Bewerbungsgespräch: „Haben Sie sich noch woanders beworben?“: Das ist die perfekte Antwort
Die Frage nach anderen Bewerbungen versetzt viele im Bewerbungsgespräch in Panik. Weder will man illoyal wirken noch uninteressant. Wie also antwortet man richtig?

Die Frage nach anderen Bewerbungen versetzt viele im Bewerbungsgespräch in Panik. Weder will man illoyal wirken noch uninteressant. Wie also antwortet man richtig?
Viele empfinden die Frage „Haben Sie sich noch woanders beworben?“ im Bewerbungsgespräch als unangenehm. Sie glauben, auf keinen Fall sagen zu dürfen, dass sie sich noch woanders beworben haben und deshalb lügen zu müssen. Dabei kann genau das Gegenteil richtig sein.
Anstatt sich durch die Frage verunsichern zu lassen oder gar in Panik zu geraten, sollten Bewerberinnen und Bewerber sie als Chance sehen, ihre Professionalität und Souveränität unter Beweis zu stellen. Ehrlichkeit könnte sich sogar auszahlen.
Frage hat pragmatischen Hintergrund
Dass viele sich bei der Frage nach anderen Bewerbungen erst mal unwohl fühlen, liegt laut Bewerbungscoach Volker Klärchen daran, dass sich die Bewerber der Firma schon ein Stück weit verpflichtet fühlen. „Jeder Bewerber möchte der Firma im Gespräch vermitteln, dass er der Richtige für diese Position ist, womöglich sogar der einzig Richtige“, sagt er zu Capital. Wenn die Firma dann plötzlich frage, ob es auch noch andere Bewerbungen gibt, fühle man sich ertappt. „Fast so, als hätte einen der eigene Partner beim Fremdgehen erwischt.“ Dabei sei die Frage gar nicht so gemein, wie sie vielleicht klinge.
Der ehemaligen Personalberaterin Ines Schöffmann zufolge ist der Hintergrund der Frage oft schlicht ein pragmatischer, denn Recruiting-Prozesse würden gerne relativ lange dauern. Um einschätzen zu können, wie aktiv jemand auf Jobsuche ist und wie groß die Gefahr, ob jemand in wenigen Wochen nicht mehr verfügbar sein könnte, würden Arbeitgeber nach anderen Bewerbungen fragen. „Die Verantwortlichen wollen natürlich vermeiden, dass Kandidatinnen und Kandidaten ihnen abspringen, weil der Prozess schon so lange dauert“, sagt sie im Gespräch mit Capital. „Gleichzeitig möchte man das Ganze nicht übers Knie brechen und den Erstbesten nehmen. Der Hintergrund dieser Frage ist daher immer zu verstehen, wie weit jemand schon im Prozess ist. Hat jemand vielleicht sogar schon mehrere Angebote?“
Immer sagen: „Ich bin in Gesprächen“
Schöffmanns Erfahrung nach werde aber häufig mehr in „Haben Sie sich noch woanders beworben?“ hineininterpretiert. Eine beliebte Annahme sei etwa, man solle lieber nicht sagen, wenn man sich noch woanders beworben habe, weil es Zweifel an der Motivation wecke. „Das ist unglaublicher Unsinn“, sagt Schöffmann. Sie hält das Gegenteil für richtig. „Ich empfehle sogar, immer zu sagen: Ja, ich bin in Gesprächen oder habe schon Gespräche geführt – auch wenn ich nur diese eine Bewerbung laufen habe.“ Das sei genau das, was jeder gute Verkäufer tun würde und als Bewerber verkaufe man schließlich sich selbst. Mit dieser Antwort baue man außerdem Zeitdruck auf.
Dazu erwarten Arbeitgeber, dass sich gute Kandidaten mehrere Optionen offenhalten. Schöffmann zufolge könne es beinahe unglaubwürdig wirken, sich nur bei einem Unternehmen beworben zu haben. „Es macht einen als Bewerber oder Bewerberin interessanter, wenn man sagt, man ist bereits in Gesprächen“, sagt Schöffmann. „Wenn das Unternehmen merkt, man ist für andere Firmen auch interessant, ist das ein Vorteil.“ Daher könne man ruhig sagen, wenn man schon ein oder mehrere Angebote hat.
Allerdings sollte man eher offen als konkret antworten. „Man darf sich nie dazu hinreißen lassen, genaue Zahlen oder gar Unternehmen zu nennen. Das bleibt immer das Geheimnis der Bewerber“, sagt Klärchen. Eine gute Antwort könnte seiner Meinung nach lauten: „Ja, ich habe mich natürlich auch noch bei anderen Unternehmen beworben. Aber die Position bei Ihnen finde ich aus Grund xy besonders spannend.“ Oder man könne sagen, es sei einem aber ganz wichtig, dass man eine wirklich fundierte Entscheidung treffe. „Das kommt auch sehr gut rüber“, empfiehlt Schöffmann.
Lügen verunsichert beim Bewerbungsgespräch
Von Lügen raten beide Coaches allerdings ab, etwa wenn jemand gar keine Gespräche führt, aber behauptet, schon mehrere Angebote zu haben. Wenn es dann noch vom Lebenslauf her wenig Sinn ergebe, könne es schnell unglaubwürdig wirken. „Die meisten Menschen sind eher verunsichert, wenn sie lügen müssen. Das ist keine gute Voraussetzung in einem Vorstellungsgespräch und kostet zudem viel Energie“, sagt Schöffmann. Daher sei es immer besser, möglichst nahe an der Wahrheit zu bleiben.