Grundlagen des Stakeholder-Management für UXler:innen #webinar

UX ist Teamarbeit – das wissen wir. Aber wer sind eigentlich die Menschen, mit denen wir unsere Projekte gemeinsam gestalten? Wer trifft Entscheidungen, […]

Mär 30, 2025 - 10:57
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Grundlagen des Stakeholder-Management für UXler:innen #webinar

UX ist Teamarbeit – das wissen wir. Aber wer sind eigentlich die Menschen, mit denen wir unsere Projekte gemeinsam gestalten? Wer trifft Entscheidungen, wer beeinflusst sie, wer blockiert sie vielleicht sogar? Und wie schaffen wir es, dass unsere UX-Themen auf offene Ohren stoßen, statt abgewunken zu werden?

In unserem Webinar zum Stakeholder-Management stellte uns Dr. Thomas Vöhringer-Kuhnt sein persönliches Set an Methoden, Strategien und Geschichten aus über 15 Jahren Stakeholder-Management vor. Er ist langjähriger UX Manager in der Automobilbranche und  aktuell bei Mazda im European R&D Centre sowie als Mentor, Coach und Podcaster tätig. Moderiert wurde das Webinar von Björn Rohles – Training Manager for User Experience (UX) beim Digital Learning Hub Luxembourg. 

Stakeholder verstehen – nicht nur identifizieren

Stakeholder-Management beginnt nicht beim Stakeholder-Mapping, sondern bei der Haltung: „Es geht um Menschen, nicht nur um Rollen“, betont Thomas gleich zu Beginn.

Ob Manager:in, Entwickler:in oder Entscheidungsträger:in – jede Person hat Ziele, Zwänge, Ängste und Hoffnungen. Wer diese versteht, hält den Schlüssel zu einer guten Zusammenarbeit in den Händen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Fahrdynamik-Manager setzte sich vehement für ein sehr komplexes Bedienkonzept ein – nicht, weil es nutzerfreundlich war, sondern weil er zeigen wollte, welche  innovativen Features sein Team entwickelt. Thomas erkannte das zugrunde liegende Motiv und entwickelte eine clevere Lösung: Ein HMI mit vielen Optionen, die nur in bestimmten Fahrsituationen aktiviert werden konnten– z. B. auf dem Nürburgring – während im Alltag eine einfache Bedienbarkeit erhalten blieb. Somit konnten UX-Ziele (einfache Bedienbarkeit) und technologische Ziele (innovative Features, die in speziellen Situationen zur Verfügung stehen) realisiert und der Konflikt aufgelöst werden. 

Im Mittelpunkt des Stakeholder-Managements sollte die Frage stehen, “Was hält dein:e Stakeholder:in nachts wach?”. Die Antworten darauf bieten gute Anknüpfungsmöglichkeiten für die Kommunikation.

Stakeholder-Mapping als strategisches Werkzeug

Thomas ging auch auf das klassische Stakeholder-Mapping ein. Hierbei werden Stakeholder nach den Kriterien Einfluss (auf das Projekt oder Dein Ziel) und Macht (im Unternehmen) eingeordnet. Daraus ergeben sich vier Quadranten – von „informieren“ bis „eng managen“.

Spannend war die Diskussion zur Unterscheidung von Macht und Einfluss: Macht ist oft formell (z. B. Budgetverantwortung), Einfluss dagegen direkt projektbezogen. Beides kann sich stark unterscheiden – eine wichtige Erkenntnis für UX-Teams.

Er verwies dabei auch auf die Vorlagen aus unserem Kurs zu Stakeholder-Management, welche dabei helfen Stakeholder systematisch zu analysieren. Thomas zeigte anschauliche Beispiele aus der Praxis, etwa einen Chef, der UX nicht aktiv interessiert, aber durch gute persönliche Beziehung unterstützt – oder einen Requirements-Ingenieur, der UX strikt ablehnt und als Risiko für seine Ziele sieht.

Interdisziplinarität als Übersetzungsarbeit

UX ist interdisziplinär – das klingt banal, aber der Alltag zeigt: Die Denkwelten sind verschieden. Thomas hat das sehr plastisch gemacht:

Er zeigte das klassische V-Modell, wie es in der Ingenieurwelt genutzt wird – und verglich es mit dem Double Diamond aus dem UX Design. Beide Modelle haben ähnliche Phasen, aber sehen komplett unterschiedlich aus.

Sein Trick: Er nutzt das V-Modell als „gemeinsame Sprache“, um UX-Methoden wie Design Thinking mit Engineering-Teams zu verankern. Dadurch begegnet man sich auf Augenhöhe – statt „UX gegen Technik“ entsteht „UX mit Technik“.

Hinterfragen statt überzeugen – wie man echte Interessen erkennt

Ein weiteres Beispiel verdeutlichte, wie wichtig das Verstehen der wahren Interessen ist: Thomas sprach über ein chinesisches Entwicklungsteam, das Features so schnell wie möglich ins Fahrzeug bringen wollte – oft auf Kosten der Qualität.

Statt dagegen anzukämpfen, nutzte er deren Wunsch nach Schnelligkeit als Einstiegspunkt – und argumentierte, warum europäische Nutzer:innen höhere Qualitätsansprüche haben. Über diesen Umweg brachte er UX-Anforderungen in die Produktentwicklung ein – ohne Widerstand zu erzeugen.

Dabei half ihm aktives Zuhören. Nur wer versteht, was ein Stakeholder erreichen will – ob Status, Sichtbarkeit, Sicherheit oder Innovationslust – kann passende Angebote machen.

Business-Ziele in UX-Sprache übersetzen – und umgekehrt

UX kostet – also muss UX auch **Business Value liefern**. Thomas veranschaulichte das ganz konkret aus seiner Praxis: Ein verbessertes UI im internen Support-Tool spart 300.000 € jährlich – bei 250.000 € Invest. Und, zitierte die großangelegte Enterprise Design Thinking Studie von IBM. Diese zeigte, dass UX-Methoden die Time-to-Market halbierten, die Testkosten senkten und zu 36 Millionen USD Einsparungen führten – bei 12 Millionen Invest.

Aber woher kommen die Zahlen? Auch hier: Stakeholder-Management. Ohne gute Beziehungen zu Business-Kolleg:innen gibt es keine Einblicke in relevante KPIs. Thomas nennt das „Beziehungsarbeit mit Excel“.

Stakeholder-Management ist UX – nur nach innen

Stakeholder-Management ist kein Add-on – es ist UX, nur mit anderen Nutzer:innen: den Kolleg:innen, Entscheider:innen und Teams, mit denen wir jeden Tag arbeiten.

Wer Wirkung entfalten will, muss verstehen, wer mit am Tisch sitzt – und warum. Es geht nicht ums Überzeugen, sondern ums Verstehen. Nicht ums Durchsetzen, sondern ums gemeinsame Möglichmachen. Thomas’ Haltung ist klar: Servant Leadership.

Vielen Dank

Ein herzliches Dankeschön an Dr. Thomas Vöhringer-Kuhnt für das Teilen seiner Erfahrungen zu Stakeholder-Management sowie an Björn Rohles für die Moderation des Webinar.

Und, natürlich ein ganz besonderes Dankeschön an unseren Sponsor cxomni, der dieses Webinar möglich gemacht hat.

Folien

Die Folien zum Webinar findest Du hier.

Weiterführender Online-Kurs

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