Soft-Launch von „dmHome“: Wie sich dm zunehmend als Lifestyle-Anbieter positioniert

Der Drogeriemarktführer versucht zunehmend, neue Geschäftsfelder zu erobern und greift dafür auf erfolgreich erprobte Strategien zurück, die bereits im Kernsortiment funktionieren. Die neue Eigenmarke „dmHome“ umfasst nun Accessoires fürs Wohlfühl-Zuhause. Doch die Expansion ist alles andere als risikofrei. Der Beitrag Soft-Launch von „dmHome“: Wie sich dm zunehmend als Lifestyle-Anbieter positioniert erschien zuerst auf Supermarktblog.

Mär 26, 2025 - 13:15
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Soft-Launch von „dmHome“: Wie sich dm zunehmend als Lifestyle-Anbieter positioniert
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Blau-weiße Keramikteller und Müslischalen „made in Portugal“, ein zweiteiliges Platzset in Lederoptik und ein „Wellentablett“, „das sich vielseitig einsetzen lässt“ – so softlauncht dm gerade seine neueste Eigenmarke „dmHome“, wenn auch vorerst nur in „ausgewählten Filialen“. Und entweder ist das eine ausgewachsene Midlife-Crisis, wenn eine etablierte Drogeriemarktkette plötzlich auf Lifestyle-Anbieter macht; oder ein ausgeklügelter Plan, um sich künftig noch breiter aufzustellen und vom sorgsam erarbeiteten Kundi:nnenvertrauen zu profitieren.

In jedem Fall soll dmHome, das auch schon im Online-Shop verfügbar ist, aber noch keinen expliziten Eigenmarkenauftritt auf der Website spendiert bekommen hat, künftig „Ästhetik, Qualität und Trendbewusstsein“ (dm-Auskunft) vereinen:

„Die dm-Marke bietet Wohnaccessoires, die das eigene Heim verschönern und das tägliche Leben angenehmer machen. Liebevoll kuratierte Lieblingsstücke bringen Freude und Stil in jedes Zuhause.“

Die Preisgestaltung der „Lieblingsstücke für dein Zuhause“ bewegt sich auf einem Niveau, das den Einstieg erleichtert: Speiseteller für 9,95 Euro, Platzsets für 4,95 Euro. Nicht superbillig, aber zugänglich – ganz im Sinne der dm-Philosophie.

Weniger Komplexität, mehr Handel: GEBOS und die Cloud, die mitdenkt
GEBIT Solutions Logo

Der Spagat zwischen zentraler Steuerung und lokalem Filialgeschäft stellt Händler vor große Herausforderungen. Mit den Lösungen EDA & EDGE unter der neuen Marke GEBOS hat GEBIT Solutions eine Betriebslösung entwickelt, die Prozesse automatisiert und dabei die Einführung von Linux im POS-Umfeld deutlich vereinfacht. EDEKA gehört zu den ersten, die auf diese innovative Lösung setzen.


Vom Wattepad zum Wellentablett

Geplant ist eine dauerhafte dmHome-Kollektion, die für sechs Monate verfügbar ist; dazu kommen ab Ende April monatlich wechselnde Themenwelten. Lost geht’s mit einer „limitierten Kollektion unter dem Motto ‚Celebration‘“ fürs „gesellige Feiern im Freien“, u.a. mit Vase, Kerzenring, Glastrinkhalmen und Streudeko.

Abb.: dm

Spätestens dann dürfte die neue Eigenmarke auch in den Regalen der Drogeriemarktkette sichtbarer werden: Das neue Logo ziert prominent die Verpackungen.

Schlicht und grazil: das neue dmHome-Logo; Abb.: dm

Bislang führt dmHome eher ein Schattendasein. In den von mir besuchten Märkten wurde Platz für ein – leicht zu übersehendes – Regal gemacht, in dem mehrere Artikel aus dem Sortiment Home & Living platziert sind, auch von anderen Herstellern: Vasen, LED-Leuchten, Pflanzengefäße, Karaffen, ein Picknickkorb. Platziert ist die Mini-Wohnaccessoires-Welt – je nach Markt – mal neben Kosmetiktäschchen und Shampoo im vorderen Ladenbereich, mal neben Taschentüchern im hinteren Marktteil.


Einen sonderlich strukturierten Eindruck macht das bislang nicht – zumal es bislang keine vorgegebene Anordnung zu geben scheint: Alles ist so ins Regal reingerumpelt und sieht nach Resterampe für den Abverkauf aus. Es gab zu Beginn der Woche auch noch keine sichtbaren Hinweise in den Filialen, die auf die neue Eigenmarke aufmerksam machen würden.

Wozu eine eigene Home-Accessoire-Linie?

In einigen Märkten sind die Produkte zwar im System (und der App) als vorrätig vermerkt, müssen aber erst auf Nachfrage vom Personal aus dem Lager geholt werden. Online waren im vergangenen Jahr bereits erste dmHome-Artikel erhältlich, nach einiger Zeit verschwanden sie aber wieder aus dem Angebot. Die Markenanmeldung stammt aus dem vergangenen Oktober.

Priorität scheint dmHome derzeit keine zu haben – was sich ändern könnte, wenn in wenigen Wochen mehr Artikel verfügbar sein sollen.

Doch warum entwickelt dm überhaupt eine eigene Home-Accessoire-Linie? Für die Antwort auf diese Frage lohnt sich ein Blick auf die bisherige Expansionsstrategie von Deutschlands Drogeriemarktführer, der gerade auf mehreren Baustellen an seiner Expansion arbeitet.

Eine bewährte Expansionsstratgie

Voraussichtlich im Oktober will sich dm seinen Kund:innen bekanntlich auch als Versandapotheke mit dem typischen dm-Gefühl anbieten (siehe Supermarktblog). Wie erste Markenanmeldungen nahelegen, könnte man sich in Karlsruhe für apothekenpflichtige Medikamente einer Strategie bedienen, die zuvor bereits im Drogerieartikelbereich etabliert und im Bio-Lebensmittelgeschäft erfolgreich wiederholt wurde.

Daraus lässt sich ein typisches dm-Verfahren für den Einstieg in neue Geschäftsfelder ableiten, das fünf zentrale Elemente umfasst:

  1. Start mit soliden Basisprodukten zu wettbewerbsfähigen, aber nicht ruinösen Preisen;
  2. Aufwertung durch Qualitätssignale – Bio-Siegel, pharmazeutische Expertise oder Design-Kompetenz;
  3. Stetige Innovation durch limitierte Kollektionen und Themenwelten;
  4. Mehrwert durch Online-Vertiefung – der Webshop bietet stets mehr als die physischen Filialen;
  5. Verknüpfung mit dem bestehenden Ökosystem – die App, die Abholstationen, die Markenphilosophie.

Während die Bio-Expansion mit voller Kraft umgesetzt wurde (siehe Supermarktblog sowie Supermarktblog) und auch bei der Online-Apotheke ein großer Wurf geplant ist (siehe Supermarktblog), scheint die Expansion ins Home-Segment sehr viel vorsichtiger abzulaufen.

Sorgsam eingeteilte Regalmeter

Die bislang unscheinbare Platzierung könnte Teil einer bewussten Strategie sein, um die neue Marke zunächst mit niedrigem Profil zu testen. Falls die Kund:innenresonanz nicht wie erhofft ausfällt, ließe sie sich wieder zurückziehen, ohne dass ein öffentlichkeitswirksamer Misserfolg entsteht.

Mit dmHome könnte dm die Transformation zum Lifestyle-Anbieter vorantreiben; Foto [M]: Smb/dm

Möglich ist auch, dass die eigentliche Kampagne mit POS-Materialien und stärkerer Kommunikation später folgt, wenn erste Marktreaktionen ausgewertet sind. Dafür spricht etwa, dass dmHome-Produkte nach Supermarktblog-Informationen gerade in verschiedenen Filialgrößen und -standorten getestet werden – sowohl städtisch als auch ländlich, übers ganze Land verteilt, ohne erkennbares Muster bei der Platzierung. Ein klassisches Vorgehen für Markttests.

Ein weiterer Faktor könnte schlicht die begrenzte Verkaufsfläche sein. Die Regalplätze in dm-Märkten sind ein knappes Gut, und jeder Regalmeter für dmHome geht auf Kosten anderer, möglicherweise ertragreicherer Sortimente. Während dmBio als Kategorie das Potenzial hat, Kund:innen anzulocken, ist der Zugkrafteffekt von Wohnaccessoires für einen Drogeriemarkt vermutlich begrenzt.

Gefahr der schleichenden Verwässerung

Die Lösung über rotierende Kollektionen, wie sie bei dmHome wohl praktiziert werden soll, könnte genau aus dieser Raumknappheit geboren sein – sie ermöglicht Abwechslung und Neuheiten, ohne dauerhaft große Flächen zu beanspruchen.

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt dm, dass das dmHome-Sortiment „dauerhaft in rund 1.000 ausgewählten dm-Märkten“ in einem eigenen Regal verfügbar sein soll; außerdem „präsentieren mehr als 700 weitere dm-Märkte, die keinen festen Regalplatz für das Sortiment haben, die monatlichen Aktionsprodukte auf Thementischen“.

dmHome ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wie der Wunsch nach Profilerweiterung Herausforderungen mit sich bringt. Mit jeder neuen Produktkategorie besteht die Gefahr einer schleichenden Verwässerung des Kerngeschäfts. Wenn Führungskräfte, Marketingbudgets und Entwicklungsressourcen auf immer mehr Bereiche verteilt werden, könnte die Kompetenz im Drogeriesegment leiden.

Ab Herbst will sich dm auch als Versand-Apotheke mit Abholgelegenheit in der Filiale positionieren; Foto: Smb/Freepik

Neue Sortimente benötigen zudem Aufmerksamkeit vom Personal, das vielerorts mit den diversen Diensten schon gut ausgelastet sein dürfte (und z.B. auch Biometrie-Passfotos vor der Fotoparadies-Wand macht).

Die zunächst begrenzte Priorität von dmHome zeigt sich auch daran, dass Mitarbeiter:innen auf Ansprache bislang eher überrascht auf die Erweiterung reagieren. Von einer gezielten Schulung für die neue Produktlinie war bei meinen Filialbesuchen nichts zu spüren – anders als bei Bio-Produkten, wo das Personal oft detailliert Auskunft geben kann.

Das Einkaufserlebnis wird komplexer

Dazu kommt: Bei Bio-Lebensmitteln konnte dm auf jahrelange Erfahrung mit Alnatura aufbauen. Mit jedem weiteren Expansionsschritt bewegt sich das Unternehmen jedoch in Bereiche, in denen die Expertise erst entwickelt werden muss. Gleichzeitig wird das Einkaufserlebnis für die Kund:innen komplexer. Das kann von Vorteil sein, weil die Stammkundschaft der Marke dm so großes Vertrauen schenkt, dass sich das mühelos auf neue Kategorien übertragen lässt. Wenn die bislang klare Positionierung als Drogeriemarkt deswegen verschwimmen würde, wäre das allerdings problematisch.

Offensichtlich ist man in der Karlsruher Zentrale jedoch überzeugt davon, dass es beim Versuch, dm stärker zum Allround-Anbieter zu machen, mehr zu gewinnen gibt als zu verlieren.

Wohin könnte dm mit seiner Expansionsstrategie noch steuern? Zu nachhaltiger Mode und Basics: Eine „dmWear“-Eigenmarke könnte nachhaltige Materialien, faire Produktion und zeitlose Designs zu erschwinglichen Preisen vereinen und würde auf die Erfahrungen im Bereich mit Baby- und Kindertextilien aufbauen. Eine „dmActive“-Linie könnte den Markt für Sportnahrung, Nahrungsergänzungsmittel und Fitnessaccessoires erschließen.

Und über die bestehende App hinaus könnten digitale Services entwickelt werden – etwa eine Gesundheits-App als Begleiter zur Online-Apotheke oder einen Ernährungsplaner, der die eingekauften dmBio-Produkte berücksichtigt.

Nicht die Kernkompetenz überdehnen

All diese Szenarien könnten organisch aus dem bestehenden dm-Universum wachsen, würden die Kernkompetenz des Unternehmens nicht überdehnen und mit der bewährten Expansionsstrategie erschlossen werden.

Gleichwohl wird man in Karlsruhe darauf achten müssen, sich nicht zu verkämpfen: Anders als der Naturkostfachhandel, der die dmBio-Offensive weitgehend wehrlos über sich ergehen ließ, ist die Apothekenlobby ein politisch gut vernetzter und kampferprobter Gegner. Es ist davon auszugehen, dass die Verbände jeden Schritt von dm genau beobachten und beim kleinsten regulatorischen Fehltritt juristische Schritte einleiten werden, um der neuen Konkurrenz möglichst viele Steine in den Weg zu legen.

Wo der Bio-Fachhandel erst reagierte, als dm bereits Marktanteile erobert hatte, werden die Apotheken proaktiv gegen den neuen Wettbewerber vorgehen. Das wird dm im Zweifel erhebliche Ressourcen kosten.

Vom Drogeriemarkt zum Lifestyle-Anbieter

Dennoch scheint die langfristige Vision zunehmend klarer: dm transformiert sich Schritt für Schritt zum Lifestyle-Komplettanbieter, der relevante Alltagsbereiche abdeckt – von Körperpflege über Gesundheit und Ernährung bis hin zum Wohnen. Allerdings mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Volle Kraft bei strategisch zentralen Projekten wie dmBio und der Online-Apotheke, behutsames Testen bei Kategorien wie dmHome, wo das Marktpotenzial und die eigene Kompetenz noch unsicher sind.

dm genießt traditionell hohes Kunde:innenvertrauen; Foto: Smb

Diese Herangehensweise spricht für ein hohes Maß an strategischer Vorsicht – und für ein tiefes Verständnis der eigenen Stärken und Grenzen. Die 2.100 deutschen Filialen könnten dabei zu Touchpoints für ein immer umfassenderes Ökosystem werden. Aber der Weg dorthin muss für verschiedene Kategorien sorgfältig abgewogen werden.

Genau diese Kombination aus Expansionsdrang und behutsamer Umsetzung macht dm für etablierte Fachhändler so gefährlich – und für Kund:innen im Zweifel so anziehend, dass sie dort eben nicht mehr nur Taschentücher, Deo und Kichererbsen kaufen. Sondern vielleicht ja auch das neue Tischservice und die Schmerzsalbe.

Der Text wurde nachträglich mit dem Statement von dm ergänzt.

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