Einschätzungen zum Schweizer Handel – unser Beitrag an der SCORE! 2025

Zu Beginn der diesjährigen SCORE! Konferenz am vergangenen Mittwoch haben wir von Carpathia als Organisatorin der Konferenz unsere Einschätzungen zu den Entwicklungen im Schweizer Handel präsentiert. Dieser Artikel ist für diejenigen, die den Beitrag verpasst haben oder ihn hier noch in voller Länge lesen möchten.  Der Beitrag Einschätzungen zum Schweizer Handel – unser Beitrag an der SCORE! 2025 erschien zuerst auf Carpathia: E-Business, E-Commerce, Cross-/Omni-Channel, Digital-Transformation Blog.

Mai 16, 2025 - 19:42
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Einschätzungen zum Schweizer Handel – unser Beitrag an der SCORE! 2025

Zu Beginn der diesjährigen SCORE! Konferenz am vergangenen Mittwoch haben wir von Carpathia als Organisatorin der Konferenz unsere Einschätzungen zu den Entwicklungen im Schweizer Handel präsentiert. Dieser Artikel ist für diejenigen, die den Beitrag verpasst haben oder ihn hier noch in voller Länge lesen möchten. 

Im Jahr 2024 wurden online für CHF 14.9 Mrd. Güter an Privatpersonen mit Schweizer Lieferadressen verkauft. Dies entspricht einer Zunahme um 3.5 Prozent, beziehungsweise 500 Millionen Schweizer Franken, und stellt ein neues Allzeithoch dar. Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1.1 Prozent ist von einer Mengenzunahme von 2.4 Prozent auszugehen. Der Detailhandel insgesamt hat nominal 0.2 Prozent verloren, was bedeutet, dass der Onlinehandel Marktanteile gewinnen konnte.

Rund zwölf Prozent des Detailhandels-Umsatzes wird in der Schweiz bereits online erwirtschaftet. Während im Food/Near-Food-Bereich der Online-Anteil bei drei Prozent liegt, sind es im Non-Food-Segment bereits 18.8 Prozent. Besonders im Bereich Heimelektronik zeigt sich ein starker Trend zum Onlineshopping, wo die Konsumenten über die Hälfte ihrer Ausgaben online tätigen. Gefolgt von den Kategorien Spielwaren (35 Prozent Onlineanteil) sowie Fashion und Sport (30 Prozent Onlineanteil).

Marktplätze und E-Food als Wachstumstreiber

Wachstumstreiber im Schweizer Onlinehandel bleiben die grossen Marktplätze, allen voran Digitec Galaxus. Die Plattform knackte im vergangenen Jahr die Umsatzgrenze von 3 Milliarden Schweizer Franken – ein Plus von 18 Prozent, dies inklusive den 362 Euro Auslandumsätzen. Auch der E-Food legte zu, mit Coop.ch und Migros Online als Aushängeschilder. Wenn auch bald ohne das Start-up Farmy, das bislang als Anbieter für frische Lebensmittel im Schweizer E-Food-Markt mitmischte und nach der Fusion mit Pico wohl nicht mehr gleich weitergeführt wird.

Coop und Migros richten Handel neu aus

Coop verfolgt im Onlinehandel mittlerweile ausschliesslich eine Omni-Channel-Strategie. Dennoch ist das Umfeld für einige Tochterfirmen herausfordernd: Jumbo, Fust, Interdiscount sowie Livique/Lumimart stehen unter Druck. Zudem lässt Coop das Body-Shop-Franchising per Ende Mai 2025 auslaufen. Gleichzeitig positioniert sich Coop stark im B2B-Onlinehandel: Transgourmet hat sich zu einem zentralen Umsatzpfeiler entwickelt, mit einem Nettoerlös auf Augenhöhe mit dem Supermarktgeschäft (11.5 Milliarden Franken, mehrheitlich im Ausland erzielt).

Während Coop die Breite des Handelsgeschäfts beibehält, richtet die Migros ihren Fokus auf das Kerngeschäft. Zum Jubiläumsjahr 2025 wurde ein klarer Strategiewechsel vollzogen: Migros trennt sich von allen Non-Food Handelsformaten ausser Ex Libris und Digitec Galaxus. Eine positive Wendung nimmt dagegen Micasa: Die Möbelhändlerin erhält durch ein Management-Buyout eine neue Perspektive und bleibt als eigenständige Marke erhalten.

Neue stationäre Billigkonkurrenz und China-Welle

Weitere Konkurrenz kommt von aussen. Mit Rossmann und Action betreten zwei deutsche Anbieter mit stationären Discount-Modellen den Schweizer Markt. Beide verfolgen ehrgeizige Expansionspläne. Rossmann plant bis Ende 2025 insgesamt rund zehn Filialen zu betreiben und sieht langfristig sogar Potenzial für eine dreistellige Anzahl. Action hat Anfang April seine erste Schweizer Filiale in Bachenbülach eröffnet, gefolgt weiteren zwei Standorten in Martigny (VS) und Monthey (VD). Seine aggressive Preisstrategie und das schlanke Sortiment könnten den Wettbewerb im ohnehin angespannten Detailhandel weiter verschärfen.

Temu bleibt auch 2025 ein sichtbarer Akteur im Schweizer Onlinehandel. Nach einem geschätzten Umsatz von 350 Millionen Franken im Jahr 2023 und rund 700 Millionen Franken 2024 wird sich die Dynamik verlangsamen. Der Neuheitseffekt lässt nach, Marketingausgaben sinken – das Wachstum stabilisiert sich auf hohem Niveau.

Unklar sind die Auswirkungen der US-Zollpolitik auf die Umsätze chinesischer Anbieter in Europa und der Schweiz: Sollten die USA an der Anfang April vorgestellten Zollstrategie gegenüber chinesischen Produkten festhalten, könnten überschüssige Warenströme vermehrt nach Europa und in die Schweiz umgelenkt werden. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Schweiz handelspolitische Instrumente nutzen wird, um regulierend einzugreifen.

Innovationen und Ausblick

Gleichzeitig ist wieder mehr Bewegung und Dynamik im Onlinehandel zu spüren. Grosse Plattformen investieren: Zalando etwa hat nicht nur den kleineren Mitbewerber AboutYou übernommen (bzw. wird dies noch im Sommer 2025), sondern sich kurz darauf auch ein Technologie-Start-up im AR-Bereich gesichert, um das Einkaufserlebnis weiterzuentwickeln.

Social Commerce ist weiter auf dem Vormarsch. Mit dem Start von TikTok Shop in Deutschland im Frühling 2025 gewinnt dieses Format zunehmend an Popularität und dürfte auch in der Schweiz für neue Impulse im Onlinehandel sorgen.

Auch grosse Tech- und KI-Unternehmen wie Google, OpenAI, Perplexity und Amazon weiten ihre Aktivitäten im E-Commerce-Feld aus. Sie investieren nicht nur in neue Einkaufstechnologien, sondern prägen aktiv die Weiterentwicklung der digitalen Customer Journey: Konzepte wie Agentic Shopping – bei dem digitale Agenten eigenständig Produkte auswählen und Käufe tätigen – gewinnen dadurch an Relevanz und könnten schon bald zum Alltag im Onlinehandel gehören.

Im Schweizer Onlinehandel gibt Digitec Galaxus weiter Gas – gerade auch über die Landesgrenzen hinaus. Gleichzeitig baut BRACK.ALLTRON unter dem neuen CEO das Unternehmen umfassend um, richtet sich nicht zuletzt im IT-Bereich neu aus. Auch hier darf man auf die nächsten Schritte gespannt sein.

Dieser Artikel wurde ausserdem in etwas verkürzter Version in der aktuellen Handelszeitung im Special Digital Commerce veröffentlicht. Hier geht’s zum Digital Commerce Special der Handelszeitung und hier geht’s zur PDF-Version des Specials.

Die «Sieger-Doppelseite» mit allen Siegern des Digital Commerce Awards und dem Champion-Interview 2025. — Quelle: Handelszeitung.

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