Spionage chancenlos: Wie Quantenkommunikation den Datentransport künftig sicherer machen könnte
Ist das die Kommunikation der Zukunft? Über 250 Kilometer senden Forschende Quantenbotschaften quer durch Deutschland – durch Glasfaserkabel, ohne Speziallabor

Ist das die Kommunikation der Zukunft? Über 250 Kilometer senden Forschende Quantenbotschaften quer durch Deutschland – durch Glasfaserkabel, ohne Speziallabor
Was die Forschenden um den Physiker Mirko Pittaluga jüngst durch das deutsche Glasfasernetz jagten, war weit mehr als nur Daten. Jeder Lichtpuls, jedes Photon nahm in Frankfurt eine Quanteninformation auf, trug sie den Rhein entlang, vorbei an Mannheim und Karlsruhe, durch einen Verstärker auf halber Strecke, um sie schließlich in Kehl an der französischen Grenze abzuliefern. 254 Kilometer durch Glas, unter Straßen und Flüssen hindurch, abhörsicher nach den Gesetzen der Quantenphysik.
Was hier geschehen ist, beschreibt das Forschungsteam in der Fachzeitschrift "Nature". Zum ersten Mal ist es in diesem Maßstab gelungen, Quantenkommunikation über kommerzielle Telekommunikationsinfrastruktur zu führen. Ohne Laborbedingungen also, ohne die bisher benötigte kryogene Kühlung, stattdessen mit Datenzentren und Leitungen, wie sie auch für den ganz normalen Internetverkehr verwendet werden.
Quanten lassen Abhörversuche auffliegen
Quantenkommunikation verspricht das, was klassische Verschlüsselung nie vollständig garantieren kann: absolute Sicherheit. Denn jede Messung an einem Quantensystem, jeder Abhörversuch verändert es verräterisch.
Grundsätzlich läuft das so: Zwei Kommunikationspartner, in der Quantenliteratur für gewöhnlich "Alice" und "Bob" genannt, wollen sich eine Botschaft schicken. Alice verschlüsselt die Information in Frankfurt und schickt sie als Zahlenreihe aus Nullen und Einsen, also im Binärcode zu Bob nach Kehl. Den verwendeten Schlüssel, eine ebenso lange Zahlenreihe aus Nullen und Einsen, schickt Alice anschließend mittels Quantenteilchen, zum Beispiel Photonen, durch die Glasfaserleitung zu Bob. Die beiden machen sich messbare Zustände dieser Lichtquanten zunutze, üblicherweise deren Polarisation – die Schwingungsrichtung des Lichts. Nach einem Abgleich kann Bob die ursprüngliche Botschaft entschlüsseln.
Versucht nun eine dritte Person, üblicherweise "Eve" genannt, den Schlüssel in der Mitte der Leitung abzugreifen, können Alice und Bob das mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen. Die Regeln der Quantenphysik wollen es so: Bei jedem Versuch, die Polarisation der abgefangenen Photonen unbemerkt zu messen, läuft Eve Gefahr, diese zu verändern und sich so zu verraten.
Keine Laborbedingungen mehr nötig
Weltweit existieren bereits mehrere funktionierende Quantennetzwerke auf Basis dieser Technik – in Japan, China und der Schweiz –, bislang gelang Quantenkommunikation allerdings vor allem unter Laborbedingungen. Auf langen Distanzen wird Licht schwächer, Signale verzerren sich, sind nur mit empfindlichen, tiefgekühlten Apparaturen lesbar. Das Team um Pittaluga verwendete nun jedoch ein besonders robustes Protokoll, das ohne Laborbedingungen und spezielle Kühlung auskommt. Trotz einer hohen Verlustrate gelang den Forschenden während der knapp achtstündigen Testphase ein Informationsaustausch mit rund 110 Datenpunkten (Bits) pro Sekunde.
Für den Alltag ist diese Übertragungsrate noch recht gering. Dennoch verbucht das Team sein Experiment als Erfolg. Nun sei der Beweis erbracht, dass sich sichere Quantenkommunikation in die bestehende Glasfaser-Infrastruktur integrieren lasse.
"Sicherheit in der Kommunikation ist in unserer modernen Welt unerlässlich – jede Textnachricht oder Nachricht an eine Bank ist verschlüsselt", sagt Jens Eisert, Professor für Quanten-Informationstheorie an der Freien Universität Berlin. Quantennetzwerke böten eine von Grund auf neue Sicherheit. "Es sind solche Innovationen", sagt Eisert, "die sichere Quantenkommunikation näher an die kommerzielle Verwertung bringen."
Langfristig, so hoffen Forschende weltweit, könnte mit dieser Technik ein Quanteninternet entstehen – statt einer einzigen Verbindung also ein ganzes Netz sicher miteinander verschränkter Knotenpunkte.