"Felt Better Alive" von Peter Doherty: Neues Album erzählt vom Leben nach dem Rausch

Peter Doherty verbringt seine Zeit nun mit seiner zweijährigen Tochter im Park. Mit dem Album "Felt Better Alive" kann man sich dazusetzen.

Mai 16, 2025 - 10:32
 0
"Felt Better Alive" von Peter Doherty: Neues Album erzählt vom Leben nach dem Rausch

Peter Doherty verbringt seine Zeit nun mit seiner zweijährigen Tochter im Park. Mit dem Album "Felt Better Alive" kann man sich dazusetzen.

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was wohl aus Künstlern wie Amy Winehouse oder Kurt Cobain geworden wäre, wenn sie es über ihr 27. Lebensjahr hinausgeschafft hätten? Peter Doherty gibt die Antwort.

In den Nullerjahren galt Doherty als der Inbegriff des selbstzerstörerischen Rockstars und ließ kein Klischee aus: die gehypte Band, die zerstörerische Drogensucht, die schöne Model-Freundin, die heftigen Skandalschlagzeilen, der kurze Gefängnisaufenthalt, der konsequente Rauswurf aus der Band. Das am wenigsten Klischeehafte an Dohertys Karriere war, dass sie einfach nicht endete.

"Ich weiß, wie es sich anfühlt, tot zu sein"

Denn vor einigen Jahren hat er die Kurve gekriegt: Der heute 46-Jährige hat sich mit seiner Band, den Libertines, vertragen, inklusive neuem Album und Tournee. Er hat geheiratet, eine Tochter bekommen und wohnt nun mit seiner Familie in der malerischen Normandie mit Blick aufs Meer. Und er hat die Drogen hinter sich gelassen. "Ich habe so lange gebraucht, um von den Drogen loszukommen, weil ich lange gebraucht habe, um mich ohne sie wohl zu fühlen, verstehst du?", sagt er heute über seine Sucht. Mittlerweile fühlt er sich lebendig wohler, was auch den Titel seines neuen Soloalbums "Felt Better Alive" erklärt, denn: "Auf eine seltsame Art und Weise glaube ich, dass ich weiß, wie es sich anfühlt, tot zu sein."

Statt Heroin und Crack gibt es heute Käse und Wein, wie Doherty in Interviews erzählt. Jetzt hat der selbsternannte Vielfraß zwar Diabetes, dafür kann er mit seiner zweijährigen Tochter Billie-May im Park rumhängen, die Vaterfreuden genießen und dabei auf der Gitarre herumklimpern. Und mit "Felt Better Alive" sitzt man praktisch daneben.

Man schließt die Melodie-Fragmente, die Doherty auf diesem Soloalbum mal wieder sorglos aus dem Ärmel schüttelt, schnell ins Herz. Und ist am Ende selbst ein bisschen sorgloser. Spätestens beim dritten Durchgang des nicht mal 30 Minuten langen Werks, schwelgt man mit den Streichern in "Calvados" in Tagträumen oder summt gedankenverloren bei "Stade Océan" mit. Man lacht in "Pot Of Gold" über Zeilen wie "Daddy's trying to write you a lullaby so sweet/ And if that lullaby is a hit/Dad can buy you loads of cool shit". Man fühlt sich von der titelgebenden Single an alte Babyshambles-Zeiten erinnert, will beim schleppend-punkigen "Poca Mahoney's" durch die Gassen torkeln und wundert sich beim dadaistischen "Fingee", dass Albernheit und Tiefe so nah beieinander liegen können.

Doherty klingt nüchtern noch verspielter

Wie in den alten Zeiten ist alles hier Skizze, Chaos und Poesie. Man hätte meinen können, dieses Rohe und Unfertige in Dohertys Musik hätte etwas mit drogenbedingter Zerstreutheit zu tun gehabt. Pustekuchen. Doherty klingt nüchtern sogar noch verspielter, kreativer und experimentierfreudiger. Und langsam drängt sich der Verdacht auf, dass seine sorglose Nonchalance dem Hörer so zusagt, weil sie ein so entspannter Gegenentwurf ist zum ständigen Perfektionismus und dem Druck unserer Zeit. Doherty scheint mit der Zuversicht und Verspieltheit eines Kindes durch die Welt zu gehen und wer braucht davon nicht mehr in seinem Leben?

So ein Leben wie seins sensibilisiert vermutlich für die Dinge, auf die es letztendlich ankommt. Er könne einen Survival-Guide schreiben nach all den Erfahrungen, die er durch seinen früheren Lebensstil gesammelt hat, sagt Doherty. Körperlich habe er Schaden genommen, aber er fühle sich gut. Und jetzt stünden neue Abenteuer an: "Jetzt geht's in den Park. Dass Billie-May allein auf einer Schaukel sitzt, ist unglaublich. Es muss nicht mehr illegal sein."