Raumfahrt: Wer ist Rabea Rogge, die erste deutsche Frau im Weltraum?
Jetzt wird es ernst: Anfang der Woche soll Rabea Rogge abheben. Vor dem Start erzählt die Berlinerin, was sie dort oben machen wird und welches Souvenir sie im Gepäck hat

Jetzt wird es ernst: Anfang der Woche soll Rabea Rogge abheben. Vor dem Start erzählt die Berlinerin, was sie dort oben machen wird und welches Souvenir sie im Gepäck hat
In der Nacht von Montag auf Dienstag könnte am Weltraumbahnhof Cape Canaveral deutsche Raumfahrtgeschichte geschrieben werden: An Bord einer Falcon-9-Rakete soll erstmals eine Deutsche in den Weltraum starten. 12 Männer waren bislang oben, nun könnte endlich eine Frau hinzustoßen.
Dass ausgerechnet Rabea Rogge die erste Deutsche im All sein wird, ist überraschend, schließlich wurde sie nie von einer Weltraumorganisation als Astronautin ausgewählt und ausgebildet. Und doch bringt die Berlinerin einen perfekten Lebenslauf mit: Sie studierte Elektrotechnik an der ETH Zürich, zurzeit promoviert sie zu autonomer Robotik für das arktische Meer.
Auf einem Expeditionstraining in Spitzbergen lernt sie Chun Wang kennen, einen in China geborenen Milliardären mit einem Faible für die Raumfahrt. Er hat beim Raumfahrtunternehmen einen privaten Flug in die Schwerelosigkeit gekauft – und Rogge gefragt, ob sie mitfliegen will.
Frau Rogge, nimmt das Kribbeln zu – oder stecken Sie schon zu sehr im Tunnel?
Rabea Rogge: Doch, die Vorfreude steigt schon erheblich! Vor allem, da wir nun mit dem Training durch sind und auf den Launch warten. Es ist eine Mischung aus Ruhe, die man durch das Training und das Vertrauen in seine Fähigkeiten gelernt hat, und absoluter Freude, dass wir dies bald in die Tat umsetzen können.
Welche persönlichen Gegenstände planen Sie mit ins All zu nehmen, und warum?
Für die Mission werde ich ein symbolisches Stück deutscher Technologiegeschichte mitbringen: Eine historische Medaille aus der Sammlung des Deutschen Technikmuseums Berlin, die den Flugpionier Otto Lilienthal ehrt. Die Inschrift "Non Omnis Moriar" – "Nicht alles von mir wird vergehen" – steht auch für meinen Wunsch, die Visionen früherer Pioniere in eine neue Ära der Weltraumforschung zu tragen.
Außerdem nehme ich eine Kopie der Freiheitsglocke mit, die im Rathaus Schöneberg hängt, um Berlin als meine Heimatstadt zu würdigen. Meine Eltern haben mir diese mitgegeben. Ich habe generell Gegenstände für Freunde, Familie und von meinem Satellitenteam mit - um den Leuten, die mir auf diesem Weg geholfen haben, etwas zurückzugeben.
Was wird die größte Herausforderung während des Fluges sein?
Die spannendste Herausforderung ist, denke ich, alle Missionsziele in den paar Tagen zu erreichen. Wir haben über 20 wissenschaftliche Experimente, die wir durchführen werden. Wir haben den Amateurradiowettbewerb und ein Projekt, in dem wir die Fragen von Schulkindern beantworten.
Eine weitere große Herausforderung wird es sein, als Crew auf engstem Raum effizient zusammenzuarbeiten und schnelle Entscheidungen zu treffen – insbesondere in unerwarteten Situationen. Mein Crewmitglied Jannicke Mikkelsen und ich sind als Pilotenteam darauf vorbereitet, in Notfällen die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, aber es bleibt eine mentale und physische Herausforderung.
Kennen Sie Momente, in denen Sie denken: Nee, ist mir doch zu riskant, es soll lieber jemand anderes an der Mission teilnehmen?
Mein Respekt vor der Mission und die Anspannung waren am Anfang definitiv höher als jetzt. Aber mit dem vielen Training, dem zusammengewachsenen Team und dem gelernten Wissen über die Technologie hat sich das gelegt. Jetzt ist es freudige Erwartung anstatt von vielen Gedanken, was schiefgehen könnte. Wir haben viele Szenarien, die schiefgehen könnten, durchgespielt, also sind wir soweit es geht, vorbereitet.
Die Praxis ist meist anders als die Theorie. Was hat sich für Sie im Training geändert – an Einschätzungen, Perspektiven?
Unser Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hat sich erheblich gestärkt und unsere Teamdynamik ist auf einem exzellenten Niveau. Wir kennen uns jetzt so gut, dass wir effizient kommunizieren und die Signale der anderen intuitiv verstehen.
Besonders faszinierend war der Einblick in die Technologie. Das hohe Innovationstempo in den USA ist beeindruckend, und Europa könnte davon lernen. Meine Perspektive hat sich auch dadurch verändert, dass mir bewusst wurde, wie groß die Änderungen in der zivilen Raumfahrt sind. "Fram2" ist erst die dritte zivile Crew und wir sind die erste Crew überhaupt ohne eine Person mit Pilotenschein.
Gab es im Training oder bei der Vorbereitung Unterschiede zwischen den Frauen und Männern der Mission?
Nein, bei uns ist jeder gleich im Team und es ist sowieso nicht so ein großes Thema, ob man jetzt Mann oder Frau oder weiteres ist. Ein gutes Team ist ein gutes Team – unabhängig vom Geschlecht.
Jedes Teammitglied hat seine eigenen Aufgaben, das war der größte Unterschied im Training. Jannicke und ich hatten eine zusätzliche Ausbildung an den Konsolen, Eric und ich haben verstärktes medizinisches Training gehabt. Hinzu kommt, dass wir alle verschiedene Vorbereitungen für die wissenschaftlichen Experimente haben. Ich nehme beispielsweise an einem Experiment zum Hormonhaushalt in weiblichen Körper teil, das ist natürlich Frauen-spezifisch.
Ist es richtig, dass die Crew-Dragon voll automatisiert fliegt und im ungestörten Normalflug eigentlich keinen Piloten braucht?
Ja, genau und das ist der spannende Punkt heutzutage in der Raumfahrt. "Dragon" ist eigentlich voll automatisiert, was bedeutet, dass sie im Normalbetrieb keinen Piloten braucht. Das System übernimmt alle wichtigen Aufgaben, vom Start über den Flug bis hin zur Landung. Natürlich gibt es die Möglichkeit für die Astronauten, im Notfall einzugreifen, aber unter normalen Bedingungen fliegt das Raumschiff autonom.
Wie viele Stunden Schlaf bekommen Sie während der Mission, und wie bleiben Sie im All fit?
Wir haben acht Stunden Zeit für Schlaf allokiert. Wir haben auch ein Experiment an Bord, welches Schlaf im All untersucht! Es ist nämlich gar nicht so einfach, im All zu schlafen – viele Menschen sind daran gewöhnt, auf etwas zu liegen. Schwebend zu schlafen ist ein neues Gefühl für den Körper und wir werden unsere Werte vergleichen, wie unser Schlafrhythmus sich im All ändert.
Wie wird die Öffentlichkeit von den Ergebnissen Ihrer Experimente erfahren?
Mein persönliches Ziel ist es, der Wissenschaftskommunikation viel Platz in der Mission zu geben. Zum Beispiel werden wir ein Projekt haben, bei dem Schüler an einem Amateurfunk-Wettbewerb vom Boden aus mitmachen können! Mich haben solche Sachen als Kind wirklich begeistert und das würde ich gern mit in diese Mission bringen. Schaut gern auf f2.com/ham vorbei.
Glauben Sie, dass Sie es noch erleben, dass ins All fliegen fast so normal wird wie heute mit dem Flugzeug in andere Länder zu fliegen?
Das ist die Vision, auf die wir hinarbeiten. Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der es immer realistischer wird, dass das Reisen ins All irgendwann genauso normal wird wie heute Flugreisen in andere Länder. Wir arbeiten auf eine Zukunft hin, in der nicht nur speziell ausgebildete Astronauten, sondern auch viele andere Menschen ins All fliegen können.
Automatisierung und intuitive Steueroberflächen machen den Betrieb von Raumfahrzeugen deutlich einfacher und viele Prozesse laufen heute schon autonom. Das bedeutet, dass die Anforderungen an Astronauten deutlich gesenkt wurden – was mich zuversichtlich macht, dass bald auch Menschen ohne jahrelange Ausbildung in den Weltraum reisen können.
Donald Trump hat gleich in seiner Antrittsrede eine bemannte Mission zum Mars angekündigt. Was ist davon zu halten?
Meiner Meinung nach sollte die Raumfahrt nicht in ein politisches Lager gesteckt werden – es ist ein Traum, der allen Menschen gehört. Die Raumfahrt eröffnet uns Chancen, von denen Menschen vor wenigen hundert Jahren noch nicht einmal zu träumen gewagt hätten.
Ich bin ein großer Fan der Raumfahrt und verfolge mit viel Interesse die Entwicklungen sowohl im staatlichen als auch im privaten Sektor. Besonders wertvoll finde ich Raumfahrtmissionen, die uns auf wissenschaftlicher Ebene weiterbringen und dazu beitragen, das Geschehen auf der Erde besser zu verstehen und die Zukunft unseres Planeten zu verbessern.