Sportartikelkonzern: „Ein bisschen wie Covid“ – Adidas warnt vor Problemen in den USA

Der Sportartikelhersteller Adidas hat erneut starke Zahlen vorgelegt. Normalerweise hätte Chef Bjørn Gulden auch die Prognose erhöht, wäre da nicht die Unsicherheit in den USA

Apr 29, 2025 - 15:29
 0
Sportartikelkonzern: „Ein bisschen wie Covid“ – Adidas warnt vor Problemen in den USA

Der Sportartikelhersteller Adidas hat erneut starke Zahlen vorgelegt. Normalerweise hätte Chef Bjørn Gulden auch die Prognose erhöht, wäre da nicht die Unsicherheit in den USA

Als US-Präsident Donald Trump am 2. April Zölle gegen die ganze Welt verhängte, verlor nahezu jedes börsennotierte Unternehmen an Wert. Doch selbst innerhalb dieses breiten Abverkaufs wurde eine Branche besonders hart getroffen: Sportartikelhersteller wie Nike, Adidas und On. Die Rechnung dahinter funktioniert denkbar einfach: Weil diese Unternehmen den Großteil ihrer Ware in Asien und vor allem in China produzieren, werden die Importe in die USA deutlich teurer. Diese höheren Preise übersetzten sich dann aber nicht in höheren Umsätzen, sondern in sinkender Nachfrage, befürchteten Investoren und schickten die Aktien daher auf Talfahrt.

Einen knappen Monat später sieht die Lage schon etwas entspannter aus. Donald Trump hat die Zölle für viele Regionen vorerst bei zehn Prozent gedeckelt und auch die Quartalsergebnisse bei vielen Produzenten stimmen zuversichtlich. Und genau diese Zuversicht wollte auch Adidas-CEO Bjørn Gulden auf der Analystenkonferenz zu den jüngsten Quartalszahlen vermitteln. Ja, es gebe Unsicherheiten aus den USA – aber das Geschäft laufe weiter gut, wie schon in den vergangenen Monaten bei Adidas. Wenn alles glattläuft, könnten die restlichen Regionen die negativen Auswirkungen in den USA am Ende mindestens kompensieren. Deshalb hält Adidas auch an seiner Gesamtprognose von 1,7 bis 1,8 Mrd. Euro Ergebnis in diesem Jahr fest. Ohne die Unsicherheit hätte Gulden aber wohl die Prognose angehoben, wie er sagte. Die Aktie reagierte zunächst kaum, gab aber im weiteren Tagesverlauf um 1,7 Prozent nach.

Adidas prüft Lieferketten

Auch für Adidas gilt allerdings, dass das erste Quartal kaum ein Gradmesser für den weiteren Jahresverlauf sein kann. Die großen Verwerfungen durch die Zölle stehen noch aus und bislang können Unternehmen allenfalls mit Annahmen arbeiten. Konkret gehandelt habe Adidas bislang nur bei seinen US-Importen, erklärte Gulden. „Wir haben möglichst viel bis zum Zollstichtag 9. April eingeführt und unsere Lager aufgefüllt“, sagte Gulden. Diese Lager werden zunächst abgebaut und dann geschaut, was ab Juli passiert, wenn die 90-Tage-Schonfrist für die Zölle abläuft. „Unser Szenario ist, dass die Zölle auf dem aktuellen Niveau von zehn Prozent bleiben“, sagte Gulden. 

Es könnte aber definitiv sein, dass es zu vorübergehenden Lieferengpässen kommen wird. „Es ist ein bisschen wie Covid“, sagte Gulden. Alle Importeure warten zunächst ab, was kommt. Und wenn es dann Klarheit geben sollte, werden die Waren gar nicht schnell genug durch die Häfen kommen. Das sei auch unabhängig vom wohl länger schwelenden Handelskrieg zwischen den USA und China so. Für das US-Geschäft spielt Adidas' Produktion in China so gut wie keine Rolle, betonte Gulden erneut. Gerade einmal drei Prozent der Waren für die USA kommen aus China, wo vor allem für den chinesischen Markt selbst produziert wird. Die ursprünglich geplanten Zölle für Vietnam in Höhe von 46 Prozent, träfen Adidas schon deutlich stärker. Deshalb überlege man auch aktuell, wie man die Produktion für die USA reallokiere. Klar sei: Die Preise sollen nur in den USA steigen. Die restliche Welt müsse nicht für Zölle in den USA draufzahlen, so Gulden. 

Gulden strebt Ebit-Marge über 10 Prozent an

Grundsätzlich sieht der CEO Adidas auf einem guten Weg. „Die Marke ist weiter heiß“, sagte er, und verwies auf zahlreiche gut laufende Schuhmodelle und die Running-Sparte. Adidas habe die Hälfte seines Weges beschritten, um ein gesundes Unternehmen zu werden, wie Gulden es formuliert – ein Unternehmen, das dauerhaft über 10 Prozent Ebit-Marge erreicht. Da liegt Adidas mit 9,9 Prozent derzeit noch leicht darunter. 

Wahrscheinlich hätte Adidas die Zielmarke aber auch schon im vergangenen Quartal erreichen können, wenn das Unternehmen nicht so viel Geld in Marketing und Wachstum gesteckt hätte. Allein hier stiegen die Ausgaben um 13,5 Prozent, was sogar über der Wachstumsrate beim Umsatz lag – wobei das Umsatzwachstum letztmalig Yeezy-Absätze enthält. Ohne die Yeezy-Linie von Skandal-Rapper Kanye West, die Adidas bis Dezember noch verkauft hatte, lag das Wachstum in diesem Quartal bei etwa 17 Prozent.

Das zeigt aber auch, warum die Marketingausgaben nötig sind. Adidas muss Innovation liefern, um sich in einem immer härteren Umfeld mit aufstrebenden Konkurrenten wie New Balance, Hoka und On zu behaupten. Nicht zuletzt wird auch Erzrivale Nike irgendwann seinen Innovationsstau hinter sich lassen und in den Angriffsmodus schalten. Adidas sieht sein Wachstumspotenzial weiter im Sport – den Gulden immer wieder als „zentral“ bezeichnet – und in der Retromode. In der Mode rollt Adidas derzeit flache Modelle („Low Profile“) wie Taekwondo, Tokyo und Adiracer aus, die zunächst in Japan und Südkorea erfolgreich waren. Dazu kommt ein Revival des Adidas Superstar-Schuhs. Wichtig sei, so Gulden, dass man sich an die Gegebenheiten vor Ort anpasse.

Adidas strebt in die Breite

Das gelte auch für den Sport. In anderen Ländern würden andere Sportarten bevorzugt, und man könne nicht aus Herzogenaurach befehlen, was gespielt werde, so Gulden. Es gab eine Zeit, da war Adidas Branchenführer in fast allen Sportarten, ehe sich der Konzern auf die lukrativsten fokussierte. Gulden will das zurückdrehen, weil er eine breite Verankerung im Sport als Markenkern von Adidas begreift. Schon im März kündigte er zum Beispiel an, dass Adidas in den Wintersport zurückkehren werde, und selbst für kleinste Nischensportarten gebe es keine Denkverbote. 

Im bestehenden Angebot sieht Gulden Adidas noch längst nicht in der Führungsposition. Gerade im Laufsport, der wichtigsten Wachstumssparte, sei Adidas zwar führend bei Spitzentechnologie wie Carbonschuhen, aber bei Standardschuhen, sogenannten Daily Runnern, allenfalls Mittelmaß. „Das greifen wir jetzt an“, sagte Gulden. Und über allem schwebe natürlich noch König Fußball, der in diesem Jahr aber mit Ausnahme der Frauen-EM wenig Highlights bietet. Hier schielt Adidas eher auf das kommende Jahr, wenn die Weltmeisterschaft in Nordamerika startet – ein letztes Mal dann in Kooperation mit der Deutschen Nationalmannschaft, die ab 2027 in Nike auflaufen wird.