Kleptokratie durch Krypto: TRUMP als Governance-Token der USA
Freight Technologies, ein Logistik-Unternehmen aus Texas, gibt eine Wandelanleihe heraus, um 20 Millionen Dollar einzuholen, mit denen es ... nein, keine Bitcoins kauft ... sondern TRUMP-Token! Es hat einen Grund, aber wohl nicht den, den es vorgibt.

Freight Technologies, ein Logistik-Unternehmen aus Texas, gibt eine Wandelanleihe heraus, um 20 Millionen Dollar einzuholen, mit denen es … nein, keine Bitcoins kauft … sondern TRUMP-Token! Es hat einen Grund, aber wohl nicht den, den es vorgibt.
Mit dem Kauf der Trump-Token wird Freight, so die Pressemitteilung, „das erste öffentlich gehandelte Unternehmen, das $TRUMP um Eckstein seiner Strategie der digitalen Assets macht.“
Den angeblichen Grund erklärt CEO Javier Selgas unverblümt: „Das Herz unserer Mission ist es, den produktiven und aktiven Handel zwischen den USA und Mexiko zu befördern […] Wir sind überzeugt, dass die Trump-Token eine effektive Methode sind, um für einen fairen, ausgewogenen und freien Handel zwischen Mexiko und den USA zu werben.“
Das Unternehmen kauft also Trump-Token, um beim Präsidenten der USA gehört zu werden. Denn Donald Trump hat kürzlich angekündigt, die 220 Top-Holder seines Memecoins zu einem Abendessen ins Weiße Haus einzuladen, wobei die 25 Top-Investoren noch eine private Audienz bekommen. „Unglaublich“, nennt MSNBC den Move, man sei ja bereits gewohnt, dass Trump seine Präsidentschaft nutzt, um sich die eigenen Taschen vollzustopfen, doch das Memecoin-Dinner sei noch frecher. Trump versucht noch nicht einmal, einen Hehl daraus zu machen, dass er ein Kleptokrat ist. Selbst Cynthia Lummis, eine Trump-treue und von Bitcoin-begeisterte Senatorin, bekomme Bedenken.
„Lasst mich explizit sagen, was hier geschieht“, schreibt MSNBC, „Trump versteigert seine Präsidentschaft. Je mehr jemand seine Kryptowährung kauft, desto höher sind die Chancen, Trump zu treffen.“
Anders gesagt: Das TRUMP-Token ist kein Memecoin mehr, sondern ein Governance-Token – für die USA! Und ein Unternehmen wie Freight Logistic ist sich nicht zu schaden, in einer Pressemitteilung offen damit zu hausieren, das schmutzige Spiel mitzuspielen.
Ich würde hier gerne sagen, dass wir eine Art von Revolution der Regierungsführung oder der Governance-Token erleben. Es wäre keine schöne Wendung, aber es hätte eine gewisse Bedeutung, und Freight wäre, auch in einem negativen Sinn, ein Trendsetter, der früh erkennt, welches Potenzial in Krypto liegt.
Diese Deutung wäre bei einer oberflächlichen Betrachtung plausibel. Schließlich hat Freight erst vor einem Monat Aktien ausgegeben, um sich für 5,2 Millionen Dollar FET-Token zu kaufen, die Governance-Token für den vermutlich wichtigsten KI-Coin, Fetch: „Die FET-Token ermöglichen es Freight, aktiv zu Fetch.ais dezentralem KI-Ökosystem beizutragen“, erklärt die Pressemitteilung. Man wolle KI-Agenten nutzen, um die Supply-Chain transparenter zu machen und die Logistik zu verbessern.
Klingt, wenn man die Moral beiseite lässt, doch interessant, oder? Token hätten endlich eine handfeste Anwendung, da sie Mitbestimmung gewähren.
Das Problem ist: Freight agiert aus einer so schwachen Position heraus wie eine Weinbergschnecke in der Chihuahua-Wüste. Dazu muss man sich nur den Aktienkurs des Unternehmens anschauen. Der ist in den letzten fünf Jahren um sagenhafte 99,95 Prozent gesunken, was selbst für den jämmerlichsten Memecoin ein beachtlicher Verlust wäre. Ein Investment in Freight war eine todsichere Methode, Kapital zu vernichten.
Mit einer Marktkapitalisierung von 3,28 Millionen Dollar ist Freight noch nicht einmal ein Pennystock, mit einem Cashflow von minus zwei Millionen Dollar und einem Umsatz von 470.000 Dollar steht es mehr oder weniger vor dem Bankrott. Es ist kein relevanter Akteur, sondern eine wandelnde Leiche auf dem Kapitalmarkt.

Kurs von Freight Logistics nach finance.yahoo.com
Selbst wenn Selgas eine exklusive Audienz bei Trump bekommen würde und alle seine Wünsche bis aufs letzte Komma durchsetzen könnte – das Unternehmen wirkt so heruntergewirtschaftet, dass es daraus kaum Kapital schlagen könnte. Der Kauf des Trump-Tokens dürfte nicht mehr als ein verzweifelter Versuch sein, den Aktienkurs etwas zu heben und ein paar Dollar von ahnungslosen Investoren zu extrahieren. Man kennt das von anderen Unternehmen, die sich als Bitcoin-Treasury neu erfinden, aber bei Freight wirkt es ins Groteske übersteigert.

Nochmals der Freight-Kurs nach Yahoo, diesmal aus der 5-Tages-Sicht.
Nichtsdestoweniger dürfte Freight schon jetzt seine Ziele erreicht haben. Der Kurs stieg von etwa einem auf drei Dollar und fiel dann auf 1,50 Dollar. Er ist noch um fast 50 Prozent im Plus, aber jemand hat kräftig ausgecasht. Das TRUMP-Token ist nicht nur eine Abzocke aus dem Weißen Haus – es wurde auch zur Basis einer Abzocke eine Ebene tiefer.