Personalauswahl: Red Flags im Bewerbungsgespräch: Diese Fragen schrecken Kandidaten ab

Die falschen Fragen können Bewerberinnen und Bewerber im Vorstellungsgespräch abschrecken. Wie persönlich und wie ehrlich dürfen Personalverantwortliche werden?

Apr 8, 2025 - 13:07
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Personalauswahl: Red Flags im Bewerbungsgespräch: Diese Fragen schrecken Kandidaten ab

Die falschen Fragen können Bewerberinnen und Bewerber im Vorstellungsgespräch abschrecken. Wie persönlich und wie ehrlich dürfen Personalverantwortliche werden?

Im Bewerbungsgespräch steht nicht nur der Kandidat oder die Kandidatin auf dem Prüfstand. Es ist auch eine Chance für die Bewerber, einen ersten Eindruck vom Unternehmen zu gewinnen. Fast 90 Prozent der Bewerber gaben Anfang des Jahres in einer Umfrage des Jobportals Stepstone an, dass sie sich maßgeblich anhand eines bewerberfreundlichen Prozesses für oder gegen ein Jobangebot entscheiden. 

Gerade in Zeiten und Branchen, in denen es schwierig ist, qualifizierte Personen von sich zu überzeugen, sollten Unternehmen daher aufpassen, Bewerberinnen und Bewerber nicht durch abschreckende Fragen zu vergraulen. Kürzlich berichtete ein Bewerber auf der Plattform Reddit, dass er nach der Frage „Wie gehen Sie mit unbezahlten Überstunden um?“ einfach aufgestanden und gegangen sei. Das ist nur eine der Fragen, die Personalverantwortliche im Bewerbungsgespräch noch vermeiden sollten.

Nicht zu persönlich werden

Einige Fragen sind schon aus rein rechtlichen Gründen schwierig. Dazu gehören Fragen zur Familienplanung, Religionszugehörigkeit, sexuellen Orientierung, politischen Einstellung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sagt Stephan Both, bei Stepstone verantwortlich für den Recruiting-Prozess. Kaan Bludau, Personalberater und Gründer von Bludau Partners, hält Fragen dieser Art darüber hinaus für unprofessionell und respektlos. 

Durch persönliche oder irrelevante Fragen würden sich Bewerber in eine unangenehme Lage versetzt fühlen, was das Vertrauen in das Unternehmen untergrabe. „Grundsätzlich sollten Personalerinnen und Personaler Fragen vermeiden, die eine bestimmte Weltanschauung, die Religion, die politische Einstellung oder das Alter thematisieren“, sagt er zu Capital. „Auch Fangfragen oder unangemessene Fragen zu privaten Lebensumständen sind ein absolutes Tabu.“

Auch „unnötiges Herumreiten auf Details zur Vergangenheit“ sei nicht ratsam, denn es signalisiere Misstrauen. „Natürlich interessiert es Unternehmen, warum man den Arbeitgeber gewechselt hat. Aber hartnäckiges Nachfragen, Skepsis oder Suggestivfragen, wie ,Welche Probleme hatten Sie denn mit Ihrem letzten Chef?’ zeigen nur Unsicherheit und wirken weder motivierend noch vertrauensbildend. „Auch wenn Bewerberinnen und Bewerber ‚Wie hoch war Ihr letztes Gehalt?‘ hören anstelle von ,Was sind Ihre Gehaltsvorstellungen?’, sollten sie vorsichtig sein“, sagt Bludau.

Kein Loyalitäts- und Stresstest

Ein weiterer schwieriger Punkt ist seiner Erfahrung nach gerade bei jüngeren Bewerbern das Thema Loyalität. Während die Frage nach einem gewissen Zugehörigkeitsgefühl zu einem Arbeitgeber früher ohnehin beinahe überflüssig gewesen sei, weil Mitarbeitende einen langfristigen Arbeitsplatz suchten, könnte sie heute abschreckend wirken. „ ,Wie lange planen Sie bei uns zu bleiben?’ wirkt weniger wie eine Einladung, hier einen langen, sicheren Teil des Berufslebens zu verbringen, sondern eher einengend und damit abweisend“, sagt der Experte.

Außerdem hält Bludau wenig von den „klassischen Stressfragen“. „Je nach ausgeschriebener Stelle mögen Fragen wie ,Warum sind Sie besser als die anderen, die noch im Flur warten?’ für einzelne Branchen und Positionen interessant sein und Kreativität, Belastbarkeit und Resilienz signalisieren“, sagt er, „ansonsten wirken sie antiquiert und unnötig einschüchternd“. Auch Fragen wie „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ seien oft wenig hilfreich. 

Ähnlich sieht es Karriereexperte Both. Generische Fragen wie „Sind Sie teamfähig?“ seien wenig aussagekräftig. „Besser sind Fragen, die konkrete Herausforderungen der Position widerspiegeln und einen Einblick in den Arbeitsalltag ermöglichen“, sagt er. „Ein Beispiel wäre: Wie würden Sie in einem internationalen Team mit mehreren Nationalitäten zusammenarbeiten? Welche Herausforderungen sehen Sie, und wie würden Sie diese lösen?“

Konstruktiv und konkret fragen

Personalverantwortliche sollten sich also lieber auf Fragen konzentrieren, die tatsächlich Aufschluss über die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber geben. Fragen wie „Erzählen Sie uns von einer Herausforderung, die Sie erfolgreich gemeistert haben“ oder „Was ist Ihnen an Teamarbeit wichtig?“ hält Bludau etwa für zielführend. Er weist außerdem darauf hin, dass Bewerber für Mangerpositionen im Bewerbungsgespräch mit härteren Fragen rechnen müssen als normale Angestellte. 

Verbindlichkeit am Ende

Beim Abschluss des Gesprächs sollte vor allem Klarheit herrschen. Both rät von Formulierungen wie „Wir melden uns bald“ ab. Unverbindlichkeit hinterlasse einen schlechten Eindruck und sorge für Unsicherheit. „Laut einer Stepstone-Studie erwarten 96 Prozent der Bewerbenden eine zeitnahe Rückmeldung“, sagt er. „Mehr als jeder Zweite bricht den Bewerbungsprozess sogar ab, wenn das Unternehmen keine Updates zum Zwischenstand gibt. Eine klare Kommunikation kann hier den Unterschied machen.“