Neurologie: Sprachen lernen hält den Kopf fit – vor allem die rechte Gehirnhälfte

Fremdsprachen zu lernen stärkt die Verbindung zwischen den Hirnhälften. Dass aber gerade deren spezielle Arbeitsteilung für eloquente Mehrsprachigkeit verantwortlich ist, fanden Forschende jetzt heraus

Apr 2, 2025 - 18:15
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Neurologie: Sprachen lernen hält den Kopf fit – vor allem die rechte Gehirnhälfte

Fremdsprachen zu lernen stärkt die Verbindung zwischen den Hirnhälften. Dass aber gerade deren spezielle Arbeitsteilung für eloquente Mehrsprachigkeit verantwortlich ist, fanden Forschende jetzt heraus

Schon lange weiß die Wissenschaft: Wer eine Fremdsprache lernt, bringt sein Hirn auf Trab. So stärkt der Fremdsprachenerwerb etwa das Gedächtnis, die Konzentrationsfähigkeit und Flexibilität für neue kognitive Herausforderungen. Das kann zum Beispiel helfen, den Ausbruch von Demenzerkrankungen um mehrere Jahre zu verzögern. 

In einer seltenen Langzeitstudie haben Forschende vom Max-Planck-Institut nun neue, grundlegende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die linke und die rechte Hirnhälfte beim Fremdsprachenerwerb zusammenarbeiten. Dafür untersuchten die Neurologen knapp 60 Männer und Frauen aus Syrien, die nach ihrer Ankunft in Deutschland einen Intensivsprachkurs absolvierten: Sechs Monate lang lernten die Syrerinnen und Syrer an fünf Tagen pro Woche je fünf Stunden Deutsch. Vor Beginn des Kurses, nach drei und nach sechs Monaten scannten die Forschenden die Hirne der Lernenden mittels Magnetresonanztomografie (MRT).

Dabei konnten die Expert*innen beobachten, dass der Spracherwerb die Nervenverbindungen zwischen den Hirnhälften deutlich stärkte. Genauer: zwischen den Bereichen, die die Bedeutung und den Klang von Wörtern verarbeiten. Und zunächst galt dabei: je mehr Lernfortschritt, desto mehr Verbindungen.

Bei Fremdsprachen gilt: Rechts vor links!

In den Monaten drei bis sechs aber nahm die Verbindungsstärke zwischen den Gehirnhälften wieder ab. Diese zunächst irritierende Entwicklung erklären sich die Forschenden mit einer speziellen Arbeitsteilung der Hirnhälften.

So gilt bei der Sprachverarbeitung eigentlich: Links ist Trumpf; die rechte Hirnhälfte spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle, wird von der linken Hälfte sogar unterdrückt, damit sie nicht dazwischenfunkt. Das trifft aber nur bei der Muttersprache zu, die die linke Hälfte nahezu allein schafft. Beim Erlernen einer Fremdsprache ist die rechte Hälfte dagegen essenziell, denn in ihr sitzen Areale, die beim Aufbau eines neuen Wortschatzes helfen.

Die Verringerung der Nervenverbindungen zwischen den Hälften bewirkt den Forschern zufolge, dass die rechte Hirnhälfte gegenüber der linken Vorrang bekommt, ihre Stärken voll ausspielen kann, ohne von links gehemmt zu werden. Links lässt rechts in diesem Fall machen, weil rechts es besser kann.  

Die Erkenntnisse ihrer Studie, so die Forschenden, könnten helfen, die Funktionsweise des Hirns insgesamt besser zu verstehen – weit über den Bereich des Fremdsprachenerwerbs hinaus.