Die Stunde Null: „Wir sind in einer grünen Depression“

Investitionen in Nachhaltigkeit und Erneuerbare sind aktuell wenig gefragt. Die Unternehmerin Saskia Bruysten hält mit ihrem Projekt Carbon Equity dagegen – und hat finanzstarke Unterstützer

Mär 29, 2025 - 14:08
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Die Stunde Null: „Wir sind in einer grünen Depression“

Investitionen in Nachhaltigkeit und Erneuerbare sind aktuell wenig gefragt. Die Unternehmerin Saskia Bruysten hält mit ihrem Projekt Carbon Equity dagegen – und hat finanzstarke Unterstützer

Capital: Nachhaltigkeit hat als Thema derzeit keine Konjunktur. Energiekonzerne schrauben ihre Investitionen in erneuerbare Energien zurück. Die ESG-Kriterien verlieren an Bedeutung. Erleben wir einen Winter der Nachhaltigkeit?
SASKIA BRUYSTEN: Ich würde sagen, bis zu einem gewissen Grad ja. Wir sind in einer grünen Depression. Aber ich arbeite ja schon seit mehr als 15 Jahren in Bereichen, in denen es um die Frage geht, wie man Geld für sinnstiftende Zwecke nutzen kann. Und damals war das Thema auch total unsexy, und es hat wirklich niemanden interessiert. Wir haben es trotzdem hinbekommen, bei einigen Firmen eine Veränderung durchzusetzen. 

Trotzdem hat sich ja gezeigt, dass Investitionen in Erneuerbare erst einmal viel Geld kosten und wenig Erträge bringen, weshalb Energiekonzerne auch unter Druck ihrer Aktionäre geraten. Es geht also nicht nur um Mentalität, sondern auch um ein echtes Problem auf dem Kapitalmarkt.
Ja und nein. Langfristig kommen wir um die Dekarbonisierung nicht herum, wir müssen diesen Weg weitergehen. Für mich sind Climate Tech und Erneuerbare Energien in Europa die Schlüsselindustrien der Zukunft. Wir haben als Europäer auch die Chance, da Marktführer zu sein. Da werden sehr viele Innovationen entwickelt und Patente angemeldet. Ist das profitabel? Ich kann aus unserer Erfahrung sagen, dass man sehr profitabel in Klimalösungen investieren kann.

Aber sind das nicht auch sehr riskante Investitionen, die im Zweifel auch schiefgehen können?
Das stimmt für die frühphasigen Fälle, ja. Daher mischen wir das auch mit Private Equity – mit Investitionen in Firmen, die schon seit Jahren profitabel sind und wachsen. Oder auch mit Infrastruktur wie Großbatterien und Solarparks. Also mit profitablen und stabile Geschäftsmodellen. Die Idee ist, in ein Portfolio von vielen Unternehmen zu investieren, also zu diversifizieren.

Es gibt ja Fonds und ETFs, die sich ESG und Nachhaltigkeitskriterien auf die Fahne schreiben. Reichen die nicht?
Zunächst einmal: Wenn ich an der Börse investiere, stecke ich ja kein neues Geld ins Unternehmen, sondern ich kaufe nur Aktien von anderen. Wenn frisches Kapital in die Firmen gehen soll, muss das über Private Equity passieren. Was ESG angeht, so geht es ja vor allem darum, negative Wirkungen zu vermeiden und nicht in Klimalösungen zu investieren. Die Investitionen fließen in die alte, traditionelle Wirtschaft. ESG heißt nicht unbedingt etwas Gutes, sondern zunächst einmal zeugt es nur von gutem Reporting. Tesla zum Beispiel hatte zum Teil schlechtere ESG-Ratings als irgendwelche Ölkonzerne, weil ihr Reporting einfach schlechter war. ESG ist ein guter erster Schritt, aber es ist nicht die Lösung.

Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“:

  • warum Klimathemen eine abnehmende Rolle in Deutschland spielen
  • weshalb Carbon Equity in Firmen investiert, die nicht an der Börse sind
  • wer bei Carbon Equity Geld anlegen kann

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