Deutsche Winzerin: Trumps Wein-Zölle: „Wir sprechen von einer Verdreifachung des Preises“
Die von Donald Trump angedrohten Strafzölle von 200 Prozent auf Wein und Champagner würden deutsche Weinbauern hart treffen. Selbst Pleiten unter Betrieben seien nicht ausgeschlossen, warnt Bio-Winzerin Eva Fricke

Die von Donald Trump angedrohten Strafzölle von 200 Prozent auf Wein und Champagner würden deutsche Weinbauern hart treffen. Selbst Pleiten unter Betrieben seien nicht ausgeschlossen, warnt Bio-Winzerin Eva Fricke
Mit ihren veganen Weinen nach Bio-Richtlinie gilt sie im Rheingau als Pionierin: Eva Fricke betreibt seit 2006 ihr Gut im rheinhessischen Eltville und Weinkritiker gaben ihrem Riesling bereits mehrfach volle 100 Punkte. Die Winzerin exportiert ihre Weine auch – doch dieses Geschäft könnte die Politik von Donald Trump nun schwer belasten. Der US-Präsident droht Europa mit Zöllen von 200 Prozent auf in die USA importierte Weine und Schaumweine. Und das besorgt deutsche Winzerinnen und Winzer wie Eva Fricke.
Capital: Frau Fricke, wie lief es für Ihr Weingut, bevor Donald Trump an die Macht kam?
EVA FRICKE: Für uns ungemein erfreulich, allerdings extrem ungleichmäßig. Wir hatten ein sehr gutes Frühjahr 2024, aber vom Sommer bis zu den Präsidentschaftswahlen in den USA machte sich in eigentlich allen Märkten eine große Zurückhaltung breit. Kein Vertriebspartner schien zu wissen, wo die Reise hingeht, und welche geopolitischen sowie wirtschaftlichen Auswirkungen die damals bevorstehende Präsidentschaftswahl haben würde. Die Weinwelt wirkte wie ausgebremst.
Gleichermaßen stark kam das Geschäft dann allerdings nach der Wahl zurück und wir haben unseren bisher erfolgreichsten Dezember erlebt sowie zwei sehr umsatzstarke Folgemonate. Es schien die Meinung vorzuherrschen, dass sich die erste Amtszeit ab 2016 so ungefähr wiederholen würde und man auf Basis dieser Erfahrungswerte im Wortsinn weiter handeln könne.
Was hätten die von Trump angedrohten Zölle für Auswirkungen auf Sie?
Europa entwickelt sich für uns weiter positiv und auch das US-Geschäft lief bis zur Ankündigung der Strafzölle sehr erfreulich. Einfach so über Nacht können wir ein eventuell wegbrechendes Business in Amerika nicht kompensieren. Gleichzeitig sind wir aber auch im 19. Jahr im Vergleich zum Wettbewerb noch immer ein Start-up. Da sind Neukunden in aller Welt ebenso normal wie Wechsel bei Vertriebspartnern, kurz: bei uns bleibt auch ohne weltpolitisches Theater reichlich Dynamik drin.
© Markus Bassler
Wie wichtig ist der amerikanische Markt für Sie?
Vor der Corona-Pandemie haben wir ungefähr 30 Prozent unserer Produktion in die USA exportiert, der Anteil war daher beträchtlich. Mittlerweile hat sich das bei um die zehn Prozent eingependelt, die Abhängigkeit ist also deutlich gesunken.
Stimmt Sie das optimistisch?
Die Nachrichtenlage ist natürlich völlig verrückt, aber als Unternehmerin muss ich einfach damit umgehen. Wir sind also noch eifriger bei der Akquise und versuchen, den Druck von Großabnehmern auf eine breitere Kundenbasis zu verteilen, um in solchen dramatischen Lagen robuster zu sein. Und, Stand heute wohlgemerkt, bin ich zuversichtlich, dass wir in unserem ersten Jahr ohne Neuinvestitionen seit der Gründung dafür bestmöglich aufgestellt sind.
Wann würden sich etwaige Strafzölle bei Ihnen im Geschäft niederschlagen?
Die Erntemenge teilen wir bis zum 30. Juni international zu und sind nun gerade dabei, die Flaschen abzufüllen. Sollten die diskutierten 200 Prozent so in voller Höhe erhoben werden, dann werden wir in den USA mit Sicherheit in diesem Jahr kaum Umsatz machen. Ein solcher Aufschlag ist äußerst schwer zu verkraften, selbst in der amerikanischen Top-Gastronomie, wenn er 1:1 an Kunden und Gäste weitergegeben werden muss.
Sind Kunden und Partner in der Gourmet-Gastronomie also durchaus empfindlich bei derartigen Preissteigerungen?
Im obersten Segment, also noch deutlich über meinen Weinen, dürften 200 Prozent mehr auf dem Etikett das Geschäft zum Erliegen bringen. Selbst bei noch so betuchten Kunden, echten Liebhabern und Sammlern gibt es definitiv Schmerzgrenzen. Wir sprechen schließlich quasi von einer Verdreifachung des Preises.
Wenn es jedoch geringere Strafzölle werden, wenn sich günstige Währungseffekte ergeben und man von einer allenfalls kurzfristigen Erhebung ausgehen kann, dann entstehen Spielräume, durch die unser Geschäft nicht so arg beeinträchtigt wird. Dann haben das große Exportvolumen deutscher Weine insgesamt und die weiterhin immens hohe Nachfrage nach unseren Produkten in den USA eine Chance, weiterhin zusammenzufinden. Eventuell wird man auch je nach Wein entscheiden, welcher Tropfen einen Preisaufschlag am ehesten verkraften kann.
Es wird also teurere „Billig“-Weine geben.
Das könnte man so ausdrücken, wobei man das nicht als Qualitätsaussage missverstehen sollte. Im Mittelfeld des Marktes bis zu den noch bezahlbaren Top-Weinen dürften Strafzölle, wie sie angekündigt wurden, jedoch einige Kopfschmerzen bereiten.
Schon vor Monaten war auch ohne Trump von einer Krise der deutschen Weinwirtschaft zu lesen. Wenn die Situation so angespannt ist, müssen wir uns dann bei „plus 200 Prozent“ auf eine Pleitewelle einstellen?
Es wird wohl alles geben, ob mit oder ohne Strafzölle. Darunter natürlich Produzenten, die durch ihre Exportabhängigkeit von den USA und große Volumina in der Existenz gefährdet sind. Und andere, die durch über Generationen gewachsene Vertriebsstrukturen, verlässliche Produkte, hohe Markenbekanntheit und vielleicht auch Rücklagen besser durch solche Turbulenzen kommen. Aber, ja, nicht nur mir werden bereits seit längerem und regelmäßig große Mengen von Fassweinen angeboten, deren Abfüllung sich für andere Winzer schon im letzten Jahren nicht mehr lohnte.
Wie reagieren Sie auf diese Entwicklung?
Zum ersten Mal in unserer noch immer jungen Gutsgeschichte bin ich auch ohne üppige Mittel in der Lage, gleich mehrere hervorragende Weinberge hinzuzukaufen. Und das mache ich natürlich. Zudem hege ich die vorsichtige Hoffnung, dass ich in dieser Phase meinen Betrieb konsolidieren kann und dadurch Land finde, auf dem ich bauen und meine gemieteten Betriebsstrukturen in einem eigenen Bau konsolidieren kann. Die Weichen in genau diese Richtung stelle ich bereits und will die sich bietenden Chancen unbedingt nutzen!
Könnten die 50.000 Flaschen Ihrer Jahresproduktion eigentlich zur Not in Deutschland oder der DACH-Region ausgetrunken werden?
Rein rechnerisch vielleicht. Gleichwohl ist der Heimatmarkt für deutsche Winzer natürlich unglaublich hart umkämpft. Außerdem sind aus den letzten drei Ernten sehr viele Weine im Umlauf, da kann ich im Vergleich zu Wettbewerbern, die andere Volumina bewegen, allein schon preislich irgendwann nicht mehr mithalten. Der deutsche Kunde ist auch beim Wein äußerst preissensibel.
© Markus Bassler
Weinproduzenten setzen inzwischen auch auf alkoholfreie Traubenerzeugnisse, um damit eventuelle Strafzölle der USA zu umgehen. Wäre das eine Option für Sie?
Davon gehört habe ich schon, aber außer einer Traubenbrause haben wir dazu bisher nichts im Angebot. Wie es zollrechtlich mit Weinen aussieht, die entalkoholisiert wurden – zuvor aber trotzdem Weine waren – kann ich nicht beantworten. Klar, solche neuen Produkte könnten ein Ausweg sein, bloß müsste es dafür ja auch die entsprechende Nachfrage in den USA geben.
Von Anfang an haben Sie beharrlich einen Weg der Bio-Dynamik und veganen Erzeugung verfolgt, galten damit als Pionierin im Rheingau. Nun scheint aus Umweltverträglichkeit und anderen, vermeintlich „progressiven“ und „woken“ Themen etwas die Luft raus zu sein. Besorgt Sie das in geschäftlicher Hinsicht?
Unsere Kundschaft kauft die Weine wegen ihrer Qualität, ihrem Stil, Ausdruck und meiner Handschrift als Winzerin. Dass sie zudem bio sind, scheint eher selbstverständlich zu sein, als das Hauptargument für den Kauf. Wir bleiben gleichwohl unserer Philosophie treu, die war schließlich ein wichtiger Motor für meine Selbstständigkeit und die Art, wie wir Weinbau betreiben.