Unternehmen: Besser machen statt besser wissen – die Chefetage braucht Reformen

Viele Konzerne schieben ihre Probleme gerne auf die Politik ab. Doch so einfach ist es nicht: Es fehlt an Selbstkritik in deutschen Chefetagen

Mär 30, 2025 - 13:35
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Unternehmen: Besser machen statt besser wissen – die Chefetage braucht Reformen

Viele Konzerne schieben ihre Probleme gerne auf die Politik ab. Doch so einfach ist es nicht: Es fehlt an Selbstkritik in deutschen Chefetagen

Der Wahlkampf überlagerte im Februar eine Studie über den Zustand deutscher Konzerne, die sehr viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit verdient hätte. Die Aktionärsvereinigung DSW kommt in ihrer Untersuchung nach Auswertung enormer Datenmengen aus den 100 größten börsennotierten Unternehmen zu einem harten Urteil über deutsche Manager: Sie hätten in den letzten 20 Jahren sehr viele technische Innovationen verschlafen und regierten ihre Unternehmen in vielen Fällen immer noch mit einem aufgeblähten bürokratischen Apparat. Zugleich räumten die Autoren der Studie mit dem Mythos auf, die hohen Energiekosten seien der alleinige Grund für die von der Wirtschaftslobby heftig beklagte Deindustrialisierung.

Die Diskussion über die antiquierten Führungsmethoden in deutschen und vielen anderen europäischen Konzernen brach zum ersten Mal vor 60 Jahren los. Damals löste der französische Publizist und Unternehmer Jean-Jacques Servan-Schreiber mit seinem Buch über die „Amerikanische Herausforderung“ einen Sturm der Entrüstung aus. Ausgangspunkt seiner Analyse war die Dominanz der USA in den damaligen Zukunftsindustrien: bei Halbleitern, integrierten Schaltkreisen und Datenverarbeitungsanlagen.

US-Chefs beklagen „Management-Lücke“ in Europa

Ihre Führung verdankten die amerikanischen Firmen vor allem ihrem besseren Managementmodell, das stark auf Risikobereitschaft und einen starken Wettbewerb ums beste Personal setze. Der Amerikaner Robert McNamara, einst Vorstandschef von Ford und danach Verteidigungsminister, sprach von einer „Management-Lücke“ in Europa.

Die Geschichte wiederholt sich: Heute bauen die USA ihre Vorherrschaft bei internetbasierten Dienstleistungen und künstlicher Intelligenz immer weiter aus. Andere Länder ziehen technologisch ebenfalls an Deutschland und Europa vorbei – zum Beispiel Taiwan bei Hochleistungschips. Und viele Branchen, die einst als eherner Pfeiler der deutschen Wirtschaft galten, wie die Chemie- oder die Automobilindustrie, ringen um ein neues Geschäftsmodell. Gerade in diesen Konzernen kann man beobachten, wie überforderte Manager in den vergangenen Jahren die Zukunft verspielt haben. Man denke nur an BASF, wo seit Jahrzehnten im obersten Führungskreis Inzucht herrscht und eine tiefgehende Kontrolle des Vorstands praktisch nicht stattfindet.

Plötzlich ist die Politik schuld

Der deutschen Öffentlichkeit bleibt der wahre Zustand in vielen Konzernen verborgen. Den Unternehmen ist es in den letzten Jahren mithilfe ihrer Lobbyvereine gelungen, die Schuld auf die deutsche Politik abzuschieben. Mit einem lauten „Wirtschaftswarntag“ und Protestaufzügen in Berlin hauten sie unmittelbar vor den Bundestagswahlen noch einmal richtig auf die Pauke. Selbstkritische Töne waren dabei nicht zu hören. Das ist typisch.

Natürlich haftet die scheidende Regierung für viele falsche Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik, für Überregulierung und für einen oft blinden Klimakurs. Man kann hoffen, dass sich daran unter der neuen Führung etwas ändert. Doch die Misere ganzer Branchen lässt sich nicht allein mit klügerer Politik beheben. Auch in den Konzernen muss ein anderer Wind wehen.