Trump-Regierung: 100 Tage Musk: Das ist die Bilanz seiner Effizienzbehörde Doge
Elon Musk sollte für Donald Trump aufräumen. Doch die bisher eingesparte Summe ist überschaubar. Stattdessen sorgt er mit seiner Effizienzbehörde für Engpässe an vielen Stellen

Elon Musk sollte für Donald Trump aufräumen. Doch die bisher eingesparte Summe ist überschaubar. Stattdessen sorgt er mit seiner Effizienzbehörde für Engpässe an vielen Stellen
Rund 100 Tage nach dem Start der US-Behörde für Regierungseffizienz unter Leitung des Milliardärs und Regierungsbeauftragten Elon Musk fällt die Bilanz nüchtern aus. Die Maßnahmen von Doge (Department of Government Efficiency) führten nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters in mindestens 20 Fällen unter anderem zu Engpässen in der öffentlichen Beschaffung, längeren Wartezeiten bei der Sozialversicherung und Abwanderung von Fachkräften.
US-Präsident Donald Trump hat einen radikalen Kosten- und Personalabbau in den Bundesbehörden angeordnet, weil der Regierungs- und Verwaltungsapparat seiner Ansicht nach von Betrug und Verschwendung geplagt ist. Federführend ist sein Berater Musk, der mit der Senkung der Staatsaufgaben betraut ist.
Der Umbau wirbelt die Strukturen der Behörden durcheinander und sorgt dafür, dass einiges ins Stocken gerät. Bei der US-Sozialversicherungsbehörde SSA sind etwa Juristen, Statistiker und andere hochrangige Angestellte von der Zentrale in Baltimore in Regionalbüros versetzt worden, um dort erfahrene Sachbearbeiter zu ersetzen. Sie waren von der Regierung von US-Präsident Donald Trump entlassen worden oder hatten Abfindungen angenommen. Doch die meisten der Neuankömmlinge wüssten nicht, wie man diese Arbeit erledige, sagen zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Dies führe etwa zu längeren Wartezeiten für Leistungsempfänger.
Ein SSA-Mitarbeiter reagierte ausweichend auf eine Anfrage und erklärte per E-Mail, die versetzten Mitarbeiter „verfügen über umfassendes Wissen über unsere Programme und Dienstleistungen“.
Steuererklärung: Computer der Steuerbehörde stürzen wegen Überfüllung ab
Auch bei der Steuerbehörde IRS hinterlassen die Eingriffe Spuren. Seit Trump die Rückkehr aus dem Home-Office in überfüllte Büros angeordnet habe, sei das Internet so instabil, dass die Mitarbeiter auf private Hotspots zurückgreifen müssten, erklären zwei IRS-Beamte. Mitten in der Hochphase der Bearbeitung der Steuererklärungen stürzten deshalb ihre Computer ab. Die IRS reagierte nicht auf eine Anfrage.
Ein Sprecher des Weißen Hauses zog allerdings eine positive Zwischenbilanz und sagte auf Anfrage, dass Musks Team „bereits die Regierungstechnologie modernisiert, Betrug verhindert, Prozesse gestrafft und Einsparungen in Milliardenhöhe für die amerikanischen Steuerzahler identifiziert hat“. Konkrete Beispiele für Verbesserungen der Computersysteme der Regierung oder der Arbeitseffizienz nannte er jedoch nicht.
Expertin: Musk hat bisher nur 5 Mrd. Dollar eingespart
Nach Einschätzung von Jessica Riedl von der Denkfabrik Manhattan Institute hat die Behörde bisher nur 5 Mrd. Dollar eingespart. Sie gehe davon aus, dass sie am Ende mehr kosten als einsparen werde. „Doge ist keine ernsthafte Angelegenheit“, lautet ihr Fazit.
Nach einem Gewinneinbruch bei seinem Autokonzern Tesla hat Musk angekündigt, wieder mehr für seine Firmen als für die US-Regierung arbeiten zu wollen. Ab kommendem Monat werde er nur noch 40 Prozent seiner Zeit mit der Kostensenkungsbehörde verbringen. Trump hatte ihn zum Sonderbeauftragten der Regierung für Einsparungen bis hin zur Auflösung von Behörden ernannt. In dieser Funktion leitet er auch Doge. Vorgesehen war zunächst eine 130-tägige Amtszeit für Musk bis Ende Mai. Regierungsexperten erwarten dennoch, dass die Kostensenkungen fortgesetzt werden.
Doge-Team arbeitet streng geheim – Angaben auf Website fehlerhaft
Musk und seine Stellvertreter haben bisher kaum Beweise dafür vorgelegt, dass die Regierung durch die Massenentlassungen und gekündigten Regierungsverträge effizienter arbeitet. Doge-Teams, die sich in eine Vielzahl von Regierungsbehörden und deren Computersysteme eingearbeitet haben, arbeiten unter großer Geheimhaltung, wie Dutzende Regierungsmitarbeiter gegenüber Reuters sagen. Eine Doge-Website, die regelmäßig über angebliche Einsparungen für US-Steuerzahler informiert und diese auf bisher 160 Mrd. Dollar taxiert, war voller Fehler und Korrekturen.
Das Weiße Haus verweist auf Beispiele für Kosteneinsparungen, darunter die Aufdeckung von mehr als 630 Mio. Dollar an Krediten aus den Jahren 2020 bis 2021, die die US-Behörde für kleine Unternehmen (SBA) an Antragsteller vergeben hat, die ausweislich der Unterlagen älter als 115 Jahre und jünger als elf waren. Zudem nennt es 382 Mio. Dollar an betrügerischen Arbeitslosenzahlungen durch das Arbeitsministerium seit 2020 und die Kürzung von 18 Mio. Dollar an Mietkosten bei der Umweltschutzbehörde EPA durch den Umzug von Mitarbeitern aus einem Gebäude in Washington. Reuters konnte diese Behauptungen nicht unabhängig überprüfen. Doge selbst reagierte nicht auf Anfragen.
Um Kosten zu senken, hat Doge nach eigenen Angaben fast 500.000 Regierungskreditkarten gekündigt und viele andere mit einem Limit von einem Dollar belegt. In einigen Behörden wurden Entscheidungsprozesse zentralisiert, wodurch Manager in manchen Regionalbüros keine grundlegenden Materialien mehr kaufen können.
In einem Zentrum des Instituts für arbeitsmedizinische Forschung (NIOSH) benötigte ein Wissenschaftler einen Monat, um die Genehmigung für den Kauf von Trockeneis im Wert von 200 Dollar zu erhalten. Damit sollten Urinproben konserviert werden – ein Einkauf, der normalerweise in einem lokalen Supermarkt getätigt wird. Da die Verwaltung vielen Mitarbeitern Einkäufe untersagt hat, bezahlte das Trockeneis ein Kollege aus einem anderen Regionalbüro, der noch über eine gedeckte Regierungskreditkarte verfügte, wie ein Insider sagt. Das Trockeneis habe jedoch ins Labor verschickt werden müssen – für zusätzliche 100 Dollar. Die Behörde CDC, die das NIOSH beaufsichtigt, reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage. Doge und die US-Regierung haben vielen Behörden die Kommunikation nach außen untersagt, während sie Tausende von Bundesverträgen stoppen.
Trump hat Entwicklungshilfe gestrichen
Die US-Entwicklungshilfeagentur USAID ist eine weitere Behörde, die im Visier von Trump und dessen Berater Musk steht. Doge hat die Entwicklungshilfe weitgehend stillgelegt und mehr als 80 Prozent der humanitären Programme von USAID gestrichen, auf die Millionen Menschen rund um die Welt angewiesen sind. Fast alle Mitarbeiter von USAID werden bis September entlassen, alle Auslandsbüros geschlossen, wobei einige Funktionen vom Außenministerium übernommen werden.
Im Inland hat die Regierungsumstrukturierung nach einer Reuters-Zählung zur Entlassung, zum Rücktritt und zur Frühpensionierung von 260.000 Beamten geführt. Nur wenige Beamte und Regierungsexperten bestreiten, dass Effizienzsteigerungen im Regierungs- und Verwaltungsapparat möglich sind. Ihnen zufolge gibt es aber bereits Personen innerhalb der Verwaltung, die versuchen, Steuergelder zu sparen. So hat etwa Christi Grimm, die als Generalinspekteurin des Gesundheitsministeriums entlassen wurde, nach eigenen Angaben in drei Jahren durch Prüfungen und Betrugsermittlungen 14,5 Mrd. Dollar zur Rückgewinnung identifiziert. „Handfestes Geld, das voraussichtlich an das US-Finanzministerium zurückfließen wird.“