Arbeitsalltag: Mit dieser Strategie übersteht man unangenehme Gespräche mit dem Chef
Die Chefin hat etwas zu kritisieren oder Sie müssen mit Ihrer Führungskraft über private Probleme sprechen? Das können schnell unangenehmen werden. Mit der richtigen Haltung und Gesprächsführung lässt sich das verhindern

Die Chefin hat etwas zu kritisieren oder Sie müssen mit Ihrer Führungskraft über private Probleme sprechen? Das können schnell unangenehmen werden. Mit der richtigen Haltung und Gesprächsführung lässt sich das verhindern
Unangenehme Situationen kommen im Berufsalltag immer wieder vor. Aber ein schwieriges Gespräch mit dem Chef oder der Chefin liegt vielen besonders im Magen. Allein der Gedanke daran kann schon Stress oder gar ein Gefühl der Ohnmacht auslösen. Egal, ob es um eigenes Fehlverhalten, Kritik an der Führungskraft, Konflikte im Team oder private Probleme geht, mit einer guten mentalen und argumentativen Vorbereitung können auch unangenehme Gespräche zum Erfolg werden.
Emotionen meist Grund für unangenehme Gespräche
Personalberater Maximilian Krüger ist in seinem Unternehmen selbst Führungskraft. Er sieht besonders drei klassische Fehler, die Mitarbeitende in schwierigen Gesprächen machen: Erstens würden viele mit aufgestauten Emotionen in das Gespräch gehen, was den Verlauf negativ beeinflussen könne. Seiner Erfahrung nach sind Emotionen der häufigste Grund für unangenehme Gespräche im Arbeitskontext. Zweitens hätten viele Angst, vollkommen ehrlich zu sein, und drittens würden viele Mitarbeitende das Gespräch nur aus ihrer eigenen Perspektive betrachten und sich nicht in die der Führungskraft hineinversetzen. Dabei sei der Perspektivwechsel wichtig, um eine gemeinsame Lösung für das Problem zu finden.
„In den meisten Fällen wird eine Lösung in einem Kompromiss liegen, der für beide Seiten gewinnbringend ist“, sagt er. „Ein Unternehmen profitiert am meisten, wenn seine Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können – und genau das sollte auch das Ziel eines solchen Gesprächs sein.“
Allerdings würden viele bereits im Vorfeld eine Verteidigungshaltung einnehmen, womit das Problem beginne, sagt Coach Felicitas Kapp. „Das Gespräch fängt vor dem Gespräch an – mit der eigenen negativen Grundhaltung“, sagt sie. „Wenn man schon vorher denkt, dass das Gespräch bestimmt schlecht verlaufen wird, hat das unterbewusst sehr viele Auswirkungen, zum Beispiel auf unsere Körperhaltung und Stimme und darauf, welche Formulierungen wir wählen“, sagt sie. „Wir senden dem Gegenüber also unterbewusst schon das Signal, dass es ein schlechtes Gespräch wird.“
Souverän und selbstbewusst Gespräch führen
Für sie kommt es daher in der Vorbereitung auf das Gespräch vor allem darauf an, eine offene Haltung zu entwickeln und es als Chance zu betrachten, die eigene Position klar zu machen. „Wenn ich offen in das Gespräch gehe, bin ich insgesamt souveräner und selbstbewusster, ohne konfrontativ zu sein“, sagt sie. Zur Offenheit gehöre auch, das Gespräch als Hin und Her zu betrachten, statt unbedingt die eigene Meinung durchsetzen zu wollen. „In der Vorbereitung auf ein solches Gespräch, ist man oft die ganze Zeit nur bei sich selbst, aber in der Gesprächssituation geht es um beide Perspektiven. Die Strategie im Gespräch ist deshalb, aktiv zuzuhören statt nur selbst zu reden.“ Karrierecoach Sarika Kötter rät schlicht, auch damit zu rechnen, dass es unangenehm werden könnte. „Wenn man sich darauf einstellt, ist man besser geschützt.“
Auch Personalberater Krüger hält eine gute Vorbereitung für entscheidend, besonders wenn Mitarbeitende von sich aus das Gespräch suchen. „Führungskräfte haben klare Erwartungen an Mitarbeitende, die ein herausforderndes Thema ansprechen“, sagt Krüger. So sollten sie frühzeitig darüber kommunizieren und ihre persönlichen Befindlichkeiten außen vor lassen. Hilfreich sei, in der Vorbereitung auf das Gespräch selbst zu reflektieren: Woher kommen meine Emotionen? Liegen sie an einer falschen Erwartungshaltung oder basieren sie auf schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit?
Klare Struktur im Gespräch
Um das Gespräch selbst dann konstruktiv zu gestalten, sollten sich sowohl Angestellte als auch Führungskräfte an eine klare Struktur halten. „Zuerst das Problem benennen, dann die Auswirkungen schildern und schließlich Lösungsvorschläge präsentieren“, so Krüger. „Falls noch keine Lösung bekannt ist, kann das offen kommuniziert werden, damit im Gespräch gemeinsam danach gesucht werden kann.“ Wichtig sei, dass beide Seiten vor allem in der ersten Phase die „Ist-Situation“ wertfrei beschreiben. Als Mitarbeiter sollte man seinen Ausführungen selbst keine Wertung geben. „Sobald man eine Wertung ins Gespräch bringt, wird auch die Führungskraft aus ihrer Perspektive eine Wertung hinzufügen – und die objektive Analyse der Situation wird gestört“, sagt er.
Handelt es sich um ein Kritikgespräch, sollten Mitarbeitende die Führungskraft ausreden lassen, die Kritik erstmal ohne direkte Bewertung annehmen und nicht sofort eine Gegenargumentation starten. Wichtig sei aber nachzufragen, wenn etwas unklar ist. „Bevor ein Gespräch endet, sollte sichergestellt werden, dass Sender und Empfänger dieselbe Wahrnehmung der Kritik haben“, sagt Krüger. „Dieser ,Klarheitskreis’ hilft nicht nur der Führungskraft, die eigene Botschaft zu reflektieren, sondern stellt auch sicher, dass die Mitarbeitenden genau verstehen, was gemeint ist.“
Ich-Botschaften an Chefs formulieren
Um im Gespräch Selbstbewusstsein zu signalisieren, empfiehlt Kötter den Blickkontakt zu halten und aufrecht zu sitzen. Außerdem: „Ruhig bleiben und sich nicht provozieren lassen“, sagt sie zu Capital. „Dabei hilft es, tief durchzuatmen, mindestens fünfmal hintereinander, um nicht aus einer emotionalen ‚Aufwallung‘ heraus zu antworten.“ Hilfreich sei es auch, aus der Ich-Perspektive zu argumentieren, ein Element aus der gewaltfreien Kommunikation. Statt „Da haben Sie Unrecht“ etwa lieber „Das sehe ich anders“.
Auch Kapp empfiehlt Ich-Botschaften wie „Ich nehme wahr, dass“ oder „Für mich stellt sich das so dar“, denn gegen die könne niemand etwas sagen. So bleibe man bei der eigenen Wahrnehmung und greife nicht in den Bereich des anderen ein. Von genau zurecht gelegten Formulierungen hält sie jedoch wenig. „Wenn wir nur auswendig gelernte Sätze dahersagen, sind wir nicht authentisch und souverän. Das ist schwierig, weil unser Gegenüber das merkt.“