Die Stunde Null: Seidensticker-Chefin Bentzinger: „Wir schlagen uns durch“
Der Hemdenhersteller Seidensticker muss sich in der Modebranche behaupten. Firmenchefin Silvia Bentzinger erklärt, warum das Geschäft seit der Pandemie immer schwieriger wird

Der Hemdenhersteller Seidensticker muss sich in der Modebranche behaupten. Firmenchefin Silvia Bentzinger erklärt, warum das Geschäft seit der Pandemie immer schwieriger wird
Capital: Die Nachrichten aus der Modebranche sind nicht gut. Es gibt Insolvenzen, Händler machen dicht. Sie selbst haben Ende vergangenen Jahres auf Linkedin geschrieben, es sei ein Jahresabschluss, der unter die Haut geht. Wie steht es um Seidensticker?
SILIVIA BENTZINGER: Seidensticker gibt es seit 1919. Und seitdem gab es in der Bekleidungsindustrie immer wieder Wellenbewegungen und neue Herausforderungen. Und natürlich ist die Gesamtsituation im Moment für uns wirklich spannend. Auch wir mussten schauen, wie wir die Marke positionieren und wo wir wirklich Geld verdienen. Seidensticker ist stabil. Aber wir haben natürlich Druck im Markt. Wir sind im mittleren Preissegment. Und es gibt viele Fast Fashion-Anbieter, die Billigprodukte anbieten. Das heißt, es kommt Druck von unten, und es kommt Druck von oben. Aber wir schlagen uns durch.
Inwiefern sind die Probleme konjunkturell bedingt – und inwiefern sind es branchentypische Schwierigkeiten?
Ich glaube, das kann man nicht voneinander trennen. Die ganze Branche ist seit Corona sehr stark unter Druck. Da ist die gesamte Struktur ins Wanken geraten, die Warenströme gerieten ins Stocken, es haben sich Läger aufgebaut, die Lieferketten funktionierten nicht mehr. Seitdem ist das System nicht mehr so stabil, wie es mal war. Dann kamen weitere Dinge hinzu wie die Ukraine oder die USA, da wir nicht wissen, wohin es mit den Zöllen geht. Es kommen immer wieder Faktoren von außen hinzu, die die Lage wenig planbar machen. Und das macht es sehr schwierig.
Das Online-Geschäft hat bei Ihnen in den vergangenen Jahren zugelegt. Wie wichtig ist bei den Seidensticker-Produkten die Möglichkeit, die Artikel anzuprobieren, also einmal in der Hand gehabt zu haben?
Das kommt auf das Produkt an. Wir haben mit dem Hemd ein sehr dankbares Online-Produkt, das ist immer noch unser Brot-und-Butter-Geschäft. Wenn ein Mann das einmal getragen hat und die Größe und Qualität kennt, dann ist er ein dankbarer Online-Käufer. Er kennt seine Parameter und bestellt regelmäßig nach. In der Damenoberbekleidung ist es ganz klar so, dass die Kundin das Kleid oder die Bluse einmal fühlen oder anprobieren möchte. Das ist eine andere Situation.
Nach Corona sind mehr Menschen im Homeoffice, im Berufsleben wird weniger formelle Kleidung getragen.Wie reagieren Sie darauf?
Wir haben das bei Corona extrem gemerkt, da hatte ja niemand mehr ein Hemd an, selbst in Videokonferenzen mit Bankern. Wir haben dann die Produktpalette ergänzt um Polos und Casual-Themen wie Freizeithemden. Das Gute war, dass die Endverbraucher das sofort angenommen haben. Wir haben das seitdem stärker ausgebaut.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“,
- was die US-Zölle für Seidensticker bedeuten,
- wie sich das klassische Business-Hemd verändert,
- wie durch Fast Fashion das Tempo in der Mode zunimmt.