Wahl in Kanada: Kanadas Wahlsieger Mark Carney sagt Trump den Kampf an

Dank Donald Trump feiern die Liberalen in Kanada einen unerwarteten Wahlsieg. Premierminister Carney kündigt einen harten Kurs gegen den US-Präsidenten an, der Kanada zum 51. Bundesstaat machen will

Apr 29, 2025 - 16:36
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Wahl in Kanada: Kanadas Wahlsieger Mark Carney sagt Trump den Kampf an

Dank Donald Trump feiern die Liberalen in Kanada einen unerwarteten Wahlsieg. Premierminister Carney kündigt einen harten Kurs gegen den US-Präsidenten an, der Kanada zum 51. Bundesstaat machen will

Nach dem Sieg seiner liberalen Partei bei der Parlamentswahl in Kanada will Premierminister Mark Carney sich der aggressiven Politik von Präsident Donald Trump im Nachbarland USA entschlossen entgegenstellen. „Präsident Trump versucht, uns zu brechen, damit Amerika uns besitzen kann, aber das wird niemals passieren“, sagte Carney in seiner Siegesrede. „Wir werden diesen Handelskrieg gewinnen“, sagte er vor jubelnden Anhängern.

Hintergrund sind wiederholte Drohungen Trumps, Kanada als 51. Bundesstaat zu annektieren. Zudem hat Trump hohe Zölle gegen das Nachbarland in Kraft gesetzt, dessen Volkswirtschaft aufs eng mit der Amerikas verflochten ist.

Sein konservativer Gegenkandidat Pierre Poilievre, dessen Politikstil mehr an den von Trump erinnert, gestand die Niederlage ein und gratulierte Carney. Seine Partei werde in der Opposition „ihren Job machen und die Regierung zur Verantwortung ziehen“.

Die Liberalen erhalten nach Auszählung in rund 99 Prozent der Wahllokale voraussichtlich 168 Sitze im Parlament in der Hauptstadt Ottawa – und bleiben damit knapp unter der absoluten Mehrheit von 172. Die Konservativen kommen demnach auf 144 Mandate. Dritte Kraft wird mit voraussichtlich 23 Sitzen die Regionalpartei Bloc Québécois.

Poilievre verlor bei der Wahl sogar seinen Sitz im Parlament, den er seit 2004 innehatte. Stattdessen gewann im Wahlkreis in der Hauptstadt Ottawa Prognosen der Wahlbehörde zufolge der liberale Kandidat Bruce Fanjoy. Auch der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen New Democratic Party, Jagmeet Singh, verlor seinen Sitz in einem Wahlkreis in der westkanadischen Provinz British Columbia – und kündigte seinen Rücktritt an. 

Carney: „Schock des amerikanischen Verrats überwunden“

„Amerika will unser Land, unsere Ressourcen, unser Wasser“, warnte Carney in seiner Rede in Ottawa mit Blick auf Trump. Dies seien keine leeren Drohungen. Man müsse anerkennen, dass sich die Welt grundlegend verändert habe. „Unsere alte Beziehung mit den USA, eine Beziehung, die auf stetig zunehmender Verflechtung beruhte, ist vorbei“, sagte Carney weiter. „Wir haben den Schock des amerikanischen Verrats überwunden, aber wir sollten die Lektionen nie vergessen.“ Kanada werde seine Beziehungen „zu verlässlichen Partnern“ in Europa, Asien und anderen Teilen der Welt stärken.

Es ist die vierte Parlamentswahl in Folge, die die kanadischen Liberalen für sich entscheiden können, was in der Geschichte des G7-Landes ungewöhnlich ist. Rund 29 Millionen Menschen waren im flächenmäßig zweitgrößten Land der Erde zur Wahl aufgerufen. Die Abgeordneten werden per Direktwahl bestimmt.

Der liberale Wirtschaftsexperte Carney hatte die Posten des Parteivorsitzenden und Premierministers erst vor wenigen Wochen nach einer parteiinternen Abstimmung von Justin Trudeau übernommen, der Anfang des Jahres angesichts sinkender Beliebtheit nach rund zehn Jahren seinen Rückzug angekündigt hatte. Carney wurde erstmals auch ins Parlament gewählt.

Die Einmischung Trumps hatte den Wahlkampf in Kanada komplett auf den Kopf gestellt: Lange lagen die oppositionellen Konservativen in Umfragen scheinbar uneinholbar vorn, doch im Widerstand gegen den US-Präsidenten rückten die Kanadier zusammen und versammelten sich nun überwiegend hinter Carney. Noch am Wahltag forderte Trump die Kanadier erneut auf, einer Eingliederung in die USA als 51. Staat zuzustimmen.

Erfahrener Krisenmanager gegen „Canada First“-Kandidat

Der 60-jährige Carney bringt nationale und internationale Krisenerfahrung mit. Während der Finanzkrise leitete der aus Alberta stammende Politiker ab 2008 die kanadische Zentralbank. Zwischen 2013 und 2020 war Carney während der turbulenten Brexit-Phase Zentralbankchef in Großbritannien, anschließend bis Januar dieses Jahres UN-Sondergesandter für Klimaschutz. Er plädiert für eine engere Zusammenarbeit mit Europa und Asien, um die Handelsabhängigkeit von den USA zu verringern. „In Krisen bin ich am nützlichsten. In Friedenszeiten bin ich nicht so gut“, sagte er im Wahlkampf.

Der politische Stil des konservativen Spitzenkandidaten Poilievre trägt dagegen klare Trump-Anleihen. So sprach der 45-Jährige, der für niedrige Steuern und Kürzungen bei Staatsausgaben steht, ebenfalls von Fake-News, einer woken Ideologie linksradikaler Kräfte und versprach, Kanada immer an erste Stelle setzen zu wollen - „Canada First“. Das kam lange gut an – doch dann kam Trump.

Der Meinungsforscherin Shachi Kurl vom Angus Reid Institute zufolge führten drei Faktoren zum Sieg der Liberalen. "Es war der 'Jeder-außer-Konservative'-Faktor, es war der Faktor der Trump-Zölle, und dann war es der Abgang von Trudeau, ... der es vielen Wählern des linken Zentrums und der traditionellen Liberalen ermöglichte, zur Partei zurückzukehren." Weitere zentrale Wahlkampfthemen waren der starke Anstieg der Lebenshaltungskosten, steigende Mieten, der Zugang zu bezahlbarem Wohneigentum sowie Gesundheitsfürsorge und Migration.

Die Wahl fand zudem auch unter dem Eindruck eines tragischen Vorfalls in der Westküstenmetropole Vancouver am Wochenende statt: Bei einem Straßenfest der philippinischen Gemeinde fuhr ein Mann mit einem Auto in eine Menschenmenge und tötete mindestens elf Menschen. Ein verdächtiger 30-Jähriger wurde festgenommen. Die Polizei zeigte sich überzeugt, dass es sich nicht um einen Terrorakt handele.