kalkül, dass von dem militärisch unerfahrenen Mann ohne familiäre Verbindungen nichts zu befürchten sei. Das war zu kurz gedacht.
An der Ermordung von Commodus hatte Severus zwar keinen Anteil, doch wie Sulla, einem Diktator am Ende der Republik, der einst mit seinen Truppen auf Rom marschierte, trennte er sich nie von seinen Legionären. Kaiser wie Vespasian ließen die Schmutzarbeit von anderen erledigen und hielten sich selbst fern von Mord und Folter. Severus hatte keine Skrupel, die Hände in Blut zu baden. Ihm lag wenig an einem Andenken voller Dignitas, er wollte von allen gefürchtet und nur von seinen Legionären geliebt werden. Historiker Gibbon beschreibt ihn als "Mann von Genie, doch ohne Milde".
Misstrauisch gegenüber Senatoren und Rivalen, veränderte Severus die Machtbalance in Rom wie niemand zuvor. Das komplizierte System aus Kaiser, Senatoren, Volksanführern und Prätorianergarde wischte er, gestützt auf seine Soldaten, beiseite. Auf dem Totenbett gab er seinen Söhnen einen Rat: "Seid einig, bereichert die Soldaten und verachtet alle anderen." Als er im chaotischen Vierkaiserjahr 193 n. Chr. auf Rom marschierte, nutzte er berechnend das Machtvakuum, um seine Stellung zu sichern. Er stellte die stolzen Prätorianer, die 200 Jahre lang die Stadt kontrollierten, vor eine einfache Wahl: Entweder würden sie kampflos nach Hause gehen oder gegen seine kampferprobten Legionäre antreten und sterben. Die neue Garde besetzte er mit seinen treuen Legionären.
Vorgeschmack auf die Soldatenkaiser
Damals griffen mehrere Männer nach dem Purpur. Um den Kontrahenten im Osten zu besiegen, verbündete sich Septimius Severus mit Clodius Albinus, dem Gouverneur Britanniens – eine List, die an Sullas taktische Bündnisse erinnert. Severus bot ihm den Titel eines Caesars an. Albinus war hocherfreut: In Severus’ Abwesenheit herrschte er nicht nur über Britannien, sondern auch über Gallien, Spanien und deren Legionen. Nach dem Sieg im Osten war ein Konflikt unausweichlich.
Um 170 n. Chr. hatte Severus Paccia Marciana geheiratet, eine Frau aus seiner Heimatstadt Leptis Magna. Diese Ehe blieb kinderlos und endete mit ihrem Tod um 186 n. Chr. Der harte Severus ehrte seine erste Gattin später mit Statuen, was auf eine echte Zuneigung hindeutete. Um 187 n. Chr. heiratete er Julia Domna, eine gebildete Syrerin aus einer einflussreichen Priesterfamilie in Emesa – das heutige Homs. Diese Ehe war politisch und persönlich prägend.
Julia Domna gebar ihm zwei Söhne, Caracalla (188 n. Chr.) und Geta (189 n. Chr.) – die Fieslings-Kaiser im zweiten "Gladiator"-Film. Paccia Marciana spielte eine aktive Rolle in der Herrschaft von Severus. Sie wurde als "Mater Castrorum" (Mutter des Lagers) bekannt, begleitete ihn auf Feldzügen und beeinflusste politische Entscheidungen. Historiker wie Cassius Dio beschreiben sie als klug, ehrgeizig und loyal. Aber auch sie konnte die verderbliche Rivalität ihrer Söhne nicht verhindern.
Größte Schlacht Roms
Der brüchige Pakt mit Albinus endete, als Severus, der sich wie Sulla die Macht mit militärischer Gewalt sicherte, die Macht des Albinus zugunsten seines Sohnes Caracalla beschneiden wollte. Clodius Albinus erklärte sich daraufhin selbst zum Kaiser. 197 n. Chr. trafen die beiden bei Lugdunum, dem heutigen Lyon, aufeinander. Es wurde die größte Schlacht Roms. Der Historiker Cassius Dio, der Severus als "Mann von großer Tatkraft, aber auch großer Grausamkeit" beschrieb, berichtet von 300.000 Soldaten – zwei Drittel des römischen Heeres. Zum Vergleich: In Waterloo standen sich 180.000 Mann gegenüber.
Damals stand das Imperium in seiner Blüte, und beide Kontrahenten konnten das militärische Potenzial ihrer Gebiete voll ausschöpfen. Es war ein erbittertes, verlustreiches Ringen über zwei Tage – ungewöhnlich lang, da die meisten Schlachten schon nach Stunden entschieden waren. Hier trafen keine Adeligen oder Politiker, die einmal Feldherr spielten, aufeinander, sondern zwei zähe, von ihren Truppen vergötterte Berufsmilitärs.
Mord in der Familie
Die Schlacht wogte hin und her. Der linke Flügel von Albinus wurde aufgerieben und bis in sein Lager verfolgt. Doch dann gelang es Albinus, das Zentrum von Severus’ Aufstellung durch verdeckte, mit Spießen gespickte Gräben zu erschüttern. Severus’ Männer wandten sich zur Flucht, doch er selbst stoppte die Legionen auf dem Feld. Ein Vorstoß der Kavallerie entschied die größte Schlacht Roms. Wahrscheinlich verfügte er über größere Reserven, da er Nordafrika, den Osten und die Donaufront kontrollierte. Albinus starb in der Stadt – unklar, ob er sich in sein Schwert stürzte oder von einem Attentäter gemeuchelt wurde. Sein Leichnam wurde zerstückelt und zur Schau gestellt. Severus trabte mit seinem Pferd über die kopflose Leiche.
Severus erwies sich als bedeutender Militärreformer. Erstmals seit Augustus wurden Taktik, Legionen und Ausrüstung umfassend modernisiert. Doch die Verluste der Schlacht "Römer gegen Römer" konnten nie wieder ersetzt werden. Auch in dieser Hinsicht gab Severus einen Vorgeschmack auf die Epoche der Soldatenkaiser, die das Imperium bedenkenlos zerfleischten, während äußere Feinde mächtiger wurden.
Herrschaft basierte auf Furcht und Gewalt
Septimius Severus führte eine erfolgreiche Herrschaft, doch sie stützte sich auf nackte Gewalt. Um den Widerstand schottischer Stämme zu brechen, verwandelten seine Soldaten deren Gebiete in eine unfruchtbare Ödnis. Als Befehl an seine Legionen zitierte er die Ilias: "Was soll ich mit diesen Gefangenen tun? Du solltest alle töten, sogar die Babys im Mutterleib."
In Britannien starb der skrupellose Kaiser am 4. Februar 211. Trotz seiner Worte gab es keine Einigkeit zwischen seinen Söhnen. Caracalla lockte Geta noch im gleichen Jahr unter dem Vorwand einer Versöhnung in die Gemächer der Mutter und ließ ihn dort von Prätorianern erstechen. Geta starb in Julia Domnas Armen. Julia selbst wurde verletzt, als sie versuchte, ihren Sohn zu schützen.
Ende wie bei einem Kneipenstreit
Caracalla regierte daraufhin allein, berüchtigt für seine Grausamkeit. Auf sein Konto gehen die Massaker in Alexandria, wo er Tausende wegen vermeintlicher Beleidigungen hinrichten ließ. Im April 217 wurde er auf einem Feldzug nahe Harran in Mesopotamien von dem Soldaten Julius Martialis mit einem Dolch erstochen. Julius handelte aus Rache für die Nichtbeförderung seines Bruders. Caracalla lebte unter den Legionären und herrschte durch sie. Am Ende starb der grausame Mann aus einem nichtigen Anlass, wie bei einem Streit unter gewöhnlichen Soldaten. Mit seinem Tod war die Dynastie der Severer erloschen.
Von ihrem Vater erbten die Söhne nur Ehrgeiz und Grausamkeit, seine Umsicht, Schläue, Gerissenheit und die Fähigkeit zu zäher Arbeit konnte Septimus Severus nicht weitergeben. Von den Severern künden noch heute die Reste der prächtigen Caracalla-Thermen in Rom. Der Bau wurde unter Septimius begonnen und von seinem Sohn vollendet. Die Anlage maß 337 mal 328 Meter und erhob sich auf einer gigantischen Plattform, die auf unebenem Grund errichtet wurde.