Isabelle Gardt: Hochschwanger in die Geschäftsführung? Ist doch kein Problem!
Die Geschäftsführerin und Marketing-Chefin der Medienmarke OMR sorgt dafür, dass die Arbeitswelt diverser und weiblicher wird.

Die Geschäftsführerin und Marketing-Chefin der Medienmarke OMR sorgt dafür, dass die Arbeitswelt diverser und weiblicher wird.
Woher sie kommt
Die Tech-Welt hat Isabelle Gardt schon immer fasziniert, weil man hier "aus nichts etwas machen kann. Du schreibst einige Zeilen Code – und schon siehst du eine Website." Das beherrscht Isabelle: Ihre ersten Websites hat sie in der neunten Klasse designt und nach dem Abitur mit einem Informatik-Studium begonnen. Später studierte sie noch Medienmanagement.
Frühe Irritationen
In ihren Informatik-Veranstaltungen an der Uni war Isabelle oft die einzige Frau im Raum. Und bei den dazugehörigen Praxiseinsätzen musste sie sich mitunter einiges anhören. "Einmal haben wir einen Messeauftritt rund um ein Auto organisiert, und einer meinte, ich könne mich ja auf der Motorhaube rekeln." Mit Anfang 20 und vor MeToo nahm sie solche Sprüche noch hin. Doch bald wuchs der Wunsch, etwas an diesem Sexismus und der Ungleichbehandlung von Frauen zu ändern.
Auf die Bühnen
2018 rief Isabelle "OMR 5050" ins Leben, eine Initiative, mit der sie ihre Ideen umsetzen und für mehr Gleichberechtigung sorgen wollte – zunächst in ihrer Branche, aber bald auch jenseits davon. 2019 stand bereits das Konzept für eine zweistündige Live-Masterclass, die sich an weibliche Führungskräfte in der Digitalwelt richtete. Die Resonanz: riesig! 2020 sollte das Ganze noch größer werden. Doch dann kam Covid. Also dachte Isabelle digitaler, entwickelte einen Newsletter und den Podcast "OMR 5050", in dem sie seit 2021 gemeinsam mit Kollegin Kira Schubert und wechselnden Gästen über Gleichberechtigung, Diversität und Feminismus spricht. Dazu gibt es regelmäßige Community-Events, Studien (etwa zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie) – und seit drei Jahren findet "OMR 5050" auch auf den Bühnen des "OMR-Festival" statt.
Aha-Momente
2017 kam Isabelle zum Start-up OMR, einer Plattform für die digitale Wirtschaftswelt mit ganz unterschiedlichen Angeboten: z. B. Weiterbildungen rund ums Online-Marketing oder auch das "OMR-Festival" – eine große Fachmesse mit vielen Vorträgen und Möglichkeiten zum Netzwerken.
Isabelle hatte schon als Werkstudentin bei OMR gearbeitet – nun begann sie als Verantwortliche für Marketing und Tech. Und stellte Fragen. Etwa als ihr auffiel, dass die meisten Speaker auf dem "OMR-Festival" männlich waren. "Warum haben wir nicht mehr Frauen auf der Bühne?", wollte sie wissen. Es gibt schließlich genug, die erfolgreich sind. Mit ihren Kolleg:innen machte sich Isabelle auf die Suche nach Antworten. "Viele der Frauen, die wir ansprachen, sagten: 'Mein Mitgründer kann das viel besser erklären – und auf einer Bühne vor ein paar Tausend Leuten fühle ich mich nicht besonders wohl'."
Doch wie konnte man die Rahmenbedingungen so verändern, dass sich mehr Frauen trauten, vor Publikum über ihre Geschäftsideen zu sprechen? Wäre zum Beispiel eine Interview-Situation oder ein Panel mit mehreren Gesprächspartner:innen für viele angenehmer – statt einer Keynote, bei der jede für sich allein auf der Bühne steht?
Gelebte Vision
"Ich wünsche mir, dass sich möglichst viele Menschen damit auseinandersetzen, wie oft Frauen in der Arbeitswelt benachteiligt werden“, sagt Isabelle, die jüngst von der Bundesgesellschaft für Digitale Medien als eines der 30 "Future Faces of Digital Media 2024" ausgezeichnet wurde. Und natürlich strahlt ihr Engagement auch auf ihre eigene Firma ab. Kollegen, die früher ganz selbstverständlich häufiger Männer einstellten, schauen nun genau hin, suchen das Gespräch mit ihr. Isabelle freut sich über das wachsende Bewusstsein. Und hat vor drei Jahren selbst davon profitiert. Da hat ihr Kollege Philipp Westermeyer sie in die Geschäftsführung berufen. "Aber ich bin hochschwanger", war ihr Einwand. Die Reaktion? "Ja – das spielt doch keine Rolle." Schließlich funktioniert das Gehirn einer Frau auch mit Babybauch.