Trumps Zölle könnten gut für Bitcoin sein – treffen den Markt derzeit aber hart

Nun sind sie da, die Zölle, die Donald Trump angekündigt hat, und die globalen Aktienbörsen verfallen in Panik. Auch Bitcoin und andere Kryptowährungen rauschen schmerzhaft ab. Doch es gibt auch eine Deutung, in der die Zölle Bitcoins Aufstieg als globale Reservewährung beschleunigen.

Apr 9, 2025 - 14:31
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Trumps Zölle könnten gut für Bitcoin sein – treffen den Markt derzeit aber hart

Nun sind sie da, die Zölle, die Donald Trump angekündigt hat, und die globalen Aktienbörsen verfallen in Panik. Auch Bitcoin und andere Kryptowährungen rauschen schmerzhaft ab. Doch es gibt auch eine Deutung, in der die Zölle Bitcoins Aufstieg als globale Reservewährung beschleunigen.

Der Kurs stürzte während der letzten Tage weiter ein. Bitcoin fiel unter die 80.000 Dollar, Ethereum sogar unter 1.500, und wohin man auch schaut, auf Ripple, Solana, Dogecoin – alles ist tiefrot und die Preise verlieren zwischen 10 und 20 Prozent.

7-Tages-Kurs von Bitcoin nach coinmarketcap.com.

Als ganzes verlor der Kryptomarkt seit dem 4. April rund 300 Milliarden Dollar, seit der Spitze der Blase am 9. Dezember sogar mehr als 1,2 Billionen. Der Bärenmarkt wurde unübersehbar.

Gesamte Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen nach coinmarketcap.com

Ein Trost für Bitcoin-Maximalisten ist immerhin, dass der Bitcoin-Dominanz-Index, also der Anteil von Bitcoin an allen Werten im Kryptomarkt, auf 62 Prozent gestiegen ist, und damit ein Niveau erreicht hat, das er seit 2020 nicht mehr hatte. In gewisser Weise wird der Markt gesund; ein zu geringer Dominanz-Index deutet zuverlässig auf eine spekulative Überhitzung hin.

Bitcoin-Dominanzindex, ebenfalls coinmarketcap.com

Neben den Kryptowährungen selbst fielen auch die Aktien von MicroStrategy, Coinbase und amerikanischen Minern. Ferner wurden rund 1,36 Milliarden Dollar an Positionen wie Futures oder Perpetual Swaps liquidiert.

Bitcoin bleibt zwar im Verhältnis zu anderen Kryptowährungen und Wertpapieren relativ stabil, leidet aber synchron mit den globalen Aktienmärkten. Die Aktienindexe DAX, Nikkei und Dow Jones sind im Lauf einer Woche um mindestens 10 Prozent eingestürzt, Öl fiel sogar auf ein 3-Jahres-Tief. Lediglich der Euro scheint zu gewinnen – er legt gegen den Dollar um rund 2,5 Prozent zu – während Gold explodiert (nicht aber Silber, Platin und so weiter).

Die Weltwirtschaft ist im Umbruch, und Bitcoin spielt in diesem Chaos nicht die konträre Rolle, die eigentlich geplant war. Gold ist weiterhin Gold, während Bitcoin eher wie ein konjunkturabhängiges Wertpapier reagiert.

Vergeltung für Geschenke

Den Grund für den eisigen Sturm auf den Märkten kennt ihr – Trumps Zölle, die derzeit im Begriff sind, einen neuen Handelskrieg zu entfachen.

Aus monetärer Sicht ist es schwierig, Trumps Politik zu rationalisieren. Die USA sind in der beneidenswerten Situation, dass sie als einziges Land der Welt Papier zu dem Preis exportieren können, den sie darauf drucken. Da der Dollar die globale Leitwährung ist, sozusagen das Maß aller Dinge, will ihn jeder haben, um damit Importe zu bezahlen oder Reserven aufzubauen. So können die USA ihre Seigniorage, den Aufschlag fürs Gelddrucken, internationalisieren.

Bisher ist dies eine Win-win-Situation: Die globalen Märkte haben eine liquide und allgemein akzeptierte Währung, die den Außenhandel schmiert. Im Gegenzug dafür dient sich die ganze Welt den USA als großes Amazon auf, wo sie mit den frisch gedruckten Dollarnoten shoppen kann. Dieser Mechanismus lässt den internationalen Handel aufblühen und macht die USA mit zum reichsten Land der Welt.

Trump ist damit aber unzufrieden. Er meint, die ganze Welt würde die USA ausnutzen, weil sie Güter gegen bedruckte Papierscheine tauschen. Die USA haben ein starkes Handelsbilanzdefizit mit den meisten Ländern, was kein Wunder ist, sondern die natürliche und absolut wünschenswerte Folge davon, dass man Geld exportieren kann. Dieses Ungleichgewicht im Außenhandel möchte Trump nun durch Vergeltungszölle abbauen.

Trumps Ziel ist es vermutlich, durch Zölle und Personalabbau den Staatshaushalt zu sanieren, ohne weitere Steuern erheben zu müssen. Vermutlich strebt Trump einen Zustand an, in dem der Schuldendienst nicht mehr das Budget belastet und sich die USA zu günstigen Konditionen Geld leihen können. Dies würde die Handlungsfähigkeit des Staates stärken und der Zentralbank erlauben, die Wirtschaft durch Zinssenkungen anzutreiben, ohne eine Inflation fürchten zu müssen.

„Unbekanntes Territorium im globalen Finanzsystem“

Die Rosskur, die dorthin führen soll, ist aber zunächst vor allem brutal. Laut Financial Times drohen den USA scharf steigende Preise für „Lederwaren, Kleidung, Möbel und Elektrogeräte“ während der kommenden Monate, bei vielen Gütern um 30 bis 40 Prozent. Während viele Großhändler volle Lager haben, sodass sie erst in einigen Monaten die Preise erhöhen müssen, könnte der Effekt bei Lebensmitteln rascher eintreten. Schon ab dem nächsten Monat wird ein Aufschlag von gut 10 Prozent für Reis und etwa vier Prozent für Gemüse, Früchte und Nüsse erwartet.

Diese Erwartung steigender Preise macht auch Bitcoin zu schaffen. Wenn die Menschen mehr für Alltägliches bezahlen müssen, werden sie weniger Geld übrig haben, um es in Bitcoin und andere Kryptowährungen zu investieren. Inflation durch zu viel Geld ist gut für Bitcoin, Inflation durch zu wenige Güter – und das bewirken Zölle – ist dagegen schlecht.

Die Zölle wirken nicht einfach nur inflationär, kommentiert TheStreet. Sie bringen Konsumenten und kleine Unternehmen an ihre Grenzen. Sie treiben die Preise für notwendige Alltagsgüter, beschneiden Profitspannen, die sowieso schon haardünn sind, verstopfen Lieferketten und können einen Handelskrieg auslösen, der die globalen Warenströme unterbricht. „Trumps Zug ist nicht einfach nur ein verantwortungsloser Verhandlungs-Trick. Er spielt ein Spiel, das die USA an die fiskalische Instabilität bringt.“ Dies verdeutlichen auch die Zinsen für US-Staatsanleihen.

Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen nach cnbc.com.

Die Zinsen für Anleihen mit einer zehnjährigen Laufzeit sind Anfang April zwar auf ein Tief von vier Prozent gefallen. In den letzten Tagen sind sie aber sprunghaft gestiegen auf nun rund 4,46 Prozent. Zumindest für Tether, Circle und andere Stablecoin-Herausgeber sind das großartige Nachrichten, da sie ihre Coins vor allem durch Staatsanleihen decken.

Ein Analyst kommentiert die steigenden Zinsen in der Financial Times als Zeichen, dass „die Regierung Trump womöglich mit Sprengstoff spielt.“ Sie zeigten, dass Trumps destruktives Agieren das Vertrauen in die USA als stabile Wirtschaftssupermacht sabotiert – und damit womöglich auch in den Dollar selbst.

Es wird zudem bereits spekuliert, ob China als eine Art Warnschuss im Zollstreit US-Staatsanleihen verkauft. Dank seines langjährigen und gewaltigen Handelsüberschusses hält China Staatsanleihen im Wert von rund einer bis 1,6 Billionen Dollar. Die genaue Summe ist etwas nebulös. Auch Japans Zentralbank hat rund eine Billion Dollar in Staatsanleihen in ihren Reserven, die EU-Länder zusammen mindestens 1,5 Billionen, und die asiatischen Tigerstaaten Taiwan, Hongkong und Südkorea nochmal rund 700 Milliarden Dollar.

Wenn diese Länder, als Reaktion auf Trumps Zölle, nur kleine Teile ihrer Staatsanleihen verkaufen, wären die USA faktisch pleite und Trumps Plan gescheitert. Das Dollarsystem hat die USA eng mit dem Rest der Welt verbunden.

Das Ende des Dollarsystems?

Der einzige Grund, weshalb die USA nicht längst bankrott sind, ist, dass der Dollar die globale Reservewährung ist. Zentralbanken auf der ganzen Welt horten ohne Limit Staatsanleihen der USA, die nicht nur ihr intrinsisch wertloses Papier gegen alle Güter der Welt tauschen können, sondern auch eine endlose Kreditlinie genießen. Trump riskiert nun ausgerechnet diese Stellung, um die Schulden der USA abzubauen.

Trump sieht das Handelsbilanzdefizit der USA als ein Problem an, das es zu reparieren gilt. Damit sieht er das Dollarsystem als solches als Problem an, und wirft den anderen Ländern vor, die USA auszunutzen, wenn sie Dollar als Reservewährung benutzen.

Bisher akkumulieren die Zentralbanken Dollar (und in Dollar denominierte Anleihen und Aktien) als Folge von Handelsüberschüssen. Wenn Unternehmen Güter exportieren, erhalten sie dafür Dollar, müssen diese aber gegen die einheimische Währung wechseln. Die Zentralbank sorgt für liquide Devisenmärkte und kauft die Dollar der Unternehmen auf. Die meisten Zentralbanken behalten die Dollar, die ihnen so zufließen, weil sie eine stabile Reserve abgeben und für Importe nötig sind. Außerdem würde ein Verkauf der Dollarreserven die eigene Währung aufwerten und damit dem Export schaden.

Die Stellung des Dollars als globaler Reservewährung ist eng mit einem Handelsdefizit der USA verbunden. Ohne dieses werden die Zentralbanken künftig weniger Dollar schlucken und halten. Womöglich werden sie sogar Dollar aus ihren Reserven lösen müssen, um die Importwirtschaft mit Devisen zu versorgen. Sollte es zu einer solchen Öffnung der Schleusen kommen, droht ein gigantischer Abverkauf amerikanischer Wertpapiere. Die Zinsen für US-Staatsanleihen würden explodieren – und mit ihnen die Verschuldung.

All dies deutet die beunruhigendsten Folgen für die US-Wirtschaft an. Ein Analyst der Deutschen Bank warnte, dass der Kursverlauf von Aktien, Anleihen und Währungen während der vergangenen Woche „auf einen gleichzeitigen Kollaps der Preise aller US-Assets hinweist“, was einen Schritt „in unbekanntes Territorium im globalen Finanzsystem“ bedeute.

Ist das gut für Bitcoin?

Man könnte all das so deuten, dass die USA ihren Anspruch auf monetäre Führung abgeben. Trump stellt den Kern des Dollar-Systems in Frage, wenn er gegen das Handelsbilanzdefizit der USA ankämpft. Er spielt ein gefährliches Spiel, das die Stellung des Dollars als globale Reservewährung riskiert.

Trumps Wirtschaftspolitik könnte den Prozess der Dedollarisierung, den sich Länder wie China, Russland und Brasilien seit Langem vergeblich wünschen, in Gang setzen und beschleunigen. Ein unkontrollierter Handelskrieg könnte Spiralen der Abwertung auslösen, etwa wenn China, wie wohl bereits geschehen, die Zölle ausgleicht, indem es den Yuan abwertet.

Diese unsicheren Aussichten könnten die Deutung des Crashes sein, die „gut für Bitcoin“ ist: Wenn das Dollarsystem abgewickelt wird, entsteht eine Lücke, die Bitcoin als neue Reservewährung füllen könnte; wenn die Fiatwährungen nun um die Wette abwerten, um Exportüberschüsse zu erzwingen, wird Bitcoin seinen Wert erhalten; wenn die Wirtschaft schrumpft und Zentralbanken durch Zinssenkungen gegensteuern, wird Bitcoin von der Liquidität profitieren.

Die Zölle „stärken die Idee von Bitcoin als ein komplementäres Asset einer sich entwickelnden globalen Wirtschaft“, schreibt TheStreet. Womöglich bestätigten die Märkte derzeit BlackRock-CEO Larry Fink, der im Januar gewarnt hatte, dass der Dollar in Gefahr stehe, „seinen Status als Reservewährung an digitale Assets wie Bitcoin zu verlieren, wenn die USA ihre Schulden nicht in den Griff bekommen.“ Trumps Zölle, so TheStreet, „machen diese Möglichkeit realer und dringender.“ Wenn man die Option habe, ein „aufgeblasenes, von Schulden getriebenes Geldsystem gegen eines zu ersetzen, in dem Assets in Echtzeit übertragbar, grenzenlos und unkorrumpierbar sind – warum sollte man es nicht tun?“

Auch Matthew Sigel, Analyst des in Bitcoin investierten Vermögensverwalters VanEck, meint, dass die Zölle gut für Bitcoin seien. Das Zollpaket von Trump habe die globalen Handelsspannungen neu verschärft „und droht, eine monetäre und geldpolitische Fragmentierung auszulösen.“ Bitcoin sei zwar gefallen, halte sich aber einigermaßen stabil im Vergleich zu anderen Wertpapieren. Wenn die Zölle das Wirtschaftswachstum begrenzen, könnte die Fed mit der Zinspolitik reagieren, die Bitcoin schon immer Aufschwung gegeben hatte; gleichzeitig treibt der strategische Umgang mit Handel und Finanzen die Nachfrage nach einem neutralen Instrument zum Zahlungsausgleich.

Dies sei nicht nur Theorie, so Sigel weiter. China und Russland haben bereits begonnen, den Energiehandel „mit Bitcoin und anderen digitalen Assets“ auszugleichen, während Bolivien bereits angekündigt hat, „ab März Energie durch Krypto zu importieren“, und in Europa der französische Stromversorger EDF mit Überschüssen Bitcoins minen will. Bitcoin bringt sich in der Weltwirtschaft in Stellung, falls der Dollar ausfällt – und die Zölle machen genau dies wahrscheinlicher.