Wiedervorlage: Gesetze im Test: das Kurzarbeitergeld
Was haben Gesetze tatsächlich bewirkt? Das Kurzarbeitergeld galt in der Coronakrise als das perfekte Instrument zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes. Neuere Studien zeigen etwas anderes

Was haben Gesetze tatsächlich bewirkt? Das Kurzarbeitergeld galt in der Coronakrise als das perfekte Instrument zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes. Neuere Studien zeigen etwas anderes
„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn: 1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind, 3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und 4. der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.“ (§95 SGB III)
Weil es der Industrie schlecht geht, zieht Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit mit einem altbekannten Konzept durch deutsche Vorstandsetagen – dem Kurzarbeitergeld. Die dahinterliegende Idee lautet in etwa so: Unternehmen mag es zwar vorübergehend schlecht gehen. Das muss aber nicht so bleiben. Wenn sie in der Krise allerdings auch noch fähiges Personal verlieren, dann dauert ihr Weg aus der Krise nur noch länger. Deshalb, so die Logik, sollte der Staat einspringen und Teile der Gehälter übernehmen – jedenfalls so lange, bis das Personal wieder in voller Stundenzahl benötigt wird. So weit, so einfach.
Seit seiner Einführung 1910 wurde das Kurzarbeitergeld etliche Male reformiert. Aktuell besteht für Firmen nach den Paragrafen 95ff. SGB III insbesondere dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn „ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt“. Erheblich ist der Arbeitsausfall zum Beispiel, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Nicht dazu zählen etwa saisonale und branchenübliche Schwankungen. Sind die Ansprüche berechtigt, erhält der von Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit. Dieses beträgt normalerweise 60 Prozent des Nettolohns. Darüber hinaus gibt es Zuschläge für Kinder.
Erhebliche Mitnahmeeffekte
Vor allem in der Coronakrise kam das Instrument in großem Stil zum Einsatz, da die Bundesregierung annahm, dass die meisten Arbeitnehmer nach dem Ende der Beschränkungen wieder in ihre Jobs zurückkehren würden. Die Firmen selbst haben das Kurzarbeitergeld immer wieder als sinnvolles Instrument gelobt. Scholz will es jetzt sogar von zwölf auf 24 Monate ausweiten.
Ausgerechnet von Simon Jäger kommt jetzt aber ein gegenläufiges Urteil. Der Ökonom und Berater von Wirtschaftsminister Robert Habeck evaluierte das Kurzarbeitergeld zwischen 2009 und 2021. Dabei kamen er und seine vier Co-Autoren zum Ergebnis, dass die Leistung zu erheblichen Mitnahmeeffekten führte. Einfach gesagt wurden nur jene Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, die das Unternehmen auch bei voller Bezahlung behalten hätte. Die meisten wurden trotzdem entlassen. Es habe somit kaum einen kausalen Effekt auf die Beschäftigung gegeben. Kurzarbeitergeld sei vielmehr eine Ursache für die aktuelle Krise. Viele Menschen würden nämlich in alten Industrien verharren, statt in produktivere Jobs zu wechseln.
Testurteil mangelhaft