Nachhaltige Laufbekleidung: Greenwashing oder echte Alternative?
Du kaufst Fair-Trade-Kaffee, achtest darauf, möglichst keine Lebensmittel zu verschwenden und lässt das Auto stehen, wenn du auch mit dem Rad, zu Fuß oder per Öffis ans Ziel gelangen kannst? Das ist großartig! Aber wie sieht es eigentlich beim Thema Laufbekleidung aus? Weißt du, was du beim Sport an deinem Körper trägst? Unter welchen Bedingungen […] Der Beitrag Nachhaltige Laufbekleidung: Greenwashing oder echte Alternative? ist zuerst auf beVegt - vegan leben und laufen erschienen.


Du kaufst Fair-Trade-Kaffee, achtest darauf, möglichst keine Lebensmittel zu verschwenden und lässt das Auto stehen, wenn du auch mit dem Rad, zu Fuß oder per Öffis ans Ziel gelangen kannst?
Das ist großartig!
Aber wie sieht es eigentlich beim Thema Laufbekleidung aus?
Weißt du, was du beim Sport an deinem Körper trägst? Unter welchen Bedingungen dein Laufshirt hergestellt wurde? Welche möglicherweise fragwürdigen Chemikalien bei der Produktion zum Einsatz gekommen sind? Welche Realität sich hinter den Marketingversprechen deiner Lieblingsmarke verbirgt?
Und was du noch alles wichtig ist, um zu beurteilen, wie nachhaltig deine Laufbekleidung ist?
Nachhaltige Laufbekleidung: es ist kompliziert
Wenn du auf die letzten Fragen nicht sofort antworten konntest oder innerlich mit den Schultern gezuckt hast, dann bist du damit nicht alleine.
In diesem Beitrag begeben wir uns deshalb auf eine Entdeckungsreise, und möchten dir helfen, den Dschungel der Nachhaltigkeitsversprechen besser zu durchschauen. Wir beginnen mit der Frage, was Nachhaltigkeit bei Laufbekleidung überhaupt bedeutet, werfen anschließend einen kritischen Blick auf Standards und Materialien und stellen dir natürlich auch Marken vor, die nachhaltige Laufbekleidung anbieten oder nachhaltige Aspekte berücksichtigen.
Einen erhobenen Zeigefinger musst du übrigens nicht befürchten, denn je tiefer man in die Materie einsteigt, desto klarer wird, dass es auf viele Fragen keine eindeutigen Antworten gibt. Nachhaltige Laufbekleidung? Es ist kompliziert …
Trotzdem verspreche ich dir, dass du ab sofort mit anderen Augen auf deine Laufklamotten schauen wirst – und dir dieser Beitrag vielleicht sogar bares Geld sparen wird.
Was macht Laufbekleidung nachhaltig?
Der Begriff „nachhaltig“ wird von vielen Unternehmen genutzt, um ihre Produkte in ein besseres Licht zu rücken. Doch was heißt das konkret? Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir unsere Bedürfnisse in der Gegenwart so befriedigen, dass wir die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht einschränken (angelehnt an die Definition des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).
Gemäß dieser Definition sollte nachhaltige Laufbekleidung:
- Umweltschonend produziert sein, also mit minimalem Einsatz von Ressourcen wie Wasser und Energie.
- Fair hergestellt werden, das heißt unter fairen Arbeitsbedingungen.
- Langlebig und funktional sein, damit sie möglichst lange getragen werden kann und seltener ersetzt werden muss.
- Recycelbar oder biologisch abbaubar sein, um im Kreislauf zu bleiben.
Doch wie erkenne ich, ob ein Produkt wirklich nachhaltig ist? Die genannten Merkmale sind ja noch sehr schwammig formuliert und können ganz unterschiedlich ausgelegt werden. Mal abgesehen davon, dass ich als Konsument:in gar nicht so leicht die Produktions- und Lieferketten durchblicken kann:
- Wie viel Einsatz von Wasser und Energie ist für die Produktion notwendig? Und was ist viel, was ist wenig?
- Was bedeuten faire Arbeitsbedingungen? Und wo gelten die Standards? Von 38,5 Stundenwochen, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, 24 Tagen gesetzlichem Jahresurlaub und Ruhepausen (glücklicherweise in Deutschland gesetzlich geregelt), sind viele Arbeiter:innen in Südostasien weit entfernt. Und wären wir bereit, für wirklich fair produzierte Kleidung auch deutlich mehr zu bezahlen?
- Was bedeutet Langlebigkeit bei einem Laufshirt? Sollte das Shirt die aktuelle Saison überstehen? Oder noch in 10 Jahren nach 200 Waschgängen so aussehen, dass man es gerne tragen möchte? Ist es überhaupt der Wunsch, Kleidung über viele Jahre zu tragen – oder ist man insgeheim froh, wenn das Shirt nach zwei Jahren nicht mehr brandneu aussieht und man sich guten Gewissens neu einkleiden kann, um die Trendfarben der Saison zu tragen?
- Sollte aus einer recycelbaren Laufhose ein neues, fair produziertes, nachhaltiges Kleidungsstück entstehen müssen? Oder reicht es, wenn aus der Laufhose ein „minderwertiges“ Produkt wie ein Mülleimer oder ein Flaschenverschluss entsteht? Können wir dann noch von Recyceln sprechen, oder eher von Downcyceln? Wie viel Energie müssen wir aufwenden, um Funktionsmaterialien zu recyceln? „Lohnt“ sich das überhaupt hinsichtlich der dafür benötigten Energie?
Du siehst: Bereits bei diesen grundlegenden Aspekten ergeben sich viele Fragen und Unklarheiten, die wir ohne die nötige Expertise kaum beantworten können. Und es geht weiter.
Undurchsichtige Standards und Greenwashing
Viele Marken werben mit Begriffen wie „nachhaltig“ oder „eco-friendly“, doch klare Standards fehlen häufig. Zwar gibt es Siegel wie Sand am Meer: Fairtrade, OEKO TEX, Cradle to Cradle, Fair Wear Foundation oder GOTS um nur einige zu nennen, aber auch diese können nicht alle Aspekte der Nachhaltigkeit abdecken. Einheitliche Standards fehlen leider.
Ein großes Problem sind Begriffe wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „recycelt“, die oft ohne genaue Definition oder Belege verwendet werden. So kann beispielsweise ein Kleidungsstück als klimaneutral deklariert werden, wenn das Unternehmen CO2-Zertifikate kauft, anstatt die eigenen Emissionen signifikant zu reduzieren. Auch recycelte Materialien klingen auf den ersten Blick gut, doch oft handelt es sich um sogenanntes Downcycling (siehe oben). Das bedeutet, dass das Material nach der Nutzung nicht erneut recycelt werden kann und letztendlich doch im Müll landet.
Ein weiteres Problem ist das sogenannte Greenwashing, bei dem Unternehmen ihre Produkte oder Produktionsmethoden nachhaltiger darstellen, als sie tatsächlich sind. Das kann zum Beispiel geschehen, indem nur ein kleiner Teil der Kollektion nachhaltig produziert wird, während der Großteil weiterhin konventionell und umweltschädlich hergestellt wird.
Für uns als Läufer:innen, Verbraucher:innen und Laien auf dem Gebiet ist es oft schwierig, den Unterschied zwischen echten Bemühungen und reinen Marketingstrategien zu erkennen. Unabhängige Siegel und Zertifikate können einen ersten Anhaltspunkt bieten, sie sind aber zum Teil mit Vorsicht zu genießen.
Zusätzlich fehlt oft Transparenz: Viele Marken geben kaum Auskunft darüber, wo und unter welchen Bedingungen ihre Kleidung produziert wird. Auch „Made in Germany“ heißt nicht, dass das Kleidungsstück zu 100% dort gefertigt wurde. Stoffe und Garne können zum Beispiel aus dem Ausland kommen. Einen umfassenden und transparenten Einblick bieten leider nur wenige Marken und Unternehmen.
Und wenn nachhaltige Materialien verwendet werden, bleibt unklar, ob die Arbeiter:innen in der Lieferkette fair bezahlt werden und ob sie unter sicheren Bedingungen arbeiten. Ohne Frage sind die Bedingungen in Deutschland andere als in Bangladesh, Kambodscha oder Myanmar.
Ein erster Ansatz ist es, Marken zu kaufen, die transparent arbeiten und regelmäßig Berichte zu ihren Nachhaltigkeitsfortschritten veröffentlichen. Aber auch diese geben selten einen umfassenden Einblick.
Materialien: Vegan vs. umweltfreundlich?
Ein weiteres wichtiges Thema bei nachhaltiger Laufbekleidung sind die Materialien. Viele konventionelle Laufshirts und -hosen bestehen aus Polyester und Elasthan – beides Kunststoffe auf Erdölbasis. Und es hat natürlich einen Grund, warum Kunststoffe in Funktionskleidung häufig verwendet werden: Sie sind leicht, elastisch und atmungsaktiv. Leider wird beim Waschen Mikroplastik freigesetzt, das wiederum ins Abwasser gelangt. So selten wie möglich waschen und wenn, dann einen speziellen Waschbeutel wie den Guppyfriend verwenden sind zwei Ansätze, damit zumindest weniger Mikroplastik aus unserer Sportkleidung in die Umwelt kommt.
Merinowolle wird gerne als natürlicher Rohstoff angepriesen, der gerade im Sportbereich gute Eigenschaften in puncto Geruchsbildung aufweist. Merinowolle ist allerdings nicht vegan, und damit für viele vegan lebende Menschen keine Alternative. Außerdem steht das Tierwohl bei der Herstellung oft nicht an erster Stelle, unter anderem durch das umstrittene Mulesing.
Eine weitere Alternative sind recycelte Kunststofffasern oder innovative Materialien wie zum Beispiel Lycocell, das aus Holzfasern hergestellt wird. Diese Beispiele reduzieren den Bedarf an neuem Erdöl und geben bestehenden Materialien ein zweites Leben. Man darf gespannt sein, welche weiteren Innovationen im Bereich der nachhaltigen Textilien in den nächsten Jahren noch auf uns warten.
Second Hand: Die nachhaltigste Option
Wenn dir jetzt vor lauter Fachbegriffen und offenen Fragen der Kopf raucht, haben wir eine gute Nachricht: Das vielleicht größte Potenzial für mehr Nachhaltigkeit liegt bei dir selbst!
Die Formel ist denkbar einfach: Nutze die Kleidung, die du hast, so lange wie möglich, kaufe möglichst wenig neu – und wenn, dann kaufe „so nachhaltig wie nur möglich“, zum Beispiel Second Hand bei Anbietern wie Momox Fashion*. Ich habe Second Hand schon einige Stücke fürs Laufen und Yoga erstanden, die in einem sehr guten Zustand waren.
Das nachhaltigste Laufshirt ist nämlich immer noch das, welches gar nicht erst produziert wird.
Nachhaltige Marken für Laufbekleidung
Zum Abschluss möchten wir dir noch einige nachhaltige Marken für Laufbekleidung vorstellen. Bei der Auswahl war uns wichtig, dass wir auf den entsprechenden Websites zügig Informationen darüber gefunden haben, ob und wie sich die Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit bemühen.
Du wirst in dieser Liste Marken finden, die vegane, aber auch nicht-vegane Produkte anbieten. Wir beide würden keine Laufklamotten kaufen, die nicht-vegane Materialien enthalten, doch wie du weiter oben bereits gesehen hast ist das Thema Nachhaltigkeit so komplex, dass wir die einzelnen Aspekte nicht gegeneinander aufwiegen können.
Alle Informationen stammen von der jeweiligen Website des Unternehmens.
- Kossmann: Kossmann verwendet Stoffe aus Österreich und Italien, produziert in Deutschland, Ungarn und Portugal und verzichtet weitestgehend auf Polyester. Außerdem setzt das Unternehmen auf recycelte Materialien, die nach OEKO-TEX®-Standard 100 zertifiziert sind.
- NNormal: Die Produkte von NNormal bestehen aus recyceltem Polyester und Elasthan, sind langlebig und können am Ende ihrer Nutzungsdauer recycelt werden. Die Angaben zur Herkunft sind leider spärlich (der Reiter “Engagement und Herkunft” ist bei sämtlichen Produkten leer). NNormal-Laufschuhe können neu besohlt werden.
- Runamics: Runamics arbeitet nach dem Cradle to Cradle-Prinzip, d.h. dass die Produkte entweder biologisch oder technisch kreislauffähig sein müssen. Es wird kein konventionelles Plastik verwendet, dafür enthalten viele Produkte Merinowolle.
- Löffler: Löffler produziert ausschließlich in Österreich und in Europa. Die Textilien sind zertifiziert nach OEKO-TEX®-Standard 100 und OEKO-TEX® STeP
- Vidar: VIDAR Sport produziert ausschließlich in Portugal aus zu 100% biologisch abbaubaren Naturmaterialien (Buchenholz, Bio-Baumwolle und Algen) und ist komplett vegan. Polyester kommt nicht zum Einsatz.
- Trigema: Die Produktion von Trigema findet zu 100% in Deutschland statt und die Produkte sind nach STANDARD 100 by OEKO-TEX® sowie Cradle-to-Cradle zertifiziert.
- Willpower: Willpower produziert vegane und faire Sportkleidung, ohne dass Menschen oder Tiere ausgebeutet werden.
- wijld: wijld stellt Laufbekleidung auf Basis von Naturmaterialien wie Holz her. Die Produktion erfolgt in Portugal.
- Lanakila: Lanakila produziert in Sachsen und Italien. Wenn möglich werden zertifizierte Stoffe aus recyceltem Plastikmüll (Funktionsmaterialien) oder Bio-Baumwoll (Streetstyle-Produkte) verwendet. Die Druckfarben sind wasserbasiert und mit ECO-PASSPORT Siegel zertifiziert.
- RenéRosa: RenéRosa produziert ausschließlich in Europa und hat Plastik aus ihren Umverpackungen verbannt.
- Otherwise: Deutsches veganes Label, das in Deutschland und nur auf Bestellung produziert, um Überproduktion zu vermeiden.
- Tao Sportswear: Tao produziert ausschließlich in Europa unter fairen Arbeitsbedingungen. Die Laufbekleidung besteht zu 100% aus nachhaltigen Funktionsmaterialien wie Econyl oder Amni Soul Eco.
- Ryzon: Die Kleidung wird vollständig in der EU hergestellt. Für den Versand werden wiederverwendbare Polybags aus 100% recyceltem Plastik verwendet.
- Patagonia: Die Gewinne von Patagonia fließen in die Bekämpfung der Klimakrise. Außerdem bietet Patagonia für ihre Kleidung einen (derzeit kostenlosen) Reparaturservice an.
Was sind deine Gedanken zum Thema nachhaltige Laufbekleidung? Welchen Aspekt möchtest du noch hinzufügen? Was hast du neu gelernt? Und kennst du noch weitere Marken, die sich im Bereich Nachhaltigkeit engagieren und in unserer Auflistung fehlen? Dann freuen wir uns über deinen Kommentar!
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