Datenschutz und Alkoholkontrolle am Arbeitsplatz
Ein Gläschen am Abend in geselliger Runde zu viel und morgens mit Restalkohol im Blut zur Arbeit gehen – meist bleibt das ohne Folgen, solange keine Ausfallerscheinungen auftreten. Was aber, wenn doch? Kann dann eine Alkoholkontrolle angeordnet werden und muss diese geduldet werden? Der Beitrag legt gekürzt dar, auf welchen Rechtsgrundlagen Kontrollen datenschutzkonform (un-)zulässig sein […]

Ein Gläschen am Abend in geselliger Runde zu viel und morgens mit Restalkohol im Blut zur Arbeit gehen – meist bleibt das ohne Folgen, solange keine Ausfallerscheinungen auftreten. Was aber, wenn doch? Kann dann eine Alkoholkontrolle angeordnet werden und muss diese geduldet werden? Der Beitrag legt gekürzt dar, auf welchen Rechtsgrundlagen Kontrollen datenschutzkonform (un-)zulässig sein mögen.
Obliegenheit bzw. Pflicht des Arbeitgebers zur Kontrolle
Aber warum sollten Arbeitgeber darauf achten, dass keiner erkennbar alkoholisiert arbeitet? Aus dem einfachen Grund: In der Regel ist er gesetzlich dazu verpflichtet und es stört die betriebliche Ordnung. Die gesetzliche Pflicht folgt aus den nach § 15 Abs. 1 SGB VII erlassenen DGUV-Vorschriften der Unfallversicherungsträger:
„Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer (…) zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten.“ (§ 7 Abs. 1 GDUV-Vorschrift 1).
Außerdem reziprok:
„Die Beschäftigten sind (…) nach Weisung des Arbeitgebers verpflichtet für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend (…) haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.“ (§ 15 Abs. 1 ArbSchG).
Wie kontrolliere ich datenschutzkonform auf Alkohol?
Am besten mit Fingerspitzengefühl, denn die Vorgaben zum „ob und wie“ der Kontrolle sind eher streng. Das gilt sowohl für die Frage, ob kontrolliert werden darf, als auch für die Frage nach dem Wie.
Kontrolle nur auf Basis konkreter Verdachtsmomente!
Selbstverständlich sollte sein, dass nach dem Grundsatz der Datenminimierung nur bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten eine Kontrolle in Erwägung gezogen wird. Hierzu meinte das BAG in einem Fall, bei der Arbeitgeber die Kontrolle auf eine Tarifregelung stützte:
„Berechtigte Zweifel (…) liegen vor, wenn aufgrund hinreichender tatsächlicher Umstände fraglich ist, ob er [Anmerkung: der Beschäftigte] zu der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung (…) gesundheitlich in der Lage ist. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit sind nicht erforderlich.“
In aller Regel bietet es sich an, die Umstände beweisfest zur etwaigen Verwertung zu dokumentieren.
Kontrolle auf Basis der ausdrücklichen Einwilligung?
Liegen solche vor, liegt es recht nahe, die ausdrückliche Einwilligung des Beschäftigten zu verlangen. Der bedarf es nach Art. 9 Abs. 2 lit. a) DSGVO, weil der Alkoholspiegel ein Gesundheitsdatum ist. Konkordant mit der DSGVO hat das BAG hierzu bereits vor längerer Zeit festgestellt:
„Ein Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht verpflichtet, (…) routinemäßigen Blutuntersuchungen zur Klärung, ob er alkohol- oder drogenabhängig ist, zuzustimmen.“
Aber auch, wenn der Beschäftigte einwilligt, steht die Datenschutzkonformität auf wackeligen Beinen, denn zumeist wird das Abhängigkeitsverhältnis der Freiwilligkeit der Einwilligung entgegenstehen. Heißt, auch wenn der Beschäftigte formal eingewilligt hat, besteht die Gefahr auf deren Unwirksamkeit. Das lässt arbeitsrechtliche Sanktionen wegen des Alkoholverdachts mit all deren Risiken unberührt.
Kontrolle auf Basis gesetzlicher Erlaubnistatbestände
In aller Regel bedarf es einer arbeitgesetzlichen Grundlage gem. Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO nach “Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht“.
Eine explizite gesetzliche Anordnung von Alkoholkontrollen im laufenden Arbeitsverhältnis gibt es keine. Für die Tätigkeit in Risikosektoren finden sich aber teils (unter-)gesetzliche Normen, die die Beschäftigung von einem positiven Eignungstest abhängig machen. So zum Beispiel für:
- Berufskraftfahrer für Taxis, Buse oder LKWs fahren (§ 11 Abs. 9 i.V.m Anlage 5 FeV),
- Luftverkehrspersonal (§§ 18 – 21 und 65b LuftVG),
- Flugsicherungspersonal (§ 7 FSPersAV),
- etc.
Auf Basis der Wertung solcher sektoralen Normen mag man bei Verdacht die Anordnung von Kontrollen auf Alkohol vertreten können. Indes wird es in den meisten Fällen keine solchen geben.
Und was ist mit einer gesetzlichen Anordnung auf Basis der Generalklausel des § 26 Abs. 3 BDSG? In der steht, dass die Verarbeitung „besonderer Kategorien personenbezogener Daten“ für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig ist, wenn sie „zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten (…) erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person (…) überwiegt“.
Das Merkmal der Erforderlichkeit wird so streng ausgelegt, dass der Vertrag sonst unerfüllbar ist. Heißt, Kontrollen auf Alkohol wird man nur in evidenten Fällen hierauf stützen können, wenn schon gewiss ist, dass der Beschäftigte arbeitsuntauglich ist. Insoweit wird in den DGUV-Regeln zwar erläutert:
„Unabhängig davon reicht die auf Verhaltensbeobachtungen oder Hinweise gestützte subjektive Einschätzung des Vorgesetzten für das Aussprechen eines Beschäftigungsverbots aus.“
Einschränkend heißt es aber, dass die Annahme eines Beschäftigungsverbots nicht ergeben muss, dass der Versicherte den Betrieb verlassen muss, „wenn der Versicherte andere Arbeitsaufgaben gefahrlos“ ausführen kann.
Überträgt man das auf die Frage der Erforderlichkeit wird man verlangen können, dass vorab der Kontrolle auf Alkohol dem Beschäftigten eine andere Aufgabe erteilt wird, zu der er taugt. Erst, wenn das nicht möglich ist, mag man als ultima-ratio eine Alkoholkontrolle anordnen können.
Alkoholkontrolle kraft Kollektivvereinbarung?
Anders als bei Tarifverträgen wird bei Betriebsvereinbarungen bezweifelt, dass die Betriebspartner eine Untersuchungspflicht für Beschäftigte (auch) zur Alkoholkontrolle regeln können. Die Zweifler betonen den Vorrang der Persönlichkeits- und körperlichen Rechte der Beschäftigten und leiten hieraus ab, dass diese nicht zur Disposition der Betriebspartner stünden. Auch sei mit solchen Untersuchungen kein kollektiver Tatbestand gegeben, der unter das BetrVG falle. Den Parteien bleibt es aber auch nach Ansicht der Zweifler unbenommen zu regeln, wie mit Alkohol im Betrieb umgegangen werden soll. Heißt, sie können z. B. Alkoholverbote oder BEM-Regeln erlassen.
Alkoholkontrolle und Datenschutz – Prävention ist besser
Wie man sieht lässt der Datenschutz kaum Raum für individuelle Alkoholkontrollen im Arbeitsverhältnis. Das kann man kritisch sehen, sollte aber pragmatisch dazu motivieren ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das den Konsum von Alkohol nicht fördert. Alles Weitere obliegt natürlich auch der Vernunft der Arbeitnehmer, die hoffentlich durch den Genuss von Alkohol weder ihre Gesundheit noch die Arbeit aufs Spiel setzen. Es heißt zwar „in vino veritas“, aber diese Art der veritas sollte man doch aus dem Arbeitsumfeld fernhalten – dann lieber einen Tag Urlaub nach dem Feste einplanen.
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