Batterieexperte fordert: Trotz Northvolt-Pleite: Europa braucht eine eigene Batterieproduktion

Sterben mit der Northvolt-Pleite auch die Pläne für eine eigene Batterieproduktion für E-Autos in Europa? Das dürfe keinesfalls passieren, sagt der Batterieforscher Martin Winter. Allerdings wird es teuer

Mär 17, 2025 - 18:33
 0
Batterieexperte fordert: Trotz Northvolt-Pleite: Europa braucht eine eigene Batterieproduktion

Sterben mit der Northvolt-Pleite auch die Pläne für eine eigene Batterieproduktion für E-Autos in Europa? Das dürfe keinesfalls passieren, sagt der Batterieforscher Martin Winter. Allerdings wird es teuer

Nach der Pleite des E-Autobatterie-Start-ups Northvolt warnt der Batteriespezialist Martin Winter Europa davor, das Batteriegeschäft Chinesen und anderen Herstellern aus Asien zu überlassen. „Ich glaube, dass die Batterie unsere Nagelprobe ist für die Frage: Werden wir uns Zukunftstechnologie noch leisten wollen oder nicht“, sagte er Capital. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine eigene europäische und deutsche Zellfertigung unbedingt brauchen, und dass es ihr auch gelingen muss, große Volumina herzustellen“, so Winter. „Wir sollten dieser viele Möglichkeiten einräumen und auch der Staat muss sich darum kümmern.“ 

Winter setzt sich als Leiter des Batterieforschungszentrums MEET an der Uni Münster seit Jahren für mehr Kompetenz in Deutschland bei Batteriezellen ein. „Wenn man sich in Europa auf Dauer auf asiatische Hersteller verlässt, dann wird man die gewünschte Technologie-Unabhängigkeit nicht erreichen“, stellte er fest. „Gerade am Anfang, sollte man sich aber unbedingt die Hilfe von erfahrenen Fachleuten holen, die in der asiatischen Industrie gearbeitet haben, und eine Zellfertigung hochgezogen haben“, erklärte er weiter. „Ohne die wird es anfangs nur schwer funktionieren.“

In der vergangenen Woche musste das Autobatterie-Start-up Northvolt aus Schweden Insolvenz anmelden. Northvolt hatte erfolgreich Investorenmilliarden eingeworben und wurde von der EU, der deutschen Regierung und Autokonzernen als vermeintlicher Leuchtturm für europäische Batteriekompetenz gefördert. Einer der Northvolt-Hauptanteilseigner ist der deutsche Volkswagen-Konzern. Eines der größten Industrieprojekte von Northvolt ist eine Batteriefabrik im schleswig-holsteinischen Heide, die mit deutschen und europäischen Steuermilliarden gefördert wurde. Doch Northvolt war unter anderem daran gescheitert, die technischen Prozesse für die Batteriezellfertigung in den Griff zu bekommen.

Autohersteller planen eigene Batteriefabriken

„Sie haben in der Zellfertigung sehr kleine Fertigungstoleranzen“, erklärte Winter. Es gäbe Zellhersteller in Europa, die in der Einfahrphase Ausschussraten von 60, 70 Prozent haben. „Da merkt man, in welchem Maße uns in Europa die Erfahrung fehlt im in diesem Fertigungsbereich.“ Winter sagte zu den Anforderungen in der Zellfertigung grundsätzlich: „Es ist sehr mühsam und wirklich schwierig, die Ausschussraten herunterzubringen.“ Man müsse „hart arbeiten, es braucht viel Zeit und man muss viel Geld in die Hand nehmen“.

Die verbliebenen Hoffnungen für eine eigene europäische Zellfertigung ruhen nach der Northvolt-Pleite auf Tochterunternehmen der Autohersteller. Der deutsche Marktführer Volkswagen baut mit seiner Tochter PowerCo. eine eigene Batteriefabrik in Salzgitter auf, die dieses Jahr in Betrieb gehen soll – eine weitere soll im spanischen Valencia folgen. Das Konsortium ACC, eine Tochter von Stellantis, Mercedes und dem Energiekonzern TotalEnergies unterhält eine Fabrik in Frankreich, Pläne in Deutschland und Italien sind noch unsicher. 

„Die Zellhersteller, die direkt mit Autobauern verbunden sind, haben durchaus eine Chance, weil sie große Volumina planen und feste Kunden haben“, sagte Winter. „Und sie haben Druck von ihren Mutterunternehmen, die alternativ die Zellen bei den asiatischen Lieferanten beziehen, wenn die Tochterfirmen es nicht schaffen, in Qualität und Preis mitzuhalten.“ Für die Zukunft der europäischen Autoindustrie wäre es wichtig, dass deren Batteriehersteller erfolgreich würden. „Das Interesse an der eigenen Zellfertigung ist betriebswirtschaftlich für die hiesige Autoindustrie wichtig, und es ist gleichzeitig für die EU und Deutschland volkswirtschaftlich wichtig.“

„Wenn es sich nur um wenige Jahre verzögert, wäre das noch ein großes Glück“

Allerdings, so der Experte, müssten sich Zellfertiger wie PowerCo. und ACC auch auf Rückschläge einstellen, wie sie Northvolt das Genick gekostet haben. „Die Zellhersteller werden erst einmal eine sehr schwierige Zeit haben, gerade auch weil sie in einen Markt einsteigen, in dem die Preise stark gefallen sind“, sagte Winter voraus. „Verzögerungen muss man da schon einplanen“, ergänzte er. „Wenn es sich nur um wenige Jahre verzögert, wäre das noch ein großes Glück.“

Im Batteriegeschäft führend sind die chinesischen Hersteller CATL und BYD, beide unterhalten auch Werke in Europa – CATL zum Beispiel im thüringischen Arnstadt. Dazu kommen LGChem aus Südkorea und Panasonic aus Japan.