Santa Cruz Reserve 31 DH-Laufräder im Test: Machen Carbon-Laufräder am Downhill-Bike Sinn?
Carbon-Laufräder wie die Reserve 31 DH sind teuer. Lohnen sich Carbon-Felgen für den Downhill-Einsatz oder ist Aluminium besser?

Carbon-Laufräder wie die Santa Cruz Reserve 31 DH-Laufräder sind eine äußerst kostspielige Investition. Lohnt sich der Kauf von Kohlefaser-Felgen für den materialintensiven Downhill-Einsatz oder ist man hier mit Aluminium besser bedient?
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Lohnen sich Carbon-Laufräder am Downhill-Bike?
Noch vor wenigen Jahren fand man Carbon-Laufräder vorrangig an Rennrädern oder XC-Racebikes. Für alles mit Bergab-Orientierung war Aluminium als Laufrad-Material gesetzt. Mittlerweile sieht das allerdings gänzlich anders aus. Im Spec-Sheet der Topmodelle von Trail- und Enduro-Bikes finden sich mittlerweile vorrangig Felgenringe aus Kohlefaser wieder.
Und auch an Downhill-Bikes, der abfahrtslastigsten und materialintensiven Mountainbike-Gattung, sind Carbon-Felgen definitiv keine Seltenheit mehr. Dies kann einem schon etwas Spanisch vorkommen, wenn man sich an die Anfänge der Carbon-Laufräder und deren nicht ganz unverdienten Ruf zurückerinnert. Carbon-Laufräder galten damals, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade als langlebig und zuverlässig. Passend dazu endete meine erste Fahrt auf einem Downhill-Bike mit Carbon-Felge bereits auf der zweiten Abfahrt des Tages an einem kleinen Stein bei ziemlich leichtem Einschlag. In dieser Sekunde hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich gleich mit defekter Felge auf dem Parkplatz stehen würde. Selbst nachdem ich den Luftverlust im Reifen bemerkt hatte, war ich erst mal auf Reifen Flicken getrimmt. Aber der Reifen war heile, die Felge war es nicht. Leider kein Einzelfall. Entsprechend skeptisch habe ich die immer stärkere Verbreitung von Carbon-Felgen im Gravity-Segment fortan betrachtet.
Aber die Uhren drehen sich weiter, Produkte werden besser und im Enduro-Bereich konnte ich mittlerweile durchaus positive Erfahrungen mit Carbon-Felgen sammeln. Also warum nicht mal wieder ausprobieren? Machen moderne Carbon-Felgen am Downhill-Bike Sinn? Oder schmeißt man damit Geld zum Fenster raus?
Der Testkandidat: Reserve 31 DH-Laufräder
Um herauszufinden, ob Carbon-Laufräder am Downhill-Bike sinnvoll sind oder ob man besser bei Aluminium bleibt, habe ich mir einen Satz Reserve 31 DH-Laufräder ins Bike gesteckt. Diese setzen auf eine dezente graue Carbon-Felge, die vor allem durch ihre Speichenloch-Verstärkungen und das asymmetrische Design auffällt. Dies soll für eine erhöhte Haltbarkeit sowie eine gleichmäßige Speichenspannung sorgen. Auffällige Brandings sucht man vergebens. Stattdessen gibt ein kleiner roter Patch die Reserve-Felge als solche zu erkennen. Praktischerweise ist dieser im Ventil-Bereich positioniert und erleichtert dadurch das Finden ebendieses.
- Laufradgröße 29″ / 27,5″ / Mullet
- Einsatzbereich Downhill
- Einbaumaße
- Vorderrad: 20 x 110
- Hinterrad: 12 x 157
- Material Carbon
- Maulweite Felge 31 mm
- Freilauf SRAM XD / Shimano HG
- Naben Industry Nine Hydra / DT Swiss 350
- Gewicht 2.081 g (Mullet mit Industry Nine Hydra Naben)
- www.reservewheels.com
Preis: 2.499 € (UVP) | Bikemarkt: Santa Cruz Reserve kaufen
Die Felge wird von 32 Speichen an Ort und Stelle gehalten und verfügt über eine Innenweite von 31 mm. Der Laufradsatz ist wahlweise in 29″, Mullet oder 27,5″ erhältlich. Zudem hat man die Wahl zwischen Industry Nine Hydra- oder DT Swiss 350er-Naben. Natürlich stehen XD- und HG-Freilaufkörper zur Wahl. Das Gewicht unseres MX-Testlaufradsatzes mit 29″ Vorder- und 27,5″-Hinterrad sowie Industry Nine Hydra-Naben beläuft sich auf 2.081 g. Die einzelnen Carbon-Felgen wiegen je nach Laufradgröße 560 g (29″) oder 530 g (27,5″). Preislich liegt der Laufradsatz inklusive Hydra-Naben bei stolzen 2.499 €. Die Variante mit DT Swiss 350er-Naben ist mit 1.799 € deutlich preiswerter angesiedelt. Im Lieferumfang ist zudem ein Set Reserve Fillmore-Ventile inkludiert.
Testablauf
Für den Test bin ich die Reserve 31 DH-Laufräder auf diversen DH-Strecken in Graz, Maribor, Schladming, Morzine und Lac Blanc mit Schwalbe Tacky Chan DH-Reifen gefahren. Als Aluminium-Referenz diente mir dabei einerseits ein selbst aufgebauter Satz mit DT Swiss FR541 Felgen sowie ein Reserve HD AL-Laufradsatz. Im ersten Teil des Testzeitraums mussten die Carbon-Felgen dabei ihre Haltbarkeit ohne Insert unter Beweis stellen. Im späteren Testverlauf ist dann ein CushCore-Reifeninsert ins Hinterrad gewandert, um eine optimale Vergleichbarkeit mit meinem selbst aufgebauten Aluminium-Laufrad zu bieten, in dem ebenfalls ein solches verbaut ist. Die CushCore-Inserts wurden uns für den Test freundlicherweise von Shocker Distribution zur Verfügung gestellt.
Auf dem Trail
Haltbarkeit
Glücklicherweise verlief meine zweite Begegnung mit Carbon-Laufrädern am Downhill-Bike deutlich erfreulicher und erfolgreicher als die letzte. Die Reserve-Laufräder überlebten nicht nur die erste und zweite Abfahrt, sondern sogar den ganzen Testzeitraum absolut problemlos. Dabei wurden die Laufräder keinesfalls geschont und so manche etwas wilde oder eher unpräzise Linie, vor der ich mit selbst bezahlten oder aufgebauten Laufrädern eher zurückgeschreckt wäre, gern in Kauf genommen.
Dass die Felgen das Ganze komplett unbeschadet überstanden haben, ist natürlich sehr positiv. Viel mehr hat mich allerdings überzeugt, dass die Speichenspannung nach wie vor auf dem gleichen Niveau wie bei der Auslieferung liegt. An Downhill-Bikes sind sich lösende Speichen nichts Unübliches und eher Regel als Ausnahme. Die Carbon-Laufräder haben sich davon aber komplett unbeeindruckt gezeigt; ich musste nicht eine Speiche nachziehen. Die Reserve 31 DH-Laufräder laufen absolut rund und stabil. Höhen- oder Seitenschläge? Fehlanzeige. Dies ist ein klarer und meiner Meinung nach nicht zu unterschätzender Vorteil von Carbon-Laufrädern, da der steifere Felgenring weniger arbeitet und sich die Speichen dadurch nicht so schnell lockern. In diesem Punkt sind Carbon-Laufräder also sogar stabiler als die Aluminium-Pendants. Natürlich ist eine pauschale Antwort immer nur bedingt zutreffend, hier kommt es natürlich immer stark auf die Aufbauqualität des entsprechenden Laufrads an. Die Tendenz spricht aber für Carbon.
Sind Laufräder aus Carbon also grundsätzlich stabiler als gleichwertige Modelle aus Aluminium? Klares Jein. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Carbon-Laufräder bezüglich Speichenspannung und Rundlauf die Nase vorn haben und auch mit Dellen hat man bei Carbon-Felgen definitiv keine Probleme. Allerdings kündigt sich das Versagen eines Carbon-Laufrades auch nicht vorher an. Bricht die Felge, dann passiert das oft plötzlich und vor allem ohne Chance auf Heilung. Der Tag im Bikepark oder das Rennen ist gelaufen. Hier haben Aluminium-Laufräder die Nase vorn. Auch große Dellen oder Seitenschläge können oft zumindest notdürftig wieder gangbar gemacht werden. Ein komplettes Versagen ist hier eher selten.
Um potenziellen Käufern die Angst vor einer defekten Carbon-Felge zu nehmen, bieten Reserve und viele andere Hersteller eine lebenslange Garantie an. Wird die Felge beim Fahren beschädigt, gibt es Ersatz. Das ist ziemlich cool, kann aber im Falle eines Defekts natürlich nicht kurzfristig helfen. Hier sollte man dann besser ein Ersatzlaufrad im Kofferraum haben.
Fahrgefühl
Doch wie ist es um die Steifigkeit und den Fahrkomfort bestellt? Gerüchten zufolge wird man auf bocksteifen Carbon-Laufrädern ordentlich durchgerüttelt, während man sich mit Aluminium-Laufrädern geschmeidig gen Tal schlängelt. Das stimmt so pauschal natürlich nicht. Auch hier gilt: es kommt immer auf die einzelnen Produkte an. Die von mir getesteten Santa Cruz Reserve DH31-Laufräder sind keinesfalls bocksteif und können mit einem ausgewogenen, aber direkten Fahrverhalten punkten. Allerdings sind meine zum Vergleich herangezogenen Aluminium-Laufräder eine Spur komfortabler unterwegs. Wer also auf maximalen Komfort setzen will, wird vermutlich mit der Metallvariante glücklicher.
Gewicht
Dass Carbon automatisch leicht ist, ist in der Mountainbike-Gesetzgebung fest verankert. Bei Laufrädern, gerade im Gravity-Bereich, gilt dieser Leitsatz aber nur bedingt. Die robusten Laufräder aus Carbon wiegen in der Regel nicht weniger als ein Aluminium-Laufradsatz. Im Santa Cruz-internen Vergleich bringt ein Reserve HD AL-Laufrad sogar etwas weniger Gewicht auf die Waage als der Carbon DH31-Konterpart.
Preis
Während sich beim Gewicht keine großen Unterschiede auftun, sieht dies beim Preis wiederum ganz anders aus. Carbon-Laufräder sind in der Regel signifikant teurer als die Modelle aus Aluminium. Zieht man erneut den Vergleich von Reserve HD AL und Reserve DH31 zurate, dann steht hier eine Preisdifferenz von mindestens 1.100 € zu Buche.
Fazit
Carbon-Laufräder punkten am Downhill-Bike entgegen der landläufigen Meinung nicht etwa durch ihr geringes Gewicht, sondern mit ihrer Stabilität. Statt losen Speichen und Dellen kann man sich hier über zuverlässigen Rundlauf und eine robuste Speichenspannung freuen. Das macht die Laufräder sehr wartungsarm. Kommt es trotzdem mal zum Defekt, lässt sich die Felge allerdings nicht retten und der Bikepark-Tag ist vorbei. Dies wird zwar oft von der Garantie abgedeckt, ist aber trotzdem ziemlich ärgerlich. Ein nicht wegzudiskutierender Punkt ist zudem der hohe Preis. Hier zahlt man deutlich mehr als für vergleichbare Aluminium-Laufräder.
Machen Carbon-Laufräder im Gravity-Bereich also Sinn, oder nicht? Wenn Geld eine untergeordnete Rolle spielt, lässt sich die Frage für mich ganz klar mit Ja beantworten. Man bekommt hier einfach ein wartungsarmeres Sorglos-Paket als bei Aluminium.
Wirft man jedoch den hohen Anschaffungspreis mit in den Topf, so schlägt das Pendel zur anderen Seite aus.

Pro / Contra
Stärken
- keine Probleme mit Seitenschlägen oder lockeren Speichen
- hohe Stabilität
- defekte Felgen werden bei vielen Herstellern als Garantiefall ersetzt
Schwächen
- sehr hoher Preis
- defekte Felge nicht reparierbar/p>
Carbon oder Aluminium – auf welches Material vertraust du bei deinen Laufrädern?