Wer ist Charlotte Merz?: "Mein Beruf gibt mir innere Unabhängigkeit"

Seit 1980 ist Charlotte Merz die Frau an der Seite des Bundeskanzlers. Trotzdem lebt die Juristin ihr eigenes Leben – daran ändert auch sein neues Amt nichts.

Mai 13, 2025 - 19:40
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Wer ist Charlotte Merz?: "Mein Beruf gibt mir innere Unabhängigkeit"

Seit 1980 ist Charlotte Merz die Frau an der Seite des Bundeskanzlers. Trotzdem lebt die Juristin ihr eigenes Leben – daran ändert auch sein neues Amt nichts.

Vor ziemlich genau einem Jahr ist Charlotte Merz den meisten zum ersten Mal aufgefallen, und das eher unangenehm: Im Mai 2024 bedrängte sie den Reporter Lutz van der Horst von der Satire-Sendung "heute show" körperlich und erteilte ihm Benimmregeln. Auf einem CDU-Parteitag hatte er den Kanzlerkandidaten zur "Leitkultur" befragen wollen, doch der reagierte nicht und zog von dannen, Ehefrau im Schlepptau. Als van der Horst ihm hinterherruft, Leitkultur bedeute doch auch, "zu antworten, wenn man was gefragt wird", dreht Charlotte Merz sich zu ihm um, drückt energisch sein Mikrofon weg und maßregelt ihn: "Leitkultur bedeutet als Allererstes zu fragen, ob man eine Antwort geben möchte". 

Wer ist diese Frau, die einen ZDF-Mann vor laufenden Kameras zurechtweist wie ein Kind? Eine, die sich löwinnengleich vor ihren Ehemann stellt – oder eine, die der Welt einmal mehr zeigt: "Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau"?

Charlotte Merz geht ihren Weg

Vielleicht weil Friedrich Merz ein eher rückwärtsgewandtes Frauenbild anhängt, betont die neue "First Lady" gern, dass ihre 44 Jahre währende Ehe absolut gleichberechtigt sei – Partners in Crime, Seite an Seite, immer auf Augenhöhe. Beruflich geht die Juristin und dreifache Mutter jedenfalls erfolgreich ihren Weg. Seit 1994 ist sie Richterin, seit 2016 außerdem Direktorin des Amtsgerichts Arnsberg im Sauerland. Wie ihr Mann ist sie Mitglied der CDU.

"Wir haben immer alles zusammen gemacht und auch unser Familien- und Eheleben gleichberechtigt organisiert", sagte die 64-Jährige zur dpa. Bei ihrem ersten Staatsexamen war das erste Kind bereits da, beim zweiten waren es schon zwei. Kinder und Karriere zu vereinbaren, war für Charlotte Merz nach eigenen Angaben möglich, weil ihr Mann mitgezogen habe. "Wir haben beide Rücksicht auf den Job des anderen genommen und die Kinderbetreuung so aufgeteilt, dass sie mit unseren beruflichen Verpflichtungen vereinbar war. Mein Mann hat mich immer komplett unterstützt, weil er es selbstverständlich und richtig fand, dass ich gearbeitet habe."

Charlotte Merz wuchs in einer Juristenfamilie im Saarland auf, ihrem künftigen Mann begegnete sie 1980 auf einer Examensfeier an der Uni Bonn. Bei ihr sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, bei ihm habe es etwas länger gedauert, so die Kanzlergattin zur "Bild". Ein Jahr später feierten sie Hochzeit, Charlotte Merz war schwanger. "Das war zwar nicht geplant, aber wir haben uns gefreut", sagt sie heute. 

"Ich möchte jungen Mädchen vorleben, dass sie alles werden können"

Auch wenn ihr Mann jetzt Bundeskanzler ist, bleibt sie im Sauerland. "Ich möchte ganz normal jeden Morgen zur Arbeit fahren", sagte sie, denn: "Mein Beruf ist für mich eine große Bereicherung, er gibt mir innere Unabhängigkeit." Ob ihr Mann jetzt wie in den vergangenen 44 Ehejahren immer noch Zeit hat, jeden Tag mindestens zweimal zu Hause anzurufen, um zu fragen, ob alles okay ist, wie sie T-Online erzählte? 

In jedem Fall hofft sie, dass beide gut damit klarkommen, künftig noch weniger gemeinsame Zeit zu haben. Vielleicht helfen ihr die sieben Enkelkinder und die Freundinnen Franca Lehfeldt und Ilse Aigner über die ehegattenarme Zeit hinweg. Oder sie stürzt sich in ihr soziales Engagement als Vorständin der "Friedrich und Charlotte Merz Stiftung für Bildung und Ausbildung", die Kinder und Jugendliche in Arnsberg fördert – etwa durch Schulprojekte, die die Zahl der Sitzenbleibenden verringern sollen.

Die Jugend liegt Charlotte Merz am Herzen. Im Interview mit der "Westfalenpost" sagte sie: "Ich möchte jungen Mädchen vorleben, dass sie alles werden können, was sie möchten. Und ich möchte auch die Mütter ermutigen, ihre Mädchen stark zu machen, mit Selbstbewusstsein auszustatten." Bei den eigenen Kindern scheint dies gelungen zu sein: Tochter Carola arbeitet als Anwältin, Tochter Constanze ist Chirurgin. Sohn Philippe hat als promovierter Philosoph ebenfalls Karriere gemacht: Er hat die Thales-Akademie für angewandte Philosophie in Freiburg gegründet.