Bernd Ziesemer: Und der Gewinner von Trumps Zöllen heißt China

Kurzfristig leidet die chinesische Wirtschaft stark unter Trumps Zöllen. Doch mittel- und langfristig befördern sie Ziele Xi Jinpings. Fünf Thesen

Apr 7, 2025 - 06:56
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Bernd Ziesemer: Und der Gewinner von Trumps Zöllen heißt China

Kurzfristig leidet die chinesische Wirtschaft stark unter Trumps Zöllen. Doch mittel- und langfristig befördern sie Ziele Xi Jinpings. Fünf Thesen

Kein anderes Land der Welt soll künftig so hohe Zölle in den USA entrichten wie China: Zwei nacheinander verhängte Strafsätze addieren sich auf 54 Prozent. Kurzfristig dürfte die Volksrepublik heftig leiden, wenn es dabeibleibt. Die Folgen kann die Führung in Peking allenfalls mildern – zum Beispiel durch eine starke Abwertung des Yuan. Paradoxerweise aber befördert Donald Trumps Zollirrsinn mittel- bis langfristig die geopolitischen und wirtschaftlichen Ziele Xi Jinpings. Für diese These sprechen mindestens fünf Gründe:

  • Erstens treibt Trump viele afrikanische und noch wichtiger: auch viele asiatische Staaten in die Hände Xi Jinpings. Schon sprechen sich die beiden allerwichtigsten Verbündeten der USA, Südkorea und Japan mit China ab, wie sie gemeinsam auf die Zölle reagieren sollen.
  • Zweitens unterminiert Trump die von ihm selbst geforderte Abkopplung von China. Die amerikanische Administration belegt Länder wie Vietnam, Kambodscha oder Thailand mit besonders hohen Zöllen. Und bestraft damit alle westlichen Konzerne, die gerade in diesen Ländern in letzter Zeit massiv investiert haben, um sich stärker von China unabhängig zu machen.
  • Drittens werden sich auch die Europäer wieder stärker China zuwenden – sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Sollte es in Asien in den nächsten Jahren zum Krieg kommen, kann Trump kaum noch auf die unbedingte Unterstützung der meisten Nato-Länder hoffen.
  • Viertens begreifen nun selbst die treusten und unkritischsten Verbündeten der USA, dass sie jederzeit und ohne Vorwarnung damit rechnen müssen, dass man sie in Washington fallen lässt. Dass Trump einen Zollsatz von 32 Prozent auf alle Waren aus Taiwan erhebt, spricht für sich. Auf der einen Seite reden seine Minister ständig davon, die Inselrepublik militärisch zu stärken – auf der anderen Seite wollen sie sie wirtschaftlich schwächen. China kann sich die Hände reiben.
  • Fünftens stärkt Donald Trumps Vorgehen die besonders aggressive Fraktion in der Kommunistischen Partei Chinas, die seit jeher alle Verbindungslinien in die USA kappen möchte. Trump stabilisiert das Regime, statt es zu schwächen und schürt den ohnehin starken Nationalismus. Und erhöht damit letztlich die Kriegsgefahr in der Region.

Wer immer noch eine kohärente, irgendwie logische Linie hinter der Politik Trumps sucht, sollte endlich begreifen: Es gibt sie nicht. Nirgends. Die Sicherheitspolitik und die internationale Wirtschaftspolitik der USA verfügen über keinen gemeinsamen Nenner, so oft man auch in Washington das Gegenteil behauptet. Außenminister Marco Rubio sagte heute das eine, Verteidigungsminister Pete Hegseth schon morgen das genaue Gegenteil. Und eigentlich gilt ja ohnehin nur das Wort des Präsidenten, der um sich herum nichts mehr und nichts lieber verbreitet als das wilde Chaos.

Die wichtigsten Männer der KP Chinas wirken vor diesem Hintergrund auf der internationalen Bühne wie Erwachsene in einem Kindergarten. Und viele Europäer, die eigentlich zu den Kritikern Xi Jinpings gehören, genießen das Gefühl, dass man es in Peking immerhin mit berechenbaren Gesprächspartnern zu tun hat. Und dass diese Tatsache allein schon einen Wert an sich darstellt.