Michel Hidalgo: Ein nobler Mann

Michel Hidalgo ging es beim Fußball nie um den Sieg allein, sondern immer auch um Schönheit, Leidenschaft und Romantik. Vor fünf Jahren starb Frankreichs ehemaliger Nationaltrainer.

Mär 26, 2025 - 18:54
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Michel Hidalgo: Ein nobler Mann

Wenn jemand wie Michel Hidalgo stirbt, dann müssten die Zeitungen und Webseiten eigentlich voll mit großen Nachrufen sein. Nur war vor fünf Jahren halt vieles, wenn nicht alles Corona. Und so wurde Hidalgo, einem der Allergrößten des französischen Fußballs, im Moment seines Todes weder die verdiente mediale Aufmerksamkeit zuteil, noch konnte sich die Öffentlichkeit auf eine Weise von ihm verabschieden, die einem Mann seines Kalibers auch nur halbwegs angemessen wäre.

Dabei gibt es genügend Gründe, das Leben und Werk dieses noblen Mannes zu feiern. Dass seine Spielerkarriere im Vergleich zu der als Trainer heute beinahe vergessen wird, ist angesichts der späteren Erfolge verständlich, andererseits aber auch etwas ungerecht; schließlich spielte Hidalgo mehrere Jahre lang für Stade Reims – seinerzeit die dominierende Elf in Frankreich – und hätte das Team 1956 fast zum Sieg im allerersten Europapokalfinale der Landesmeister geschossen. Doch hatte sein Treffer zum zwischenzeitlichen 3:2 nur kurz Bestand, am Ende gewann Real Madrid 4:3 und begründete damit eine Serie von fünf Triumphen nacheinander.

Spielerische Leichtigkeit

Michel Hidalgo engagierte sich bereits in seiner aktiven Zeit als Präsident der französischen Spielergewerkschaft, und so war es kein Wunder, dass er später Trainer wurde. Nach Anfängen im Stab von AS Monaco arbeitete er ab 1973 als Assistent des französischen Nationaltrainers Stefan Kovacs. Drei Jahre danach löste Hidalgo den Rumänen als Chefcoach ab und begründete eine Ära, die nicht nur erfolgreich war, sondern auch geprägt von einer bisweilen berauschenden spielerischen Brillanz. Wobei es nicht zuletzt Hidalgos Geschick zu verdanken war, dass sich die Talente der Ausnahmekönner Michel Platini, Jean Tigana und Alain Giresse zu einer Mittelfeldübermacht summierten, der kaum eine Mannschaft der Welt gewachsen war.

Nachdem die Franzosen bei der Weltmeisterschaft 1982 noch in einem für immer unvergessenen Halbfinale gegen Deutschland an ihrer eigenen Sorglosigkeit und einem nie aufsteckenden Gegner gescheitert waren, spazierten sie 1984, bei der EM im eigenen Land, mit spielerischer Leichtigkeit durchs Turnier – wenn man vom Schreckmoment im Halbfinale gegen Portugal, als sie fast wieder in der Verlängerung gescheitert wären, mal absieht. Letztlich ging auch dieses Drama in die Sportgeschichte ein, ganz im Sinne von Hidalgo, für den es beim Fußball neben dem Sieg auch um Schönheit, Leidenschaft und Romantik ging.

Nach der EM 1984 trat Michel Hidalgo als Nationaltrainer zurück und hat nie wieder eine vergleichbare Aufgabe übernommen. Vier Tage nach seinem 87. Geburtstag starb er nach längerer Krankheit.