Stress, prall ab: 7 Tipps, wie du deine berufliche Resilienz stärkst

Gegen zu viel Druck und To-dos im Job kann man sich wappnen – eine Anleitung für mehr Entspannung im Büro in sieben Schritten.

Mai 8, 2025 - 08:12
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Stress, prall ab: 7 Tipps, wie du deine berufliche Resilienz stärkst

Gegen zu viel Druck und To-dos im Job kann man sich wappnen – eine Anleitung für mehr Entspannung im Büro in sieben Schritten.

Steht bei dir auch die nächste Umstrukturierung in den Startlöchern? Das nächste Projekt mit knapper Deadline? Die nächste Woche, in der du die kranke Kollegin vertrittst? Manchmal wünscht man sich einfach nur, all die Veränderungen und der Druck würden an einem abperlen wie Fett an einer Teflonpfanne.

Berufliche Resilienz: Entscheidender Faktor für Erfolg

Fast die Hälfte der Deutschen fühlt sich im Job häufig oder sehr häufig gestresst, so eine Umfrage der Krankenkasse KKH. Das ist extrem ungesund. Immer mehr Menschen entwickeln durch den hohen Stresspegel Erkrankungen wie Schlaf- und Angststörungen oder Depressionen. Die Statistik der Krankenkassen zeigt: Im Schnitt kommen auf alle Beschäftigten drei Tage im Jahr Krankschreibung wegen psychischer Probleme. Der Stress ist also nicht nur belastend, sondern auch noch richtig teuer für die Wirtschaft.

Resilienz, also die psychische Widerstandskraft, ist hier das Schlagwort, das uns ein paar Teflon-Fähigkeiten verspricht. Denn resiliente Fähigkeiten helfen uns, dem Joballtag mit mehr Gelassenheit zu begegnen und in vielen Situationen neben den Problemen auch mögliche Lösungen zu sehen.

Sieben Tipps, wie du deine berufliche Resilienz stärken kannst:

1. Wer den ganzen Berg sieht, lässt ihn schrumpfen

"Die meisten Klient:innen kommen ins Coaching und möchten resilienter werden, weil sie gerade unglaublich viel Stress haben", sagt Karrierecoachin Ines Bruckschen. Gemeinsam mit der Resilienztrainerin Carolin Giesemann hat sie das Buch "Der Resilienz-Faktor" über Widerstandsfähigkeit im Berufsleben geschrieben. Die Berg-Übung hilft klarer zu sehen, welche konkreten Ursachen das Gefühl von Überlastung hat:

Schritt 1

Schnappe dir Post-its und schreibe auf jeden Zettel einen konkreten Stresspunkt. "Da können ganz schön viele Notizen zusammenkommen", sagt Bruckschen. Aber keine Angst. Die Flut sortiert sich gleich.

Schritt 2

Teile nun die Zettel in Kategorien, die du links und rechts auf dem Schreibtisch anordnest. Links: Stresspunkte, die du nicht beeinflussen kannst. Rechts: Stresspunkte, auf die du Einfluss hast. In der Mitte: Stresspunkte, die du nur ein kleines bisschen beeinflussen kannst.

Schritt 3

Dann fragst du dich, welchen Stressfaktor du als Erstes ein kleines bisschen und ohne zu viel Aufwand verbessern kannst. Überlege dir, was du dafür konkret tun solltest. Du kannst dir dazu eine Notiz auf den Zettel machen. Schiebe ihn dann etwas nach rechts. Bruckschen: "Es ist entlastend, zu sehen, dass wir doch an vielen Stellen etwas tun und verändern können."

2. Ich bin die Kapitänin

Oft entsteht Stress, weil wir nicht tief genug schauen, wo die Belastung konkret entsteht. Beispiel: Ich habe jeden Tag Stress, wenn ich meine Kinder in der Kita abhole, weil ich immer auf den letzten Drücker da bin. Der Grund liegt aber weder in der Kita noch im Job. Sondern daran, dass mein letztes Meeting oder das letzte Telefonat immer länger dauert, als mir lieb ist, sodass ich immer zu spät loskomme. "Die einzige Person, die daran etwas ändern kann, ist man selbst", sagt Bruckschen. Zum Beispiel, indem ich im Meeting zehn Minuten früher sage, dass ich jetzt losgehe oder im Telefonat fünf Minuten früher den Cut im Gespräch einleite oder es gleich auf den nächsten Tag verschiebe. Die Mühe lohnt sich, denn oft zieht ein Stress den nächsten nach sich: Das Kind ist traurig, weil man so spät kommt. Die Zeit zum Einkaufen wird knapp, und der ganze Nachmittag artet in Gerenne aus… 

3. Superheldinnenkräfte nutzen

"Wer sich an seinen Stärken orientiert, hat mehr Energie als jemand, der ständig damit beschäftigt ist, vermeintliche Schwächen auszubügeln", erklärt Karrierecoach Ines Bruckschen. Konkret heißt das: Wer sehr strukturiert ist, sich aber ständig selbst schlecht macht, weil andere vermeintlich kreativer oder ideenreicher sind, verschwendet Energie. Bruckschen rät zu einem Gedankenspiel, zum Beispiel bei der nächsten Präsentation: Stelle dir deine stärkende Stimme als kleines Engelchen vor, das auf deiner Schulter sitzt und sieht, wie super strukturiert dein Vortrag ist. Oder wie kreativ du die Teilnehmenden eingebunden hast. Vermutlich hörst du auch sofort den inneren Kritiker, das Teufelchen, das dir zuraunt, dass es hier und da durchaus noch Verbesserungsbedarf gibt. "Schenke dem Engelchen mehr Gehör", rät Bruckschen. Mit der Zeit bekommt man ein besseres Gefühl für seine Stärken – und das Arbeiten wird leichter.

4. "Gut genug" ist das neue "Perfekt"

"In der heutigen Arbeitswelt geht es nicht mehr nur um Perfektion", sagt Ines Bruckschen. In vielen Jobsituationen sei es heute eher wichtig, sich schnell auf etwas Neues einzustellen. "In solchen Situationen ist es wichtig zu sehen, dass für diesen Tag 'gut genug' reicht." Wie das gelingt? Zwei Überlegungen helfen:

1. Frage dich: Wie erfahren bin ich in dieser Tätigkeit? Schon recht erfahren? "Dann kannst du davon ausgehen, dass du deine Tätigkeit ziemlich gut machst – auch wenn du nicht jeden Schritt noch einmal kontrollierst oder verbesserst", sagt Bruckschen.

2. Wenn doch mal ein Fehler passiert: "Hör auf, deine ganze Arbeit als nichtig zu bewerten, bloß weil eine Kleinigkeit nicht perfekt ist. Sieh stattdessen, dass der Rest richtig gut ist." Tipp: das Erfolgstagebuch. Frage dich jeden Abend: Was war heute im Job gut? Was habe ich dazu beigetragen, dass es gut gelaufen ist? War das Meeting mit dem Kunden gut? Oder hat das Team die Aufgabe pünktlich abgeliefert? Vielleicht lag es daran, dass du es gut vorbereitet hast oder dass du gute Fragen an der richtigen Stelle gestellt hast. Mach diese Übung zwei Wochen lang täglich. Schau dir dann an, welche Stärken und Fähigkeiten sich jeden Tag zeigen. Auf diese Stärken kannst du bauen.

5. In Zukunftsszenarien denken

Die deutsche Zukunftsforscherin Florence Gaub, Forschungsdirektorin an der Nato-Militärakademie in Rom, hat das Denken in Szenarien populär gemacht, als sie erklärte, wie man weltpolitisch für die bestmögliche Zukunft sorgen kann. Denn wenn wir uns vorstellen, welche Folgen eine heutige Situation in der Zukunft haben könnte, können wir besser aktiv dafür sorgen, dass die positiven Entwicklungen eintreten – ohne starr an unrealistischen Erwartungen festzuhalten. Eine Übung hilft dabei, das persönliche Szenario zu entwickeln:

1. Überlege dir, wie dein idealer Joballtag aussehen sollte. Was wären deine Tätigkeiten? Wie würdest du arbeiten, wie würden die sozialen Kontakte aussehen? 

2. Bewerte nun die verschiedenen Aspekte deines idealen Arbeitstages. Frage dich: Was ist für mich am wichtigsten? Die konkreten Tätigkeiten, die ich ausübe? Die Zusammenarbeit im Team? Die gesellschaftliche Relevanz meiner Arbeit? Wenn du weißt, was dir wirklich wichtig ist, siehst du, welchen Hebel du betätigen kannst.

6. Überzeugen lernen

Wenn ich selbst mitbestimmen will, wohin es beruflich gehen soll, ist es günstig, wenn ich meine Wünsche so ausdrücken kann, dass sie auch mein Gegenüber überzeugen. Dabei hilft die Persona-Technik: Formuliere einen klaren Wunsch. Zum Beispiel: Ich möchte mich in agilen Arbeitstechniken weiterbilden. Oder: Ich möchte Aufgaben abgeben und andere übernehmen. Recherchiere im Internet nach Weiterbildungen, die dich interessieren und deren Inhalte auch für dein Unternehmen sinnvoll sein könnten. Erstelle dann eine "Persona" deines Vorgesetzten mit den Kategorien Jobs, Pains, Gains. Jobs: Das sind die Aufgaben, für die dein Vorgesetzter zuständig ist. Zum Beispiel: "Ein Team von fünf Mitarbeitenden leiten." Pains: Was stört deine Führungskraft derzeit? Die hohe Fluktuation in der Abteilung? Die wirtschaftliche Lage? Gains: Was würde deiner Führungskraft helfen, ihre Pains zu lindern? Und welche Rolle könnte dabei die Weiterentwicklung spielen, die du dir wünscht? Jetzt kannst du dein Anliegen in wenigen Sätzen so formulieren, dass es deine Führungskraft überzeugt.

7. In sich selbst investieren

Leben ist Entwicklung – das gilt auch für das Arbeitsleben. Es ist wichtig, sich selbst etwas wert zu sein und zum Beispiel Zeit in eine Weiterbildung zu investieren oder die Kosten für eine spannende Tagung zu übernehmen. "Investitionen in die eigene Entwicklung bringen einen immer weiter", verspricht Bruckschen.