Hauptversammlung: Commerzbank: Zieht Orcel die ultimative Option im Übernahmekampf?
Andrea Orcel gegen Bettina Orlopp: Der Machtkampf zwischen dem Unicredit-Chef und der Commerzbank-CEO wird bei der Coba-Hauptversammlung das große Thema sein. Inzwischen spielt Orcel auf Zeit, hat aber theoretisch ziemlich gute Karten

Andrea Orcel gegen Bettina Orlopp: Der Machtkampf zwischen dem Unicredit-Chef und der Commerzbank-CEO wird bei der Coba-Hauptversammlung das große Thema sein. Inzwischen spielt Orcel auf Zeit, hat aber theoretisch ziemlich gute Karten
Macht eine Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank Unicredit Sinn oder nicht? Keine Frage dürfte die Aktionäre der Commerzbank bei der Hauptversammlung in Wiesbaden am morgigen Donnerstag mehr beschäftigen. Schließlich hat die Unicredit jüngst die Erlaubnis der Aufsichtsbehörden bekommen, die Anteile an der deutschen Mittelstandsbank auf über 30 Prozent aufzustocken. Wenn sie diesen Schritt geht, dann muss sie den anderen Eignern ein Angebot vorlegen.
Derzeit hält die Bank mit Sitz in Mailand 9,5 Prozent der Anteile direkt und hat sich bei Wettbewerbern wie der Citigroup, Barclays und dem Investmenthaus Jefferies Bezugsrechte gesichert. Zieht sie diese Option, dann würde die Unicredit mehr als 28 Prozent halten – und wäre damit sehr nah dran an den 30 Prozent. Doch mittlerweile würde eine Übernahme für die Unicredit ganz schön teuer.
Eingestiegen sind die Italiener im September vergangenen Jahres. Damals stand der Aktienkurs bei knapp 13 Euro. Mittlerweile hat er sich vervielfacht, die Aktie kostet derzeit knapp 26 Euro. Das ist sicher zu einem gewissen Teil der Übernahmefantasie geschuldet. Aber auch dem Machtkampf, der im Hintergrund tobt.
Orlopp und Orcel: zwei Bankenchefs im Clinch
Bettina Orlopp, seit Oktober 2024 Vorstandschefin der Commerzbank, tut alles dafür, um die Eigenständigkeit der Bank zu erhalten. Dafür muss sie die Investoren bei der Stange halten. Deshalb soll bei der Hauptversammlung – nach einem Rekordergebnis im vergangenen Jahr von 2,7 Mrd. Euro Nettogewinn – eine Dividende von 65 Cent beschlossen werden. Dafür gibt das Unternehmen zwar den gesamten Überschuss aus. Aber Orlopp rechtfertigt das mit dem angepeilten Wachstum und der soliden Finanzbasis des Kreditinstituts. Das Argument könnte ziehen, denn tatsächlich hat Orlopp die Bank auch im Rekordtempo am Kapitalmarkt nach vorne gebracht.
Andrea Orcel, Chef der Unicredit, wollte die Option zuletzt nicht ziehen, sondern spielt mittlerweile vordergründig auf Zeit. Er könne mit der Entscheidung bis 2027 warten, teilte er jüngst mit. Und greift Orlopps Erfolgsstory frontal an: Mit ihrer Performance sei man nicht zufrieden, zitiert ihn das „Handelsblatt“. Er bemängelte, dass die Gewinnsteigerung der Commerzbank im ersten Quartal des Jahres von zwölf Prozent nur dank Sondereffekten zustande gekommen sei. Er spielt darauf an, dass die aufgrund ihrer hohen Einlagen sehr zinsabhängige Bank mit Kapitalmarktgeschäften, die sie vor den sinkenden Zinsen schützen soll, zuletzt viel Geld verdient hat.
Commerzbank-Übernahme: Was sagt Lars Klingbeil dazu?
Trotzdem bleibt Orcel bei seinem Plan: Er will bald mit der größten Eigentümerin der Bank Gespräche starten – also mit der Bundesregierung. Diese hatte die Commerzbank in der Finanzkrise mit mehr als 18 Mrd. unterstützt und hält immer noch rund zwölf Prozent der Anteile. Mit Lars Klingbeil (SPD) als neuem Finanzminister hat Orcel nun einen neuen Ansprechpartner. Doch ob das hilft?
Derzeit kann sich Orlopp noch auf die Bundesregierung im Kampf gegen die als feindlich angesehene Übernahme verlassen. Doch die fulminante Aktienrally der Commerzbank hat auch einen Haken: Mittlerweile ist der Preis nahe dem Niveau, bei dem die Bundesregierung aussteigen könnte, ohne weitere Verluste für den Steuerzahler verbuchen zu müssen. Durchaus möglich, dass gerade in Zeiten hoher Ausgaben und klammer Kassen der Staat doch noch verkaufen möchte.
Insofern werden bei der Hauptversammlung mit Spannung mögliche Statements der Bundesregierung und der Unicredit als größte Eigner erwartet. Ob ihre Vertreter in dieser Gemengelage auf die große Bühne treten werden, ist ungewiss. Für Orlopp wird der Tag wohl in jedem Fall zeigen, wie groß ihr Rückhalt im Kampf um Eigenständigkeit ist.