Über Europas Batterie-Zukunft: „Unsere Lage ist ernst“
Start-up-Gründer Simon Voß sieht in Netzwerken den Hebel für Europas Batterieindustrie – vorausgesetzt, sie stiften echten, operativen Mehrwert. Der Beitrag Über Europas Batterie-Zukunft: „Unsere Lage ist ernst“ erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

Simon Voß, ehemaliger Wissenschaftler am PEM-Institut der RWTH Aachen, hat mit der Gründung seines Unternehmens BetterE einen klaren Anspruch: Die europäische Batterieindustrie stärken, vernetzen und beschleunigen. Im Interview mit TraWeBa analysiert er die aktuelle Lage der Branche, benennt strukturelle Herausforderungen – und fordert ein radikales Umdenken im Umgang mit Netzwerken und Wissenstransfer.
Voß macht deutlich: Die Automobilbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der durch den Aufstieg der Batterie als technologische Schlüsselkomponente geprägt ist. „Der Know-how-Träger wird zukünftig die Batterie sein und vom Ökosystem darum bestimmt“, erklärt er. Während Deutschland traditionell mit Fertigungskompetenz bei Verbrennungsmotoren und Karosserien punktete, sieht Voß nun dringenden Handlungsbedarf, um im globalen Batteriewettbewerb – insbesondere gegenüber China und Korea – nicht ins Hintertreffen zu geraten. „Es stellt sich nicht die Frage, ob wir das wollen oder können, sondern vielmehr die Frage, was konkret müssen wir tun?“
Sein Appell: Die europäische Batteriebranche müsse sich schneller, offener und vertrauensvoller vernetzen. Besonders Netzwerke könnten hier ein Schlüsselfaktor sein – allerdings nur, wenn sie gezielt Mehrwert stiften. „Netzwerke sind nur wertschöpfend, wenn sie die richtigen Informationen und Akteure zur richtigen Zeit auf die richtige Art und Weise zusammenbringen“, so Voß. Aktuell gehe jedoch noch zu viel verloren: „Im Moment fällt uns zu viel durch das Netz oder es reißt – siehe Northvolt.“
Dabei sei das Potenzial vorhanden, betont der ehemalige eLab-Geschäftsführer der RWTH: „Wir besitzen ein sehr großes wissenschaftliches Potenzial und verfügen über weltweite Entwicklungs- und Produktionspartnerschaften, speziell bei den OEMs.“ Die Herausforderung liege in der Umsetzung – und in der Überwindung von Rivalitäten. Europa müsse als Einheit auftreten, ohne die Vielfalt seiner Akteure zu verlieren: „Die Diversität ist unsere Stärke.“
Voß sieht auch Netzwerke in der Pflicht, sich weiterzuentwickeln. Der klassische Modus Operandi – jährliche Konferenzen, langsame Entscheidungsprozesse – sei nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen brauche es „eine neue Kommunikationsform – on demand“, digitale, KI-gestützte Plattformen, die Echtzeitinformationen liefern. Persönliche Treffen wie Konferenzen bleiben dabei wichtig – aber eher zum Vertrauensaufbau, denn zum Wissensaustausch: „Großprojekte wie der Bau einer Batterielinie erfordern immense persönliche Integrität, Verlässlichkeit und Loyalität für eine gemeinsame Mission.“
Seine Forderung an bestehende Netzwerke: Sie müssten operativen Mehrwert bieten, Einfluss auf politische und finanzielle Entscheidungen nehmen und ein gemeinsames Ziel verfolgen – den Aufbau eines leistungsfähigen europäischen Batterie-Ökosystems. „Wir haben schließlich für die wirtschaftliche und politische Sicherheit in unserem Land und Europa eine eigenständige Industrie aufzubauen – jetzt!“, betont Voß eindringlich. Mit der BetterE Expedition geht er selbst als Vorbild voran: In einem elektrisch betriebenen Video-Podcast-Studio reist er acht Monate durch Europa, besucht innovative Unternehmen, führt Gespräche mit Branchenführern, veröffentlicht Podcasts und vernetzt Akteure mit seinem Expertenteam. „Von ‚Das ist genial!‘ bis ‚Was soll denn der Schwachsinn?‘ habe ich schon alles gehört“, sagt Voß über das Projekt – und meint damit auch: Innovation braucht Mut.
Sein abschließender Appell: „Traut Euch!“ Nur wer sich in unternehmerisches Risiko begebe, Fehler zulasse und daraus lerne, könne Innovation vorantreiben. Für Voß steht fest: „Unsere Lage ist ernst. Wir haben das Potential – aber nur, wenn wir uns vernetzen und operativ effektiv zusammenarbeiten.“
Quelle: Traweba – Eng und agil vernetzt hat die Batterieproduktion in Deutschland mehr Chancen als Risiken – Das Interview mit Simon Voß
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