News: Dieter Hecking, Larry Lloyd, Gewalt im Jugendfußball
Dieter Hecking passt nach Bochum wie Dönninghaus und Grönemeyer. Verstanden hat er das erst mit 60 Jahren. Weitere späte Erkenntnisse gibt's im heutigen Newsletter.

Hecking und die große Krönung
Einer Legende nach soll Dieter Hecking mit dichter Haarpracht auf die Welt gekommen sein – und sie seither nie wieder angerührt haben. Seit er in den Achtzigern die Bundesligabühne betreten hat, kennt die Welt ihn mit der immergleichen, durch nichts aus der Form zu bringenden Hecking-Frisur. Beständig, widerstandsfähig, verlässlich. Genau diese Eigenschaften hat er auf die Bochumer Mannschaft übertragen, als er sie im November 2024 übernahm. Diesen Donnerstag gab der Verein bekannt, den Vertrag mit Hecking zu verlängern – sollte der Klub tatsächlich in der 1. Liga bleiben. Es ist die logische Konsequenz einer Entwicklung, die noch vor fünf Monaten kaum jemand für möglich gehalten hätte. Denn was als etwas fantasielose Notlösung begann, hat sich als hervorragendes Match entpuppt. Hecking, geboren in Castrop-Rauxel – einer Stadt, die Bochums berühmtester Straße ihren Namen gibt –, kommt mit seiner unaufgeregten, bodenständigen Art extrem gut an im Pott. Als „Junge aus dem Ruhrgebiet, etwas hemdsärmelig, der nicht den Glamour hat“, wurde er mal beschrieben. Zwischen all den Kompanys und Toppmöllers, die überzeugende Sportartikel-Testimonials abgeben würden, stellt Hecking ein wohltuendes Gegenmodell dar. Er ist der Chuck Taylor unter den feschen, atmungsaktiven Trainern.
Sportlich hat er es geschafft, ein am Boden siechendes Team in den geraden Stand zu hieven. Den nicht immer bundesligatauglichen Philip Hofmann bekam er in die Spur, das Tempo vom aussortierten Gerrit Holtmann konnte er fürs Bochumer Spiel gewinnen und mit Timo Horn hat er ganz einfach den besseren Torwart zur Nummer eins gemacht. Außerdem formte Hecking den aufregendsten Bochumer Kicker, Tim Oermann, zu einem veritablen Bundesligaspieler. Und die Hecking-Tabelle lügt nicht: Seit er an der Bochumer Seitenlinie steht, hat der VfL genau so viele Punkte geholt wie Dortmund und Leipzig. Ob ein Klassenerhalt am Ende der Saison eine Art Krönung für seine Karriere wäre, fragte ihn die Süddeutsche Zeitung in dieser Woche. „Diese Sichtweise würde ich zulassen, das wäre eine historische Rettungsaktion“, antwortete Hecking. Und führte den Aufschwung auch auf eine persönliche Weiterentwicklung zurück: „Ich merke, dass ich mehr Gelassenheit entwickelt habe und so sein kann, wie ich auch privat bin: lockerer und nicht mehr so verbissen.“ Dieter Hecking liefert damit die schöne Erkenntnis, dass ein Mensch sich auch mit 60 Jahren noch teilneuerfinden kann. Und erst spät den Ort finden kann, an den er irgendwie immer gehört hat. Zwischen den Ohren hat sich in den zurückliegenden Monaten also ein bisschen was verändert bei Dieter Hecking. Darüber, auf dem Kopf, bleibt alles, wie es immer war. Vorerst.
Das historische Foto
Wir sind uns leider nicht ganz sicher, was das Foto aus dem Archiv diesmal zu bedeuten hat. Es könnte sein, dass uns der Engländer Larry Lloyd da gerade eine Geste zeigt, die in seinem Land höchst unflätig ist. Vielleicht weist er aber auch einfach nur darauf hin, dass er gerade zum zweiten Mal den wichtigsten Pokal im europäischen Vereinsfußball gewonnen hat. Lloyd gehörte nämlich zur berühmten Elf von Nottingham Forest, die unter Brian Clough erst den Aufstieg in die erste Liga schaffte, dann prompt Meister wurde und schließlich 1979 und 1980 den Europacup holte. Seinen Wechsel von Coventry zu Forest handelte Lloyd übrigens selbst mit Clough aus. Als er den Trainer fragte, ob bei Vertragsunterzeichnung ein Bonus drin wäre, fragte Clough: „Hm. Hast du eine Waschmaschine?“ Lloyd verneinte, und am nächsten Morgen schleppten zwei Angestellte des Klubs ein Gerät in seine Küche, das alles andere als fabrikneu aussah. Wie sich später herausstellte, hatte Clough dem Zeugwart aufgetragen, Lloyd die vereinseigene Maschine aus dem Waschraum zu bringen. Wie Lloyd später sagte, war das der Moment, als er glaubte, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Nun, es ging ja noch alles gut aus für den Verteidiger, der heute vor einem Jahr im Alter von 75 verstarb.
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Fußballvereine sollten sichere Orte sein – doch immer wieder kommt es zu ungewollten Handlungen durch betreuende Personen: Berührungen oder unangemessene Nachrichten, physische Gewalt oder Bloßstellungen. Gemeinsam mit CORRECTIV.Lokal startet 11FREUNDE eine deutschlandweite Umfrage, um das Ausmaß psychischer, körperlicher und sexualisierter Gewalt im Jugendfußball sichtbar zu machen.
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Hefte raus, Knobelstunde!
Gestern hatten wir blöderweise total zufällig eine kleine Botschaft versendet. Bestehend aus Buchstaben, die sich in diesen Wappen wiederfinden: F: Fortuna Düsseldorf, C: Carl Zeiss Jena, K: Stuttgarter Kickers, A: Alemannia Aachen, F: Fortuna Köln, D: Dynamo Dresden. Shampoo, wer darauf kam! Heute möchten wir von euch wissen: Wo und wann stand diese Elf auf dem Rasen? Lösungen an newsletter@11freunde.de.
Und heute?
Ist endlich Schluss mit dem ganzen Party-Patriotismus. Der einzig wahre Klubfußball steht an. Mit dem HSV, der Elversberg empfängt und einen weiteren Satz in Richtung 1. Liga machen kann. Später spielt Leverkusen gegen Bochum und kann sich zumindest vorübergehend auf drei Punkte an die Münchner heranrobben.
Habt ein schönes Wochenende!