„XY ist krank“ – Haftung bei Mitteilung zum Gesundheitszustand
Wer kennt es nicht: Eine Mitteilung des Arbeitgebers an Kunden oder Angestellte des Unternehmens, dass jemand krank ist – ob per E-Mail oder in einer Chatgruppe, ob aus Verärgerung oder gutgemeinter Information. Das kommt nicht gerade selten vor. Dass die Weitergabe dieser Information durchaus problematisch sein kann, zeigt ein Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg, welches darstellt, […]

Wer kennt es nicht: Eine Mitteilung des Arbeitgebers an Kunden oder Angestellte des Unternehmens, dass jemand krank ist – ob per E-Mail oder in einer Chatgruppe, ob aus Verärgerung oder gutgemeinter Information. Das kommt nicht gerade selten vor. Dass die Weitergabe dieser Information durchaus problematisch sein kann, zeigt ein Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg, welches darstellt, dass die Mitteilung, dass jemand krank ist oder nicht, unter Umständen zu einer datenschutzrechtlichen Haftung bzw. einem Schadensersatz führen kann. Wir geben Überblick.
Ausgangslage: Rundmail zu einem Krankenstand
Gegenstand des Urteils des Arbeitsgerichts Duisburg vom 26.09.2024 (3 Ca 77/24) war u. a., dass die Beklagte, vor Prozessbeginn noch Präsidentin eines Vereins, am 11.06.2023 eine E-Mail u. a. mit folgendem Inhalt über den klagenden Arbeitnehmer dieses Vereins an fast 10.000 Verbandsmitglieder übermittelte:
„Liebe Verbandsmitglieder, liebe Luftsportlerinnen und Luftsportler,
mit diesem Rundschreiben informiere ich euch darüber, dass sich seit November 2022 unser Leiter der Approved Training Organisation (ATO), [Name des Klägers], im Krankenstand befindet. Dennoch hat er in dieser Zeit damit begonnen, haltlose wie auch unbelegbare Vorwürfe sowohl gegen unseren Geschäftsführer [Name] als auch gegen meine Person zu erheben, womit er offensichtlich die Diskreditierung des Geschäftsführers sowie der Präsidentin verfolgt.“
Der Arbeitnehmer forderte diesbezüglich immateriellen Schadensersatz.
Denn nach dieser Rundmail wurde der seit November 2022 längerfristig erkrankte Kläger in seiner Freizeitausgestaltung, deren Örtlichkeit sich mit der seiner Arbeitnehmertätigkeit überschneidet, auf die Angelegenheit angesprochen, u. a. auf das von der Beklagten angedeutete Vortäuschen seiner Erkrankung.
Insbesondere eine Frage der Rechtsgrundlage
Das Arbeitsgericht Duisburg entschied, dass dem Kläger aufgrund eines Verstoßes gegen die DSGVO und dessen erlittener Schäden gegen die Beklagte ein Anspruch auf Entschädigung gemäß Art. 82 Abs.1 DSGVO in Höhe von 10.000,00 € zusteht.
Wie kommt das Arbeitsgericht bei dem obigen Sachverhalt darauf?
Art. 82 Abs.1 DSGVO setzt für einen Schadenersatz einen Verstoß gegen die DSGVO und einen materiellen oder immateriellen Schaden voraus.
Insbesondere ein Verstoß gegen Art. 9 Abs.1 DSGVO war gegeben. Denn nach dieser Vorschrift ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten als besondere personenbezogene Daten untersagt, sofern keine Ausnahme bzw. Rechtsgrundlage gemäß Art. 9 Abs. 2 DSGVO vorliegt.
Auch, dass eine Person „im Krankenstand“ bzw. „krank“ oder „tatsächlich nicht krank“ ist, stellt ein Gesundheitsdatum dar.
Das ergibt sich aus Art. 4 Nr. 15 DSGVO:
„Gesundheitsdaten“ personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen.
und Erwägungsgrund 35 S. 1 zur DSGVO:
„Zu den personenbezogenen Gesundheitsdaten sollten alle Daten zählen, die sich auf den Gesundheitszustand einer betroffenen Person beziehen und aus denen Informationen über den früheren, gegenwärtigen und künftigen körperlichen oder geistigen Gesundheitszustand der betroffenen Person hervorgehen.“
Danach ist nicht etwa nur die konkrete Krankheit oder das Kranksein an sich für die Einordnung als Gesundheitsdatum maßgeblich, sondern jegliche Daten, aus denen Informationen zum Gesundheitszustand hervorgehen.
Indem die Beklagte fast 10.000 Verbandsmitgliedern mitteilte, dass sich der Kläger im Krankenstand befände bzw. andeutete, dass dies vorgetäuscht wäre, verarbeitete sie diese Daten gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO und damit im Sinne des Art. 9 Abs.1 DSGVO.
Eine Ausnahme von der Untersagung der Verarbeitung war mangels Einwilligung des Klägers und mangels Übermittlung zu den in Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannten Zwecken nicht gegeben.
Der Kläger erlitt durch die Schädigung seiner Reputation in Form der Kenntniserlangung seiner langfristigen Erkrankung in Verbindung mit der Andeutung deren Vortäuschens durch die fast 10.000 Verbandsmitglieder auch einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs.1 DSGVO.
Worauf sollten Arbeitgeber also besonders achten?
Um etwaigen Konsequenzen vorzubeugen, sollten Arbeitgeber grundsätzlich vermeiden, auf einen Gesundheitszustand Bezug zu nehmen und auch nur die Personen zu informieren, für deren Tätigkeit eine Abwesenheitsinformation des Arbeitnehmers relevant ist.
Anstatt also den Personen, die es angeht, mitzuteilen: „Herr Mustermann ist die nächsten drei Tage krank“, könnte formuliert werden „Herr Mustermann ist die nächsten drei Tage nicht im Haus bzw. abwesend“.
Ist die Mitteilung an einen Angestellten, dass eine konkrete Person erkrankt ist, unabdingbar, kann eine Ausnahme bestehen.
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