Fokus statt Frust: Wieso es gut ist, manchmal schlechte Laune zu haben

Bei der Arbeit lief es nicht so, wie du wolltest, dann kommt der Bus viel zu spät und zu guter Letzt stößt du dir den Zeh an der Haustür. Tiefer kann die Laune nicht sinken, oder? Ein Experte verrät, warum schlechte Laune einen mieseren Ruf hat, als sie bräuchte.

Mai 16, 2025 - 19:34
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Fokus statt Frust: Wieso es gut ist, manchmal schlechte Laune zu haben

Bei der Arbeit lief es nicht so, wie du wolltest, dann kommt der Bus viel zu spät und zu guter Letzt stößt du dir den Zeh an der Haustür. Tiefer kann die Laune nicht sinken, oder? Ein Experte verrät, warum schlechte Laune einen mieseren Ruf hat, als sie bräuchte.

Schlechte Laune, alles nervt – und plötzlich hast du im Meeting die beste Idee überhaupt oder beendest einen schwierigen Streit mit deiner schlagfertigen Antwort. Zufall? Offenbar nicht! Denn schlechte Laune ist längst nicht so negativ wie ihr Ruf. Im Gegenteil: In bestimmten Situationen kann sie sogar hilfreicher sein als gute Laune.

Der Sozialpsychologen Joseph Paul Forgas hat in einer Reihe von Experimenten untersucht, wie sich schlechte Stimmung auf unser Denken und Verhalten auswirkt. Dabei ging er der Frage nach: Beeinflusst unsere Laune tatsächlich unsere Denkprozesse? Und wenn ja, wie? Im Fokus stand dabei, ob unsere momentane Stimmung – egal ob positiv oder negativ – wirklich spürbare Auswirkungen auf unsere Leistung bei alltäglichen Aufgaben hat.

Überprüft wurde dieses Phänomen in mehreren Experimenten, in denen die Teilnehmer unter anderem überzeugende Argumente formulieren sollten. Das Ergebnis: Wer in schlechter Stimmung war, schnitt deutlich besser ab und lieferte inhaltlich stärkere Begründungen, während die gut Gelaunten eher oberflächlich argumentierten. Und das Ganze funktionierte nicht nur im persönlichen Gespräch, sondern sogar in digitalen Unterhaltungen. 

Schlechte Laune bringt nicht nur Nachteile

So unangenehm sie sein mag – schlechte Laune kann uns tatsächlich leistungsfähiger machen. Der Grund: Unser Denkstil passt sich unseren Launen an. Sind wir gut gelaunt, denken wir eher abstrakt und kreativ, was in vertrauten, einfachen oder sozialen Situationen nützlich sein kann. 

Wenn wir aber konkret und detailorientiert denken wollen, brauchen wir dafür am besten schlechte Laune. Unser Gedankengang ist in schlechter Stimmung perfekt für komplexe und problematische Aufgaben, da wir analytischer denken. Unsere "verstimmte Version" ist außerdem weniger risikofreudig, dafür konzentrierter und passt sich unbekannten Situationen viel schneller an, als unser glückliches Ich.

Ich kenne das von mir selbst: Wenn ich gereizt oder genervt bin, habe ich oft viel Energie, die irgendwo hin muss. Häufig fange ich dann an zu putzen, aufzuräumen oder zu sortieren. Und dabei bin ich komischerweise schneller und produktiver als an Tagen, an denen ich richtig gut gelaunt bin.

Müssen wir also öfter schlecht gelaunt sein?

Natürlich nicht. Gute Laune hat ebenso viele Vorteile: Sie fördert unser kreatives Denken, macht uns offen für Neues und ist besonders wichtig für gelingende soziale Interaktionen – gerade im Alltag oder im Job.

Aber: Wir können ab jetzt gelassener mit schlechter Laune umgehen. Denn – und dabei ist nicht von chronischer Niedergeschlagenheit die Rede – gelegentliche schlechte Stimmung ist nicht nur normal, sondern kann sogar hilfreich sein. Statt sie zu unterdrücken, dürfen wir sie einfach rauslassen und produktiv einsetzen. Schlechte Laune ist also kein Gegner, sondern manchmal genau das, was wir brauchen.