Journeys – vom Mapping zum Management #experiencecampfire

Wenn man sich lange mit Nutzererlebnissen beschäftigt, kommt irgendwann der Moment, an dem man merkt: Es reicht nicht mehr, nur einzelne Kontaktpunkte gut […]

Apr 1, 2025 - 07:54
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Journeys – vom Mapping zum Management #experiencecampfire

Wenn man sich lange mit Nutzererlebnissen beschäftigt, kommt irgendwann der Moment, an dem man merkt: Es reicht nicht mehr, nur einzelne Kontaktpunkte gut zu gestalten. Es geht darum alle Erlebnisse in einer Journey zu einem positiven Gesamterlebnis zu orchestrieren. Genau darum ging es im Experience Campfire mit Dirk Zimmermann.

Dirk hat unter anderem bei Siemens, der Telekom und congstar daran gearbeitet, Prozesse kundenzentrierter zu machen. Er hat erlebt, wie man sich vom ersten Journey Mapping hin zu einem unternehmensweiten Journey Management entwickeln kann – Schritt für Schritt, mit Geduld, Überzeugungskraft und jeder Menge Erfahrung. Seit diesem Jahr teilt er seine Expertise und Erfahrung als freiberuflicher Berater mit interessierten Unternehmen. 

Der Einstieg: Mit kleinen, unternehmensrelevanten Journeys anfangen

Am Anfang kann die Nutzung von Journeys langatmig und frustrierend sein. „Der erste Map hat zwei Wochen gedauert – das war nicht der beste Weg“, erzählt Dirk. 

Damit der Einstieg gut gelingt, hilft es, statt riesige Customer Journeys zu entwerfen, denFokus auf einen konkreten und aus Unternehmenssicht relevanten Ausschnitt aus Geschäftsprozessen zu legen, z. B. Neukundengewinnung oder hohe Servicekosten. Ziel sollte es sein, dort Erkenntnisse zu gewinnen, wo das Unternehmen ohnehin Fragen hat.

Das Ziel: erste Aha-Momente schaffen – für sich selbst und für die Stakeholder.

Stakeholder überzeugen: Mit Geschichten statt Theorien

Dirk hat die Stakeholder nicht mit PowerPoint überzeugt – sondern mit echten Geschichten zu Kundenerlebnissen. Die Überzeugungsarbeit gelingt am besten, wenn Journeys dabei helfen, konkrete Probleme zu adressieren und Mehrwerte für das Unternehmen zu generieren.

Er hat sich zu Beginn eine kleinen Gruppe von überzeugten Kolleg:innen gesucht und mit diesen begonnen, Journeys zu mappen – ohne großen Auftrag, aber mit echter Neugier. Die Ergebnisse wurden dann intern vorgestellt: mit Daten, Pain Points, echten O-Tönen. Das sorgte für Aufmerksamkeit. Die Journeys dienten dabei als echtes Werkzeug zur Erkenntnisgewinnung.

Der nächste Schritt kam dann fast von allein: erste Bereiche wollten mitmachen, erste Pain Points wurden identifiziert, erste Businessprobleme gelöst. Dadurch, dass das Team mit Journeys in Vorleistung gegangen ist, konnten relevante Fragen schnell und aktuell beantwortet und Entscheidungen unterstützt werden. 

Journey Mapping als Projekt-Tool

Journey Maps helfen vor allem, Erlebnisse im Detail zu gestalten – dort, wo Kund:innen auf konkrete Probleme stoßen. Journey Maps helfen dabei Anforderungen zu strukturieren und zu sammeln, Feedback zu bündeln und Zusammenhänge zu visualisieren.

Dirk beschreibt sie als ein Tool, mit dem sich alle Stakeholder eine gemeinsame Sicht erarbeiten können – gerade in Projekten, wo die Komplexität steigt.

Warum Journey Management?

Irgendwann wird’s dann zu viel und zu unübersichtlich. Es gibt dann zu viele Journey Maps, die schnell veralten bzw. obsolet werden. Dann braucht es einen übergreifenden Ansatz: Journey Management als Struktur, Rolle und Methode.

Dirk hat bei congstar mit dem Journey-Management Kernteam elf High-Level Journeys definiert – von „aufmerksam werden“ bis „kündigen“ – und daraus eine systematische Struktur entwickelt. Die Struktur für Journeys und deren Priorisierung hilft dabei, den Fokus auf die relevanten Themen zu legen. Das so entstandene Journey Inventar wird allerdings nie vollständig. Es entwickelt sich über die Zeit immer weiter.

Neben der inhaltlichen Perspektive bietet Journey Management für UXler:innen eine sehr gute Grundlage zur Steigerung der Menschzentrierung im Unternehmen. Es überbrückt Silos und verbessert die crossfunktionale Zusammenarbeit. UXler:innen können mit Journey Management die Kundenperspektive in die Unternehmensprozesse integrieren und so UX aus dem Projektgeschäft zu einer etablierten Unternehmensfunktion entwickeln.

Wie etabliert man Journey Management?

Dirk teilt seinen Weg in drei große Blöcke:

  1. Inhaltliche Arbeit: Journeys aktuell halten, Feedback einpflegen, Insights generieren, Kennzahlen ergänzen
  2. Enablement: Kolleginnen ausbilden, die Journeys aktuell halten und sie für das Unternehmen nutzbar machen, Kolleg:innen einbeziehen, auf die Kultur in der Organisation einwirken.
  3. Orchestrierung: Herausfinden, wo in der Organisation Entscheidungen getroffen werden, die man mit Journey Insights beeinflussen kann, Etablierung der Rolle Journey Manager:in, Einführung des passenden Toolings.

Spannend: Dirk empfiehlt nicht, direkt mit Tools zu starten. Miro reicht oft für den Anfang, wenn die Journeys durch crossfunktionale Arbeit Schritt für Schritt entstehen. Erst mit der Zeit – wenn Strukturen wachsen und Journeys sich festigen – lohnt sich der Einstieg in professionelles Tooling, wie z.B. cxomni.

Herausforderungen: Geduld, Delegation, Governance

Journey Management ist kein Sprint. „Es braucht Monate oder Jahre, um sich zu etablieren“, sagt Dirk – und das kann frustrieren. Die erste Herausforderung ist also: dranbleiben, fokussieren, Wirkung zeigen.

Die zweite: klug delegieren. Am Anfang sollte man in Vorleistung gehen. Man darf aber nicht alles selbst machen, weil man sonst das Unternehmen abhängt. Man sollte die Kolleg:innen einbinden, dass sie sich mit Journeys identifizieren können. „Ich will der Organisation nicht zur Last fallen, aber auch nicht alles selbst machen.“, sagt Dirk. Journeys brauchen Verankerung – in anderen Bereichen, bei anderen Menschen.

Und schließlich: Governance. Journey Management zielt darauf ab, die Menschzentrierung zu steigern. Daher sollte man sich auch mit folgenden Fragen beschäftigen: Wer ist für welche Journey verantwortlich? Welche Stakeholder benötige ich? In Dirks Erfahrung findet erfolgreiche Governance meistens aus der Mitte der Organisation statt, also weder top-down, noch bottom-up, sondern auf einer Ebene, die schon ausreichend Einfluß, aber auch immer noch Bodenhaftung hat. 

Journey Management als Operating Model

Am Ende des Abends wurde deutlich: Journey Management ist mehr als ein Toolset. Es ist ein Operating Model für Experience-Arbeit. Es macht Kundenzentrierung dauerhaft sichtbar, messbar und wirksam.

Journey Management als Operating Model hebt Kundenfeedback und -insights auf eine wertstiftende Ebene. Es macht “Experience” zu einem dauerhaften Arbeitsobjekt im Unternehmen und UXler:innen zu echten Advocaten der Nutzer:innen.

Dirks 3 ultimative Best Practices

  1. Starte klein, aber schnell und wirkungsvoll: Keine Papierstrategien, sondern echte Pilotprojekte mit Nutzen, die Wirkung im Unternehmen zeigen.
  2. Unterstütze andere dabei, die Kundenperspektive einzunehmen: Sag nicht „Ich brauche …“ oder “Ihr müsst …”, sondern „Was kann ich tun, damit ihr Kunden und Nutzerperspektiven in euren Projekten gut verwenden könnt?“
  3. Geh nicht allein: Auch wenn Journey Manager:innen oft als Einzelkämpfer:innen starten und Dinge für sich allein ausarbeiten, hilft es sich immer wieder vor Augen zu führen, dass man diese Arbeit für das Unternehmen macht. Und, damit diese sich lohnt und wirksam werden kann, sollten Kolleg:innen mitarbeiten und einen Anteil haben.

Fazit: Vom Projekt zum Prinzip

Was mir von diesem Campfire besonders bleibt: Journey Management ist kein Selbstzweck. Es ist ein Werkzeug, mit dem wir Kundensicht systematisch in die Organisation tragen – und dafür sorgen, dass Experience-Arbeit nicht von der Laune einzelner Manager:innen abhängt, tief in der Struktur verankert ist, und die Arbeit daran regelmäßig durch etablierte Rollen in definierten Prozessen erfolgt. Es ist damit ein sehr geeignetes Werkzeug zur Etablierung von UX und Menschzentrierung.

Vielen Dank

Ein großes Dankeschön an Dirk Zimmermann für die praxisnahen Einblicke, an cxomni für das Sponsoring dieses Campfires und an alle Teilnehmer:innen für eure Fragen, Impulse und Diskussionen.

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