Warum wir Podcasts plötzlich anschauen – Interview mit Saruul Krause-Jentsch

Saruul Krause-Jentsch ist Head of Podcast bei Spotify. Ob Partner Program, Video-Podcast-Boost oder verbesserte Werbestrategien: Spotifys Vision von als Multiformat-Ökosystem verändert gerade das Podcast-Spiel grundlegend. Im Gespräch mit OnlineMarketing.de – und in unserer aktuellen Digital Bash Podcast-Folge – erklärt sie, wie Monetarisierungslogiken neu gedacht werden, warum Plattformästhetik entscheidend ist, welche Formate 2025 dominieren und was Creator jetzt wirklich brauchen.

Mai 12, 2025 - 10:37
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Warum wir Podcasts plötzlich anschauen – Interview mit Saruul Krause-Jentsch

Spotify macht Podcast Engagement jetzt sichtbarer denn je: Mit der neuen Metrik Plays zeigt die Plattform ab sofort an, wie oft eine Episode aktiv gestartet wurde – egal ob als Audio oder Video. Damit bekommen Creator endlich eine intuitivere Kennzahl an die Hand, die echte Reichweite und Nutzerverhalten greifbar macht. Und auch Hörer:innen profitieren: Plays tauchen direkt in der App auf und können bei der Podcast-Auswahl Orientierung bieten.

Smartphone Screenshot einer Spotify-Podcast-Folge mit dem Titel „Season Finale“ der Show „Venn Diatribe“, veröffentlicht am 7. Mai 2025, mit dem Hinweis „998K plays“. Eine Frau im Studio lächelt vor einem Mikrofon.
Die neue Kennzahl „Plays“ in Spotify macht Podcast-Erfolge sichtbar, © Spotify

Interview mit Saruul Krause-Jentsch – auch als Digital Bash Podcast-Folge

Wie multiformatfähig Spotify inzwischen aufgestellt ist, zeigt nicht nur diese neue Zahl – sondern eine gesamte Strategie, die das Podcast-Spiel 2025 neu definiert. Im exklusiven Interview verrät uns Saruul Krause-Jentsch, Head of Podcast bei Spotify DACH, wie Creator vom Video-Boom, dem Partner Program und neuen Monetarisierungsmodellen profitieren – und worauf es künftig wirklich ankommt, wenn man mit Podcasts erfolgreich sein will.

Podcasts beim Spazierengehen, Hörbuch zum Einschlafen, Musik zum Wachwerden – für viele ist Spotify das Nebenbei-Soundtrack-Universum schlechthin. Doch 2025 verschiebt sich das Spielfeld: Mit dem neuen Partner Program, dem Ausbau von Video-Podcasts und einem verbesserten Premium-Erlebnis wird Spotify zum echten Ökosystem im Multiformat. Und mit 12 Hörbuch-Stunden monatlich für Premium-Abonnent:innen (Spotify Premium Individual Abonnent:innen sowie Premium Duo und Family Hauptnutzer:innen) bringt Spotify jetzt auch das klassische Buch ins Streaming-Zeitalter.

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Was bedeutet diese neue Strategie für Creator? Wie verändert sich das, was wir hören – oder sehen – wollen? Und was braucht es, um 2025 im Podcast-Zirkus überhaupt noch relevant zu sein? Über diese und weitere Fragen haben wir mit Saruul Krause-Jentsch, Head of Podcast bei Spotify, gesprochen.

Saruul Krause-Jentsch (Spotify) im Gespräch mit Larissa Ceccio von OnlineMarketing.de beim Now Playing Event in Berlin, © eigene Aufnahme

Sie ist Head of Podcast bei Spotify DACH und kennt die Herausforderungen der Branche nicht nur von der Plattformseite, sondern auch aus Perspektive der Creator.

Und ja – natürlich gibt’s das Ganze auch als Podcast. In unserer neuesten Digital Bash Interview-Folge spricht Saruul über das Creator-Versprechen hinter dem neuen Spotify Partner Program, über das Format Video-Podcast und über die eine Zahl, auf die 2025 wirklich alle achten sollten. Reinhören lohnt sich. Hier geht’s direkt zur Folge:


Mit Videos mehr Geld verdienen:
Spotify startet Partner Program für Podcast Hosts in Deutschland

Collage des Spotify Partner Programs, Text, Listen, Visuals, grün, weiß und violett
© Spotify via Canva


„Ich höre mit voller Liebe – nicht mit Analysefilter“

Was haben Gemischtes Hack, Kaulitz Hills und Fest & Flauschig gemeinsam? Klar, sie gehören zu den beliebtesten Podcasts Deutschlands. Sie sind aber auch Teil eines Podcast-Portfolios, das Saruul Krause-Jentsch als Head of Podcast bei Spotify strategisch mitverantwortet. Im Interview spricht sie über Reichweite, Monetarisierung und darüber, warum gerade Deutschland eine starke Audionation ist. Bevor wir mit ihr über Plattformstrategie und das Creator-Versprechen hinter Spotifys Partner Program gesprochen haben, gab es erst mal ein Warm-up. Denn wie sie selbst sagt:

Die ersten Sekunden zählen. Das wissen wir aus dem Podcast-Business.

Wir starten also mit einem Quickfire:

  • Erste App am Morgen? „Wahrscheinlich meine E-Mail App.“
  • Buch oder Hörbuch? Saruul bezeichnet sich selbst als großen Buchfan – und bevorzugt analoge Lektüre.
  • Letzter Binge? Aktuell schaut Saruul The Studio auf Apple TV – eine Serie, die hinter die Kulissen der Hollywood-Produktion blickt.
  • Podcast beim Kochen oder auf dem Weg zur Arbeit? „Beides. Also eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit habe ich Podcasts auf dem Ohr.“
  • Und ehrlich: Kannst du Podcasts überhaupt noch ohne Analyse hören? „Ich genieße es einfach wieder sehr und bin einfach nur ein großer Podcast-Fan. Also ja, absolut unbefangen.“

Diese Haltung zieht sich durch: Für Saruul sind Podcasts mehr als bloßes Hintergrundrauschen. Sie begleiten sie seit Jahren durch Alltag und Arbeitsweg – nicht nur zum Konsumieren, sondern als echte Quelle für Inspiration und Einordnung. Besonders schätzt sie Formate, die unterhalten und gleichzeitig klug analysieren:
Diary of a CEO etwa, das persönliche Geschichten mit Business-Themen verbindet. Oder der Prestige TV Podcast, der Serien wie White Lotus aus popkultureller und analytischer Perspektive betrachtet.

Diese Liebe zum Medium spiegelt sich auch in ihrer strategischen Perspektive auf Spotify wider. In unserer Podcast-Folge erklärt Saruul, warum sich das Verständnis von Podcasts gerade grundlegend verändert.

Monetarisierung 2025: Warum das Partner Program für Creator entscheidend ist

Spotify will Creator unabhängig von Werbemärkten machen. Das neue Partner Program ist dafür ein strategisches Versprechen – aber auch ein Paradigmenwechsel.

Wir sehen, dass der Adload – also der Anteil von Werbung in Podcasts – gestiegen ist. Innerhalb eines Quartals von acht auf elf Prozent,

erklärt Saruul. Um die Experience zu schützen, dürfen Premiumnutzer:innen künftig Podcasts ohne Third Party Dynamic Ads hören. Dafür werden Creator direkt für Nutzung vergütet – nicht für Werbeeinbuchungen. Die Head of Podcast betont:

Was heißt, wir sind auch unabhängiger von der Saisonalität, zum Beispiel von Werbemärkten.

Doch das Modell ist selektiv: Teilnehmen können Creator erst ab 10.000 Stunden Hörzeit. Für alle, die noch wachsen, bleiben aber andere Einnahmequellen erhalten – etwa Sponsorships, das Spotify Audience Network oder baked-in Ads.

Wie die neue Strategie in der Praxis aussieht, wurde beim Spotify Now Playing Event 2025 deutlich: Dort hat Spotify nicht nur das neue Partner Program vorgestellt, sondern auch tiefe Einblicke gewährt. Wie genau funktioniert die neue Monetarisierung? Welche Creator Cases überzeugen mit Video? Und was bedeutet all das für Agenturen, Brands und Plattformstrateg:innen? Alle Highlights und Learnings findest du in unserem Recap.


Spotifys Now Playing Event:
Mehr Video, keine Werbe-Break – das ist neu!

Spotify Now Playing
Now Playing Event von Spotify, eigene Aufnahme


Formate im Wandel: Was 2025 funktioniert – und was nicht

Relevanz ist kein Zufall. Wer mit seinem Podcast 2025 sichtbar bleiben will, muss inhaltlich mehr liefern als eine gute Folge.

Nachrichten, Wissenschaft und Bildung funktionieren extrem gut – gerade, weil die Formate mehr als nur Headlines liefern,

sagt Saruul. Sie beobachtet, dass viele Creator sich heute stärker an Serienlogiken, Storytelling-Mechaniken und Suchverhalten orientieren.

Wir sehen ganz klar: Je mehr gehört oder geschaut wird, desto mehr verdienen Creator. Deshalb werden auch Formate relevanter, die aktiv und nicht nur passiv konsumiert werden.

Podcasts sind längst nicht mehr nur journalistisch oder dokumentarisch. Reality-TV-Stimmen, Expert:innen und neue Nischenformate prägen das Angebot – eine Entwicklung, die Spotify nicht als Risiko, sondern als Ausdruck wachsender Vielfalt versteht. Saruul betont in diesem Zusammenhang, dass sich auch Marken und Werbetreibende auf diese inhaltliche Breite einstellen müssten, um in der zunehmend fragmentierten Podcast-Landschaft relevant zu bleiben.

Video filled the Audiostar – oder: Warum Podcasts heute auch gesehen werden

[…] Wir glauben daran, dass der neue Standard quasi Audio und Video ist. Am Ende geht es für uns darum, dass wir wirklich Optionen bieten möchten und dann Creator:innen entscheiden oder auch User:innen und Hörer:innen entscheiden, wie sie konsumieren oder kreieren.

erklärt Saruul. Diese Kombination ist kein Selbstzweck, sondern Wachstumstreiber. Aktuelle Spotify-Zahlen zeigen eindrucksvoll, wie rasant sich das Podcast-Format in Richtung Video entwickelt – und warum Plattformen, Creator und Marken nicht länger nur auf Audio setzen sollten:

  • 68 Prozent der Hörer:innen konsumieren Podcasts auch visuell – mehr als zwei Drittel des Publikums wollen mehr als nur zuhören. Sie wollen sehen, miterleben, mitfühlen. Das verändert die Spielregeln für Produktion, Plattformwahl und Monetarisierung.
  • Video-Podcasts wachsen neunmal schneller als reine Audioformate – das ist kein kleiner Trend, sondern eine regelrechte Verschiebung im Nutzungsverhalten. Visuelle Inhalte bieten mehr Interaktion, stärkere Bindung und bessere Teilbarkeit, was das Wachstum befeuert.
  • In Deutschland ist die Zahl der Video-Creator um über 50 Prozent gestiegen – ein klares Zeichen dafür, dass Creator das Potenzial erkennen und aktiv in visuelle Podcast-Formate investieren. Die Hürde für Videoproduktion sinkt, während der Impact steigt.

Deutschland ist der zweitgrößte Video-Podcast-Markt in Europa – sogar größer als Großbritannien. Das macht den deutschsprachigen Raum nicht nur zu einem der wachstumsstärksten Märkte für Spotify, sondern auch zu einem besonders relevanten Spielfeld für internationale Creator und Werbekund:innen. Laut Saruul kein Zufall:

Wir sind einfach eine starke Audionation. Wir sind ja alle wirklich groß geworden mit Hörspielen, Hörbüchern, Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg und so weiter.

Diese Entwicklung schlägt sich auch in den Spotify-Charts nieder: Mit Gemischtes Hack belegt eine deutsche Produktion aktuell Platz zwei des weltweiten Podcast-Rankings gemessen an gestreamten Stunden. International ist Joe Rogan das wohl prominenteste Beispiel für Videopodcasts im Longform-Format – mit mehreren, teils mehrstündigen Episoden pro Woche.

Die Plattform unterstützt diesen Trend gezielt: Viele Creator bewerben ihre Podcasts längst über visuelle Snippets auf Social Media – nun lassen sich diese Mechaniken direkt auf Spotify übertragen. Neue Tools wie Video-Clips oder Snippet Editing senken die Einstiegshürde und verbessern die Discoverability. Creator, die von Audio auf Video umstellen, profitieren laut Spotify deutlich: In Deutschland konnten sie im ersten Monat nach dem Switch ihre gehörten Stunden im Schnitt verdoppeln.


Immer mehr hören Spotify
– sogar Analyst:innen überrascht

Welcome to Spotify-Schriftzug Person davor
© Spotify via Canva


Von Plattform zu Ökosystem: Spotify denkt Multiformat

Wir denken Multiformat – Musik, Podcasts, Hörbücher – alles an einem Ort.

Mit diesem klaren Statement bringt Saruul Krause-Jentsch Spotifys strategische Ausrichtung für 2025 auf den Punkt. Die Plattform versteht sich längst nicht mehr nur als Streaming-Dienst für Musik und Podcasts, sondern als technologische Infrastruktur für Creator aller Formate.

Statt Medienformen getrennt zu denken, setzt Spotify auf Integration: Musik, Longform Podcasts, Videoformate und Hörbücher sollen zusammenwirken – und Nutzer:innen möglichst nahtlos zwischen den Formaten wechseln können. Besonders Premium-Abonnent:innen profitieren von dieser Entwicklung: Sie erhalten nicht nur Zugang zu Podcasts ohne Dynamic-Ads-Unterbrechung, sondern auch monatlich zwölf Stunden Hörzeit für Audiobooks – ein weiteres Signal für den Wandel vom Musikplayer zum Multiformat-Ökosystem.

Saruul erklärt, dass diese Strategie nicht nur auf Nutzer:innenseite gedacht ist – sondern auch für Creator neue Perspektiven eröffnet. Die Plattform will ihnen ermöglichen, von ihrer Kreativität zu leben, unabhängig davon, ob sie mit Spoken Word, Interviews, Narration oder Musik arbeiten. Monetarisierung sei dabei modular gedacht: Werbe-Slots, Premium-Abos, Videoformate und Sponsoring lassen sich flexibel kombinieren – ohne die kreative Linie zu gefährden.

Tipps für 2025: Was Creator jetzt mitnehmen sollten

Zum Schluss wird Saruul konkret. Ihre Empfehlungen für alle, die mit Podcast-Formaten 2025 relevant bleiben wollen:

  • Denke Plattformästhetik: Inhalte müssen zur Umgebung passen – Audio allein reicht oft nicht mehr.
  • Teste Video: Formate mit visueller Komponente performen besser.
  • Setze auf Substanz: Podcasts sind kein TikTok-Ersatz.
  • Diversifiziere deine Einnahmen: Kombiniere Sponsoring, Premium-Angebote und Reichweitenmodelle.
  • Finde deine Nische – aber bleib anschlussfähig: Podcasts mit Haltung und Wiedererkennungswert funktionieren langfristig.

Die Head of Podcast betont zum Schluss, dass Creator Video ernst nehmen sollten – aber Formate mit Tiefe und Haltung langfristig entscheidender bleiben als reine Sichtbarkeit.


Wir danken Saruul Krause-Jentsch, Head of Podcast bei Spotify, herzlich für das spannende Gespräch und die vielen Einblicke in die Weiterentwicklung des Podcast-Ökosystems.