Trumps Zölle: „In die USA zu gehen, löst das Problem nicht“
Donald Trump verhängt Zölle auf Stahl und Aluminium, die nächste Drohung lauert schon. Ökonom Julian Hinz erklärt, was die Zölle bedeuten – und wie Europa reagieren kann

Donald Trump verhängt Zölle auf Stahl und Aluminium, die nächste Drohung lauert schon. Ökonom Julian Hinz erklärt, was die Zölle bedeuten – und wie Europa reagieren kann
Capital: Herr Hinz, lange gab es die Drohung – jetzt hat Donald Trump Zölle auf Stahl und Aluminium verhangen. Zum ersten Mal in seiner aktuellen Amtszeit trifft Trump damit auch die Europäische Union direkt. Sind wir vollends im Handelskrieg angekommen?
JULIAN HINZ: Die Definition eines Handelskriegs ist komplex. Auf jeden Fall sind solche Zölle auf Stahl und Aluminium, die die USA jetzt verhangen haben, nicht neu. 2018 gab es schon einmal vergleichbare Zölle und damals gab es auch schon Gegenmaßnahmen der EU. Zwar hatten sich beide Parteien unter Joe Biden auf ein Moratorium geeinigt, aber das wäre ohnehin im März ausgelaufen. Diese Zölle kommen also nicht komplett unerwartet.
Trotzdem scheinen sie ein Problem zu sein, vor allem für die in Deutschland so politische Stahlindustrie. Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler sagte, die Maßnahmen träfen die Industrie in mehrfacher Hinsicht und zur Unzeit. Übertreibt er also?
Nein, die gesamte Industrie und damit auch die Stahlbranche strauchelt. Gleichzeitig muss man sagen: Die gesamtwirtschaftlichen Effekte von diesen Zöllen sind nicht so dramatisch.
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Das müssen sie erklären.
Da die Zölle nicht-diskriminierend sind, treffen sie alle Handelspartner der USA gleichermaßen. Damit wird es für alle Firmen, die in die USA exportieren, gleichermaßen teurer. Die amerikanische Stahlindustrie ist jetzt zwar im Vorteil, die Konsumenten in den USA waren zuletzt aber ohnehin zu 80 Prozent mit heimisch produziertem Stahl bedient worden. Für einzelne Branchen ist die neue Situation problematisch, gesamtwirtschaftlich sind die Effekte aber nicht groß.
Trump hat bereits die nächste Drohkulisse aufgebaut: Er spricht von „reziproken Zöllen“, die am Dienstag oder Mittwoch verhängt werden könnten. Was hat es damit auf sich?
Letztendlich werden die Zölle einfach angeglichen: Derzeit erhebt die EU für bestimmte Autos Importzölle von zehn Prozent, die USA aber nur Zölle in Höhe von 2,5 Prozent. Die USA dürften sich also anschauen, wo es diese Zollunterschiede gibt und dann ihrerseits die Zölle erhöhen – bei den Autos also auch auf 10 Prozent. Das dürfte viele Produkte betreffen, denn insgesamt haben die USA relativ niedrige Einfuhrzölle.
Die EU-Kommission hat in Aussicht gestellt, auf die neuen Zölle zu reagieren. Wie konkret, ist aber noch unbekannt. Welche Maßnahmen erwarten Sie?
Es scheint auf ähnliche Gegenzölle wie 2018 hinauszulaufen: Harley Davidson, Whiskey und Erdnussbutter. Und ehrlicherweise hat es damals auch funktioniert: Danach gab es einen Deal mit den USA.
Allerdings ist fraglich, ob Motorräder und Whiskey Trump ein zweites Mal beeindrucken. Hat Brüssel noch andere Möglichkeiten?
Gerade bei den reziproken Zöllen könnte man auch sagen: Alles klar, dann senken wir jetzt unsere Zölle gegenüber allen Handelspartnern – und dann von den USA ebenfalls eine Senkung verlangen. In vielen Branchen würde man weniger Protektionismus begrüßen, gerade in der Autoindustrie.
Wie sollten denn die Unternehmen auf diese immer höheren Zölle reagieren? Die Kosten einfach auf die Konsumenten umschichten oder die Produktion tatsächlich in die USA verlagern?
In die USA zu gehen, würde bei vielen Unternehmen das Problem wohl nicht lösen. Viele Vorleistungsprodukte, die ich für meine Produktion brauche, kommen weiterhin aus anderen Ländern. Gerade werden ja Zölle auf alles erhoben, also würde auch die Produktion in den USA teurer. Das macht Investitionen nicht so attraktiv. Wie die Unternehmen reagieren, hängt sehr vom Produkt ab. Je weniger Konkurrenz das Produkt in den USA hat, desto wahrscheinlicher ist, dass die Zölle einfach weitergegeben werden – die Konsumenten können dann ohnehin nicht ausweichen. Wenn die amerikanische Konkurrenz aber wettbewerbsfähig ist, kann es durchaus Sinn machen, einen Teil der Zölle selbst zu schultern.
Im Moment scheint es jedenfalls darauf hinauszulaufen, als würden wir um reziproke Zölle nicht umhinkommen. Lässt sich etwas aus der Vergangenheit lernen, wie mit der aktuellen Situation umzugehen ist?
Man müsste schon sehr weit zurückschauen, die USA hatten solche Zölle mal in den 1930er Jahren. So ein hohes Zollniveau wie damals hat es danach lange nicht gegeben. Aber das hat eben einen Grund: Der Handel hat uns allen Wohlstand bereitet, insbesondere den Amerikanern. Sie fragen Produkte nach und die Unternehmen importieren aus dem Ausland, um diese Produkte in den USA zu produzieren. Das hat auf beiden Seiten Wohlstand generiert. Was jetzt passiert, ist also sicherlich nicht zum Allgemeinwohl.