Neuer Koalitionsvertrag : Das kommt mit dem neuen Koalitionsvertrag auf uns zu
Nach langen Verhandlungen haben sich SPD und Union auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Wir haben euch die fünf wichtigsten guten und schlechten geplanten Neuerungen zusammengefasst – insbesondere für Frauen.

Nach langen Verhandlungen haben sich SPD und Union auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Wir haben euch die fünf wichtigsten guten und schlechten geplanten Neuerungen zusammengefasst – insbesondere für Frauen.
Neuer Koalitionsvertrag, neues Glück? Wir haben uns das 144-seitige Dokument angesehen und stellen fünf geplante Neuerungen vor, die hoffnungsvoll stimmen. Vieles davon – leider – unter Finanzierungsvorbehalt.
Das finden wir gut:
1. Die Wechseljahre stehen zum ersten Mal im Koalitionsvertrag
Endlich! Die neue Regierung verpflichtet sich, Menschen aller Geschlechter in allen Lebensabschnitten so gut wie möglich medizinisch zu unterstützen – das gilt auch für die Wechseljahre. Ein Thema, das immerhin die Hälfte der Menschheit betrifft. Nun sollen wirkliche politische Veränderungen angestoßen werden, um hoffentlich in den nächsten Jahren eine bessere medizinische Versorgung für Frauen in den Wechseljahren auf den Weg bringen zu können. Zusätzlich will die neue Regierung die Forschung zu Frauengesundheit sowie postinfektiösen Erkrankungen wie Long COVID fördern – das ebenfalls zu größeren Teilen Frauen betrifft.
2. Mehr Elterngeld
SPD und Union möchten das Elterngeld so verändern, dass Mütter und Väter sich die Betreuung des Kindes gerechter aufteilen können – damit nicht nur die Mutter zu Hause bleibt, sondern auch der Vater sich stärker beteiligt, besonders in den ersten Monaten nach der Geburt. Außerdem sollen die Unter- und Obergrenze des Elterngeldes (bisher 300 und 1.800 Euro – je nach Einkommen) angepasst werden: Familien mit niedrigerem oder mittlerem Einkommen sollen künftig mehr bekommen.
Auch soll ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen geprüft werden.
Ebenso längst überfällig: Die Berechnungsgrundlage für Selbstständige soll flexibilisiert werden. Bisher wurde das Elterngeld ziemlich starr anhand des letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahres vor der Geburt berechnet. Ungünstig, wenn dieses eher mau war. Zudem sollen Selbstständige endlich auch Mutterschutz sowie Pflegeeltern einen Anspruch auf Elterngeld erhalten.
Und weil die Antragstellung des Elterngeldes ohnehin schon kompliziert genug ist, soll der gesamte Prozess – vom Antrag bis zur Auszahlung und Kommunikation mit der Verwaltung – bald vollständig digital ablaufen.
3. Härtere Strafen für Gewalt an Frauen
(Geflüchtete) Frauen sollen besser vor Gewalt und Stalking geschützt werden. In ganz Deutschland soll es einheitliche Regeln geben, damit Gerichte in gefährlichen Fällen elektronische Fußfesseln anordnen können. Gewalttäter sollen verpflichtet werden, an Anti-Gewalt-Trainings teilzunehmen. Wer beim Stalking einen GPS-Tracker einsetzt, macht sich künftig ausdrücklich per Gesetz strafbar. Opfer von häuslicher Gewalt sollen es leichter haben, ihren Wohnort zu wechseln und nicht mehr an bestimmte Orte gebunden zu sein.
4. Kein Unterhalt? Führerschein weg!
Richtig gut: Wer es versäumt, Unterhalt zu zahlen, wird künftig höher sanktioniert – zum Beispiel mit Führerscheinentzug! Und: Alleinerziehende sollen mehr Geld bekommen, wenn der andere Elternteil – meist die Väter – keinen oder nur wenig Unterhalt zahlt. Des Weiteren sollen Alleinerziehende bald weniger Steuern zahlen.
5. Mehr Support für Gründerinnen
Da Frauen bei Start-up-Gründungen unterrepräsentiert sind, soll ein stärkerer Fokus auf ihre Unterstützung gelegt und spezielle Förderungen für Gründerinnen ausgebaut werden.
Was uns nicht gefällt:
1. Schwangerschaftsabbrüche bleiben strafbar
Über den §218, der in Deutschland Abtreibungen regelt – und unter Strafe stellt –, wird seit geraumer Zeit diskutiert. Um Schwangeren die Selbstbestimmung über ihren Körper zu gewährleisten, müsste der Paragraf ersatzlos gestrichen werden. Forderungen dazu kamen vonseiten SPD, Grünen und der Linken. Eine Legalisierung beziehungsweise Entkriminalisierung ist jetzt jedoch gescheitert. Das heißt: Alles bleibt, wie es ist. Eine schwangere Person muss bestimmte Regeln einhalten, damit der Abbruch straffrei wird. So muss die Abtreibung beispielsweise in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft erfolgen, die Schwangere muss sich beraten lassen ... und so weiter. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung und bei Gefahren für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
2. Parität? Fehlanzeige!
Männerstarke Parteien wie die Union und die AfD drücken den Frauenanteil im Parlament nach unten, sodass er sich zurzeit auf nicht einmal ein Drittel beläuft. Allein das sollte besorgniserregend genug sein und dafür sprechen, Parität per Gesetz festzulegen. Ein Gesetz zur Regelung verbindlicher Frauenquoten wird es jedoch nicht geben. Zudem hält es die neue Regierung auch nicht für nötig, Gesetze und Haushalt auf Gleichstellungsfragen zu überprüfen. Katharina Barley aus dem SPD-Parteivorstand sagte der BRIGITTE: "Frauen bilden die Hälfte der Gesellschaft. Dennoch sind im neugewählten Bundestag gerade mal ein Drittel der Abgeordneten weiblich. Eine Regierung muss die Lebensrealität unseres Landes widerspiegeln. Deswegen erwarte ich, dass das zukünftige Kabinett paritätisch besetzt ist. Fähige Frauen gibt es mehr als genug. Gerade in bewegten Zeiten brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Frauenpower." Der Verein "Parité in den Parlamenten" bereitet derzeit eine Wahlprüfbeschwerde für das Bundesverfassungsgericht vor.
3. Mangelhafte Queerpolitik
Die Belange der LGBTIQ-Community werden in den Koalitionsvereinbarungen von CDU/CSU und SPD spärlich behandelt. "Das Wort 'queer' kommt in dem 144-seitigen Dokument gerade zwei Mal vor", heißt es laut "Tagesspiegel". Dabei bräuchten gerade trans, inter und non-binären Menschen besonderen Schutz, denn sie erleben auf Deutschlands Straßen immer mehr Anfeindungen, insbesondere durch die Zunahme rechtsradikaler Kräfte. Viele Bürger:innen fühlen sich hierzulande nicht mehr sicher. Die schwarz-rote Regierung trägt dazu leider bei, denn weder der Artikel 3 im Grundgesetz zum Diskriminierungsschutz wurde um die sexuelle Identität ergänzt, noch wurde das Abstammungsgesetz angepasst, das weiterhin queere Familien mit Neugeborenen benachteiligt.
4. Faire Aufteilung von Carearbeit wird erschwert
Die neue Koalition will die Zuschläge für Überstunden steuerfrei machen. Denn: Seit Beginn 2025 sind Beitragskosten für Versicherungen deutlich gestiegen, der Nettolohn dadurch gesunken. Schwarz-Rot verkauft die steuerfreien Überstunden also als gute Möglichkeit, die Löhne wieder aufzubessern. Hört sich auch erst mal gar nicht so übel an, eigentlich werden aber vor allem Vollzeitarbeitnehmer:innen zur Mehrarbeit angeregt. Das könnte sich als ein großer Nachteil für Frauen, insbesondere Mütter, herausstellen, da Vollzeit-Männer animiert werden, mehr zu arbeiten. Einer faireren Aufteilung von Carearbeit, die in Zukunft also noch mehr als sowieso schon an den Müttern hängen bleiben wird, und Lohnarbeit, wird entgegengewirkt. Heißt: Der Gender-Care-Gap wächst weiter.
5. Das Ehegattensplitting bleibt
Das Ehegattensplitting wird nicht im Koalitionsvertrag erwähnt – bleibt also kommentarlos bestehen. Bedeutet: Die Gehälter von verheirateten Paaren werden weiterhin ab der Hochzeit automatisch zusammen veranlagt, sie profitieren damit vom Ehegattensplitting. Je größer der Einkommensunterschied, desto höher ist der finanzielle Vorteil. Das Modell bestärkt so die traditionelle Rollenverteilung der Hausfrau, die für Carearbeit zuständig ist, und des erwerbstätigen Ehemannes, der das Geld nach Hause bringt – und sollte schon lange durch eine gerechtere Alternative abgelöst werden.