Strahlende Haut durch "Carnivore"-Diät?: Huch, die essen ja rohes Fleisch!

In den sozialen Medien werben Frauen damit, bessere Haut und weniger PMS zu haben, weil sie vor allem rohes Fleisch und Butter zu sich nehmen. Wie gefährlich ist diese Aussage?

Apr 29, 2025 - 07:15
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Strahlende Haut durch "Carnivore"-Diät?: Huch, die essen ja rohes Fleisch!

In den sozialen Medien werben Frauen damit, bessere Haut und weniger PMS zu haben, weil sie vor allem rohes Fleisch und Butter zu sich nehmen. Wie gefährlich ist diese Aussage?

Ich scrolle nichtsahnend auf meinem Handy durch Instagram, als ich plötzlich eine junge Frau sehe, die beherzt von einem großen Stück rohem Steak abbeißt. In einem anderen Video sehe ich sie rohes Hackfleisch zum Frühstück in Kombination mit einem Stück Butter essen. Sie promotet die neueste Trend-Diät: "Carnivore", also fleischbasiert. 

Auf Social Media tauchen immer wieder extreme Diäten auf: Frutarier:innen, deren Speiseplan sich nur aus Früchten zusammensetzt, Menschen, die behaupten, sie benötigen nur Licht und Luft zum Leben – und nun auch Personen, die sich ausschließlich von tierischen Produkten ernähren. Der Name dieser Bewegung: "Carnivore"-Diät.

Eine besonders prominente Vertreterin dieser Ernährung ist die Influencerin @steakandbuttergal. In einem Video sitzt sie vor der Kamera, hält ein großes Stück Butter in der Hand, von dem sie immer wieder abbeißt, während sie erzählt, dass sie seit über sechs Jahren keinen einzigen Bissen Gemüse oder Obst gegessen habe – und das auch nicht vermisse. Im Gegenteil: Ihr gehe es viel besser, seit sie sich fast ausschließlich von Fleisch ernähre. 

Sie berichtet von strahlender Haut, gesünderen Haaren und Nägeln, mehr Energie und weniger Blähungen. Außerdem sei sie ihre chronische Akne losgeworden, habe über 15 Kilo abgenommen, keine PMS-Symptome mehr und brauche auch keinen Sonnenschutz mehr, da sie durch ihre Ernährung angeblich eine „Toleranz gegenüber Sonnenstrahlen“ entwickelt habe. 

Wie sieht diese Diät überhaupt aus?

Die "Carnivore"-Influencerin hat fast eine halbe Million Follower:innen auf Instagram und postet dort regelmäßig ihr "What I eat in a day“ (zu Deutsch: "Was ich an einem Tag esse"). Das sieht meistens so aus: zum Frühstück ein kaltes Stück Butter, dazu zwei Burger-Pattys und als Beilage eine große Schüssel kalter Gelatine. Klingt unappetitlich? Wenn es mal eine andere Proteinquelle sein soll, macht sich die Influencerin fünf bis sechs Eier, dazu Hackfleisch oder Innereien – immer in Kombination mit großzügigen Mengen an Butter.

Doch @steakandbuttergal ist nicht die Einzige, die diese Diät auf Social Media promotet. Es gibt zahlreiche andere Influencer:innen, die sich nur von Fleisch ernähren – einige sogar hauptsächlich von rohem – und von den angeblich endlosen Vorzügen dieser Diät schwärmen. Sie bewerben die "Carnivore"-Diät als Wundermittel – für bessere Haut, weniger Stimmungsschwankungen, stabilen Blutzucker und sogar hormonelle Balance. Manche behaupten sogar, die Diät helfe bei Endometriose oder PCOS. 

Einseitige Ernährungstrends sind selten eine gute Idee – egal ob die Menschen ausschließlich Rohkost, Obst oder pflanzliche Proteine zu sich nehmen. Sie alle versprechen schnelle Erfolge, doch sind nicht immer ungefährlich. Es kann schnell problematisch werden, wenn ganze Lebensmittelgruppen vom Speiseplan gestrichen werden. Welche konkreten Gefahren bestehen bei der "Carnivore"-Diät? Und gibt es auf Vorteile? Wir haben eine Expertin gefragt.

Ist eine Ernährung, die hauptsächlich aus tierischen Proteinen und Fetten besteht, gesund? 

Christina Holzapfel, Professorin an der Hochschule Fulda und Forschungsgruppenleiterin an der Technischen Universität München, sieht die "Carnivore"-Diät kritisch: 

Die gesundheitlichen Vorteile sind subjektiv und beruhen auf Erfahrungsberichten. Studien, die einen gesundheitlichen Vorteil dieser sehr strikten und durch viele Verbote gekennzeichneten Diät belegen, gibt es nicht.

Die Anhänger:innen der carnivoren Ernährung versprechen sich gesundheitliche Vorteile, die sie mit dem Verzicht auf Kohlenhydrate, Zucker und pflanzenbasierte Lebensmittel begründen. Doch laut Holzapfel ist diese extreme Form der Ernährung nicht zu empfehlen – besonders für Frauen könnte sie langfristig mehr Schaden als Nutzen bringen. 

Was sind die Risiken einer "Carnviore"-Diät?

Fleisch enthält neben Eiweiß auch viel Fett – insbesondere gesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel erhöhen können, was mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. "Ein hoher Konsum von rotem Fleisch kann das Risiko für Krebserkrankungen erhöhen", so Christina Holzapfel. "Wenn auf pflanzliche Lebensmittel verzichtet wird, dann fehlen die Nährstoffe aus pflanzlichen Lebensmitteln. Das sind verschiedene Vitamine und vor allem Ballaststoffe, welche eine positive Wirkung auf den Stoffwechsel haben". Noch dazu ist die carnivore Ernährung sehr proteinreich, was bei großen Mengen zu einer Belastung der Nieren führen kann.

Zudem birgt der vollständige Verzicht auf pflanzliche Lebensmittel das Risiko eines ausgeprägten Nährstoffmangels: Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Mineralstoffe wie Folat, Magnesium, Kalium und Vitamin C sind in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten enthalten – und unterstützen unter anderem den Hormonhaushalt, die Fruchtbarkeit sowie die Haut- und Darmgesundheit.

Vollkornprodukte, Gemüse und Obst enthalten Ballaststoffe, die sich positiv auf den Körper auswirken. Dieser Effekt fällt bei einer carnivoren Kost weg.

Ein Mangel an Ballaststoffen kann außerdem den Zyklus beeinflussen, die mentale Gesundheit schwächen und den Körper anfälliger für hormonelle Schwankungen machen. Auch die oft gelobte „glow up“-Haut könnte sich langfristig ins Gegenteil verkehren, wenn wichtige Nährstoffe ausbleiben. 

Besonders bei an Endometriose erkrankten Frauen ist Vorsicht geboten: Zwar gibt es noch keine aufgezeichneten Effekte oder Studien zu dem Thema, dennoch sollten vor allem Personen mit dieser Erkrankung auf eine antientzündliche Ernährung achten – und da ist die carnivore Diät mit ihrem Fokus auf (rotem) Fleisch leider nicht die beste Wahl. 

Fazit: Trend mit Nebenwirkungen

Die "Carnivore"-Ernährung bleibt eine sehr umstrittene Ernährungsweise – vor allem in Bezug auf Frauengesundheit. Auch einige der versprochenen Effekte (wie weniger PMS oder reinere Haut) verlockend klingen mögen: Expert:innen raten zur Vorsicht.

Wer sich etwas Gutes tun will – ob für Haut, Hormone oder den Zyklus – fährt langfristig besser mit einer ausgewogenen Ernährung, die sowohl hochwertige tierische als auch pflanzliche Lebensmittel enthält. Also: Vielleicht lieber weniger, aber gutes Fleisch – und dafür ordentlich Brokkoli auf dem Teller.