Gastbeitrag: Bioresonanztherapie bei Haarausfall: Wissenschaftliche Einordnung und Kritik

Magdalena Riederer von der Plattform HealthHeld prüft kritisch, ob die Bioresonanztherapie bei Haarausfall helfen kann. Weiterlesen →

Apr 26, 2025 - 09:51
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Gastbeitrag: Bioresonanztherapie bei Haarausfall: Wissenschaftliche Einordnung und Kritik

ein Gastbeitrag von Magdalena Riederer (HealthHeld)

Haarausfall ist ein Thema, das viele Menschen belastet und im Extremfall sogar das soziale Leben beeinträchtigen kann. Trotzdem wird es häufig als rein kosmetisches Problem abgetan, was die Suche nach einer passenden Behandlung stark erschwert. Dadurch entstehen Möglichkeiten für fragwürdige Angebote und Anbieter, die Betroffenen teils erhebliche Summen abverlangen. Immer mehr Menschen greifen dabei zu alternativen Methoden, darunter auch die Bioresonanztherapie. Diese wird von ihren Befürworter:innen als ganzheitlicher Ansatz beworben, der von der Diagnose bis zur Behandlung reicht. Doch wie seriös ist diese Therapie?

Was ist Bioresonanztherapie?

Die Bioresonanztherapie basiert auf der Annahme, dass der Körper elektromagnetische Schwingungen aussendet, die bei Erkrankungen „gestört“ sind. Mithilfe eines Geräts sollen diese Schwingungen gemessen, analysiert und harmonisiert werden – also quasi ein Alleskönner. Bei Haarausfall soll die Therapie „verborgene Ursachen“ wie Stress, Hormonstörungen oder Toxinbelastungen identifizieren.

Ablauf der Behandlung

  1. Diagnostik: Über Elektroden werden Schwingungen des Körpers erfasst und mit Referenzwerten aus einer Datenbank verglichen. Das Gerät schlägt aus, wenn die Referenzwerte nicht mit den Schwingungen des eigenen Körpers übereinstimmen.
  2. Therapie: Disharmonische Frequenzen werden „umgewandelt“ oder „gelöscht“, um die „Selbstheilung“ zu aktivieren. Dabei werden spezifische Frequenzmuster in den Körper geleitet.
  3. Begleitmaßnahmen: Oft werden zusätzlich Ernährungsumstellungen, Nahrungsergänzungsmittel oder Entgiftungsempfehlungen gegeben.

Aufmerksamen Leser:innen wird die Nähe zur Frequenztherapie mit Mikrostrom (Stichwort Healy) auffallen. In ihren Grundannahmen ähneln sich beide Methoden: Sie basieren auf der Vorstellung, dass bestimmte Frequenzen Einfluss auf den Körper und dessen Selbstheilungskräfte haben. Während die Bioresonanztherapie mit elektromagnetischen Schwingungen arbeitet und dabei angeblich energetische Disharmonien misst, stehen bei der Frequenztherapie in der Regel elektrische Frequenzen im Vordergrund, die gezielt zugeführt werden. Bioresonanzgeräte sind häufig größer und eher für den Einsatz in therapeutischen Praxen konzipiert, während viele Frequenztherapiegeräte auch für den privaten Gebrauch geeignet sind. Was beide gemeinsam haben: unglaublich hohe Kosten.

Die Stimme der Befürworter:innen

Anbieter der Bioresonanztherapie betonen folgende Punkte:

  • Präventiv: Störungen sollen aufgezeigt werden, bevor sich überhaupt Symptomeentwickeln. Sowohl bei Haarausfall als auch bei anderen Erkrankungen.
  • Ganzheitlich: Es werden nicht nur die Symptome, sondern die Ursache behandelt. Die Selbstheilungskräfte des Körpers sollen dabei aktiviert werden.
  • Nicht invasiv: Die Therapie sei schmerzfrei und ohne Nebenwirkungen – im Gegensatz zu Medikamenten gegen Haarausfall.

Wissenschaftliche Kritik

Trotz positiver Erfahrungsberichte bei Haarausfall wie auch bei anderen Beschwerden fehlt es an wissenschaftlicher Evidenz.

1. Fehlende Anerkennung

Die Bioresonanztherapie ist wissenschaftlich nicht anerkannt. Von Anbietern stammende Behauptungen zur Wirkung bei Haarausfall werden ohne wissenschaftliche Belege einfach in den Raum gestellt. Denn konkrete Evidenz gibt es nicht. Im Gegenteil, Studien (Wüthrich, 2005) zeigen keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus.

2. Pseudowissenschaftliche Konzepte

Irreführende Begriffe: Bioresonanztherapie verwendet Begriffe wie „energetische Schwingungen“ oder „elektromagnetische Skalarwellen“, die in der Physik nicht existieren oder widerlegt wurden. Diese Begriffe sollen wissenschaftliche Seriosität vortäuschen, obwohl es keine messbaren oder anerkannten Grundlagen dafür gibt.

Wissenschaftlich nicht plausibel: Die Annahme, dass Krankheiten durch „disharmonische Frequenzen“ entstehen und mittels Rückkopplung beeinflusst werden können, entbehrt jeder anerkannten biologischen oder physikalischen Grundlage.

3. Irreführende Diagnostik

Die Methode suggeriert Präzision, doch die „Ursachenfindung“ beruht trotz Referenzwerten auf subjektiven Interpretationen der Behandler:innen. Die Plattform “medizin transparent” hat bereits deutlich gemacht, dass solche Geräte zur Diagnose von Gesundheitsproblemen nutzlos sind. In einem Test (Dorsch, 2019) konnten die Geräte nicht zwischen gesunden Personen und schwer erkrankten Personen bzw. einer Leiche unterscheiden.

Wissenschaftliche Alternativen bei Haarausfall

Ja, Bioresonanztherapie ist fragwürdig! Es gibt dennoch einige Therapien und Behandlungsmöglichkeiten gegen Haarausfall, die wissenschaftlich fundiert sind.

  1. Medikamente: Finasterid (hemmt Dihydrotestosteron, kurz DHT) und Minoxidil (fördert die Durchblutung) sind klinisch erprobt, teilweise können jedoch Nebenwirkungen auftreten. Bei Frauen kann als Alternative zu Finasterid beispielsweise Spironolacton verwendet werden.
  2. Ketoconazol und Microneedling: Unterstützend zu Finasterid und Minoxidil können Ketoconazol-Shampoos angewendet werden, die ebenfalls einen Einfluss auf DHT haben, sowie Microneedling-Anwendungen, um die Aufnahme von auf die Haut aufgetragenem Minoxidil zu verbessern.
  3. Lasertherapie und PRP: Low-Level-Laser und PRP (Platelet-Rich Plasma) verbessern nachweislich die Haarwurzeldichte. Die Forschung ist hier aber noch weniger weit als bei Finasterid und Minoxidil.
  4. Haartransplantationen: Als Ultima Ratio können auch Haartransplantationen angedacht werden. Diese sind allerdings relativ teuer und invasiv.

Fazit

Es gibt derzeit keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Bioresonanztherapien etwas gegen Haarausfall ausrichten können. Die Wissenschaft ist sich mittlerweile einig, dass das Hormon DHT bei erblich bedingtem Haarausfall eine große Rolle spielt. Da eine Bioresonanztherapie darauf keinen direkten oder indirekten Einfluss hat, kann sie die Ursache des Haarausfalls auch nicht lösen. Eine Wirkung hat die Therapie jedoch schon – und zwar eine negative auf den Geldbeutel.

QUELLEN

Adil, A., & Godwin, M. (2017) The effectiveness of treatments for androgenetic alopecia: A systematic review and meta-analysis. Journal of the American Academy of Dermatology, 77(1), 136–141.e5. 

Dorsch, F., & Kolt, J. (2019) Einfache Testverfahren zur Überprüfung der Aussagekraft von Bioresonanz-basierten medizinischen Befunden – der Leberkäse-Test. Allergo Journal, 28(4), 22–30.

Ernst, E. (2004) Bioresonance, a study of pseudo-scientific language. Forschende Komplementärmedizin und Klassische Naturheilkunde, 11(3), 171–173. 

HealthHeld. (2025) Haarausfall Behandlung – Überblick über Methoden & Wirksamkeit. Abgerufen am 21. April 2025, von https://healthheld.de/haarausfall/haarausfall-behandlung.

HealthHeld. (2025) Haarausfall Statistiken. Abgerufen am 21. April 2025, von https://healthheld.de/haarausfall/haarausfall-statistiken.

Hörner, M. (1995). Bioresonanz: Anspruch einer Methode und Ergebnis einer technischen Überprüfung. Allergologie, 18, 302.

Medizin Transparent. (2022) Bioscan – wissenschaftlich überprüft? Abgerufen am 21. April 2025, von https://medizin-transparent.at/bioscan/.

Wüthrich, B. (2005) Unproven techniques in allergy diagnosis. Journal of Investigational Allergology & Clinical Immunology, 15(2), 86–90. PMID: 16047707 Wüthrich, B., et al. (2006). Bioresonanz-diagnostischer und therapeutischer Unsinn. Aktuelle Dermatologie, 32(3), 73–77.