Bernd Ziesemer: Europa tappt im Handelskrieg in die China-Falle

Gemeinsam mit Chinas Machthaber Xi Jinping gegen US-Präsident Donald Trump? Diese Taktik gewinnt in Europa an politischem Zuspruch. Ein gefährlicher Irrweg

Apr 14, 2025 - 12:40
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Bernd Ziesemer: Europa tappt im Handelskrieg in die China-Falle

Gemeinsam mit Chinas Machthaber Xi Jinping gegen US-Präsident Donald Trump? Diese Taktik gewinnt in Europa an politischem Zuspruch. Ein gefährlicher Irrweg

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping nutzte den Besuch des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez am vergangenen Freitag, um die Europäer zu umgarnen. Die EU und China sollten sich „gemeinsam gegen die Schikanen“ der USA im Handelskrieg wehren, verkündete der Diktator. Gleichzeitig warben Mitglieder seines innersten Kreises in Telefonaten mit ihren jeweiligen Ansprechpartnern in Brüssel, Berlin und Paris für eine enge Abstimmung im Kampf gegen Trumps Strafzölle.

In Europa gibt es nicht wenige, die auf die Sirenenrufe aus Beijing hören. Und das gilt keineswegs nur für den besonders China-freundlichen Spanier Sánchez. Die Spitzen der EU-Institutionen wollen schon bald in die Volksrepublik zu einem direkten Gespräch mit Xi Jinping reisen. Und auf den ersten Blick macht das ja auch Sinn: Mit seiner irren und unberechenbaren Zollpolitik hat Trump der ganzen Welt den Wirtschaftskrieg erklärt. Was liegt da näher als eine gemeinsame Front zu bilden?

Die Europäer sollten dieser Versuchung bei aller Wut auf Washington widerstehen. Dafür sprechen mindestens fünf Gründe: 

  • Erstens ist ein Teil der amerikanischen Kritik an der chinesischen Exportflut mehr als berechtigt: Unter Xi Jinping hat China den „systematischen Diebstahl geistigen Eigentums verstärkt, den Transfer von westlichen Technologien erzwungen, neue Marktzugangsbarrieren für Ausländer errichtet und seine Industriesubventionen massiv erhöht“, schreibt der ehemalige Vize-Chef des US–Sicherheitsrats, Matt Pottinger zu Recht. Auch die Europäer leiden massiv darunter.
  • Zweitens verfolgen die Chinesen eine aggressive gefährliche Außenpolitik, die sich auch gegen die Interessen der EU richtet. Wladimir Putins Kriegsmaschinerie in der Ukraine wäre längst ohne den Strom von chinesischer Dual-Use-Technik zusammengebrochen. 
  • Drittens sind die Chinesen gerade dabei, ihre Exporte nach Europa umzulenken, um den Verlust des amerikanischen Marktes zu kompensieren. Die Stahlindustrie kann ein Lied davon singen. Es ist bei aller taktischen Freundlichkeit, die Xi Jinping gegenüber den Europäern anschlägt, nicht zu erkennen, dass China Zurückhaltung übt. 
  • Viertens bleibt Europa in vielen Fragen auf das transatlantische Bündnis angewiesen – so schwer es gegenwärtig auch ist, eine gemeinsame Politik mit Trump zu formulieren. Schon in zwei Jahren könnte die Lage deutlich anders sein, falls die Demokraten die nächsten Kongresswahlen gewinnen. Wir sollten deshalb alles vermeiden, um in den USA den Eindruck zu erwecken, wir strebten ein strategisches Bündnis mit China an. 
  • Fünftens wächst mit der Entkopplung zwischen den USA und China die Gefahr eines chinesischen Angriffs auf Taiwan, der verheerende geostrategische und weltwirtschaftliche Folgen hätte. Um ihn abzuwenden, müssen die Europäer immer wieder signalisieren, dass sie in diesem Fall an der Seite der USA, Japans und Südkoreas bei der Verteidigung der Inselrepublik stehen würden.

Es ist schwer, in diesen Wochen einen kühlen Kopf zu behalten. Trumps Politik stürzt die Welt in unsinnige Konflikte – etwa um den Panama-Kanal, Grönland oder Kanada. Bündnisse sind notwendig, zum Beispiel eine engere Zusammenarbeit mit Kanada. Aber nicht mit China.