Steuer-Trick: Mehr als 175.000 Euro Einkommen? So erhalten Sie trotzdem Elterngeld!

Ab April 2025 erhalten Paare mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 175.000 Euro kein Elterngeld mehr. Eine Steuerberaterin erklärt Maßnahmen, um das zu verhindern.

Mär 26, 2025 - 13:04
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Steuer-Trick: Mehr als 175.000 Euro Einkommen? So erhalten Sie trotzdem Elterngeld!

Ab April 2025 erhalten Paare mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 175.000 Euro kein Elterngeld mehr. Eine Steuerberaterin erklärt Maßnahmen, um das zu verhindern.

"Kommen wir mit unserem Einkommen über 175.000 Euro?" Diese Frage hört Steuerberaterin Kim Knopf von der Steuerberatung "TaxItSmart" aus Bad Schönborn in letzter Zeit häufiger. 

Ab April 2025 gilt für werdende Eltern die neue Einkommensgrenze von 175.000 Euro. Bis März 2024 lag die Grenze noch bei 300.000 Euro; wer darunter lag, erhielt die staatliche Familienleistung. Im April 2024 wurde die Einkommensgrenze auf 200.000 Euro herabgesenkt – nun sinkt sie weiter.  Ob man darüber oder darunter liegt, ist auf den ersten Blick mitunter gar nicht so einfach zu erkennen.

Versteuerndes Einkommen, Bruttoeinkommen, Nettoeinkommen

"Das zu versteuernde Einkommen ist nicht dasselbe wie das Brutto- oder Nettoeinkommen", sagt Steuerberaterin Kim Knopf. "Es zählt der Gesamtbetrag aller Einkünfte des jeweiligen Jahres. Diese werden unter anderem noch gekürzt um Vorsorgeaufwendungen, Sonderausgaben, individuelle Freibeträge und außergewöhnliche Belastungen." 

Je mehr sich absetzen lässt, desto eher wird die Einkommensgrenze für Elterngeld nicht erreicht. Um die finanzielle Hilfe zu erhalten, kann es sich deshalb lohnen, das Einkommen in manchen Fällen gezielt anzupassen.

Davon berichtet Marina Zubrod. Die Multi-Unternehmerin und ihr Mann Jan Zubrod haben ein Mischeinkommen aus ihren Gehältern, Mieteinnahmen und Verpachtungen. Um den Überblick zu behalten, suchten sie vor zwei Jahren – vor der Geburt ihres ersten Kindes – eine Elterngeldberatung auf. "Uns wurde dort geraten, unsere Gehälter vorübergehend zu senken und an unsere Firmen Darlehen zu vergeben", berichtet die Unternehmerin. Auf diese Art habe das Paar sein Einkommen senken können. 

"Solche Maßnahmen sind im Einzelfall absolut sinnvoll, müssen aber vorab rechtlich sowie steuerrechtlich geprüft werden", sagt Kim Knopf. So könne man steuerliche Gestaltungsräume optimal nutzen. 

Was Selbstständige tun können

Für Selbstständige gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten, das Einkommen zu senken: So können gegebenenfalls Rechnungen später gestellt werden, um die Einnahmen erst im Folgejahr zu generieren. Allerdings ist zu prüfen, ob bzw. in welcher Höhe das Elterngeld aufgrund dessen gekürzt wird, wenn die Einnahmen in den Zeitraum des Elterngeldbezugs fallen.

Auch Ausgaben können erhöht werden – zum Beispiel durch Investitionen. "Im Vergleich zu Angestellten sind Selbständige hier im Vorteil, da ihnen oftmals mehr Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Aus Sicht von Angestellten ist dies natürlich ein Kritikpunkt", sagt Kim Knopf. Sehr wirkungsvoll sei hier der Einsatz des Investitionsabzugsbetrags. "So kann unter bestimmten Voraussetzungen die Abschreibung für Investitionen, die zum Beispiel erst 2026 anstehen, zum Teil schon 2025 in Höhe von bis zu 50 Prozent geltend gemacht werden. Angenommen ich möchte nächstes Jahr eine Maschine kaufen, kann so das laufende Einkommen bereits geschmälert werden." 

Für Gesellschafter und Geschäftsführer, die wie Marina und Jan Zubrod ihr Gehalt anpassen oder Darlehen vergeben können, sei es wichtig, schon im Laufe des Kalenderjahres vor der Geburt die Gehaltsanpassung und andere Maßnahmen vertraglich festzuhalten. "Damit, einfach nur weniger zu zahlen, ist es nicht getan", warnt Steuerberaterin Kim Knopf. 

Was Angestellte tun können

Für Angestellte sei es zwar schwieriger, das Einkommen zu senken, doch auch hier gibt es einen Spielraum. "Wenn man einen Bonus erhält, kann man mit dem Arbeitgeber besprechen, ob Boni und Sonderzahlungen erst im Folgejahr ausgezahlt werden können. Es bedarf hierbei immer einer vertraglichen Überprüfung", sagt Kim Knopf.

Eine weitere Möglichkeit sei es, vorübergehend zusätzliche Rentenbeiträge zu zahlen, da auch diese das zu versteuernde Einkommen schmälern. "Außerdem gibt es weitere Möglichkeiten im Rahmen der Altersvorsorge, wie zum Beispiel Rürup oder Riester", sagt Knopf.

Auch wenn Dinge im Haushalt anstehen wie etwa Renovierungsarbeiten, lassen diese sich anteilig absetzen, genauso wie Spenden oder Kinderbetreuungskosten.

Für verheiratete Paare hat die Steuerberaterin noch einen Extra-Tipp, um mehr Elterngeld zu erhalten, wenn man aufgrund des Nettogehaltes nicht den Anspruch auf den Höchstbetrag hat: Liegt man im Rahmen der Einkommensgrenze, könne es sinnvoll sein, dass derjenige, der in Elternzeit geht, in die Steuerklasse III wechselt. Der Grund: In Steuerklasse III ist das monatliche Nettoeinkommen höher, was wiederum die Berechnungsgrundlage für das Elterngeld anhebt. 

Zur Berechnung des genauen Betrags, der dem in Elternzeit gehenden Elternteil zusteht, wird das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt herangezogen. Ersetzt werden zwischen 65 Prozent und 67 Prozent des Nettoverdienstes; bei sehr geringem Einkommen können bis zu 100 Prozent ersetzt werden. Nach oben hin ist das klassische Elterngeld auf 1800 Euro im Monat gedeckelt. Bei einem Wechsel der Steuerklassen würde die andere Person dann in Steuerklasse V wechseln und so monatlich mehr Steuern zahlen. Unterjährig ändert sich zwar der Nettoverdienst, da es sich jedoch bei den monatlichen Steuerzahlungen nur um Vorauszahlungen handelt, erfolgt der Ausgleich und somit die exakte Berechnung der Steuerlast mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung. 

Individuelle Beratung ist entscheidend

Macht es Sinn, das Einkommen absichtlich zu senken, um so Elterngeld zu erhalten? Laut Kim Knopf kommt es hierbei immer auf den individuellen Einzelfall  an. "Es ist natürlich Quatsch, Arbeitsstunden zu reduzieren oder auf mögliche Kursgewinne bei Kapitalanlagen zu verzichten, nur weil man sein Einkommen schmälern möchte. Um sicher zu stellen, dass der Rückgang des Einkommens durch gezielte Maßnahmen nicht höher ist als die spätere Elterngeldzahlung, sollten Hochrechnungen durchgeführt werden. Sind Paare nahe an der neuen Einkommensgrenze, ist es unerlässlich, sich mit dieser Thematik frühzeitig zu befassen. Auch wir beschäftigen uns in der alltäglichen Beratungspraxis bereits häufig mit dieser Thematik."

Viele Paare unterschätzen zudem die Ausgaben, die sie absetzen können. "Wer Mieteinnahmen generiert, erhöht dadurch nicht automatisch immer sein zu versteuerndes Einkommen", sagt Kim Knopf. Das sei natürlich langfristig das Ziel bei der Vermietung von Immobilien. Kurzzeitig könne es jedoch auch sein, dass durch Renovierungsarbeiten, Kredite und Instandhaltungskosten ein Verlust angesetzt werden kann. Fällt der Verlust dann in das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes, wirkt dieser sich positiv bei der Berechnung der Elterngeldgrenze aus. "Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, neben dem normalen Job noch etwas dazu zu verdienen, ohne das zu versteuernde Einkommen zu erhöhen. Beispielsweise sind im Rahmen der Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale bis zu 3000 Euro im Jahr steuerfrei", sagt Kim Knopf. Mitunter lohnt es sich auch finanziell mehr, weiterzuarbeiten. "Bei dem ganzen Papierkram, den man für 1800 Euro Elterngeld bearbeiten muss, verdiene ich das Geld lieber rein", sagt Unternehmerin Marina Zubrod. 

Kein Anspruch auf Elterngeld

Für Paare, die keinen Anspruch auf Elterngeld haben, kann die Elternzeit zu einer großen finanziellen Belastung werden. Ohne Elterngeld wird die Elternzeit zu einem teuren Unterfangen, wie im Fall von Katharina Löscher* und ihrem Partner. Mit einem Brutto-Gehalt von jeweils 80.000 Euro und zusätzlichen Mieteinnahmen von rund 25.000 Euro liegen die beiden knapp über der Einkommensgrenze für Elterngeld und unterschreiten diese Grenze auch mit allen Abzugsmöglichkeiten nicht. Zurzeit sind die beiden Münchener noch kinderlos – doch die Aussicht auf die erhebliche finanzielle Mehrbelastung macht die Entscheidung für Kinder nicht gerade einfacher. "Wenn ich statt 3800 Euro im Monat plötzlich gar nichts mehr erhalte, ist das schon heftig", sagt Katharina Löscher.

"Es gibt hier keine Gleitzone – beim Elterngeld gibt es einen harten Cut. Liege ich über der Grenze, bekomme ich nichts. Eine Möglichkeit wäre hier eine Anpassung der Elterngeldgrenze als sogenannten "gleitenden Übergang" vorzunehmen: Je mehr die Grenze überschritten wird, desto geringer wird der Teil des auszuzahlenden Elterngeldes. So würde man den harten Cut nicht so sehr spüren, und es gäbe noch einen Übergang für Eltern, die die Grenze nur geringfügig überschreiten", findet auch Kim Knopf. 

Kritik: unterschiedliche Lebenshaltungskosten, Gender Pay Gap und Karriereknick

Ein weiteres Problem sind die hohen Lebenshaltungskosten in manchen Städten: "In diese Rechnung ist gar nicht einkalkuliert, wie teuer die Miete in manchen Großstädten einfach ist", sagt Katharina Löscher. Für eine Dreizimmerwohnung wie ihre, die für ein Paar mit Kind nicht übermäßig groß sei, zahle man in München schon weit über 2000 Euro. "Für die Menschen in Großstädten, die über die 175.000 Euro fallen – eben weil die Gehälter an die Lebenshaltungskosten der Stadt angepasst sind – wird es dann richtig knapp", so Katharina Löscher. Auch Steuerberaterin Kim Knopf sieht diesen Punkt kritisch. In der Münchner Innenstadt habe man ganz andere Kosten als auf dem Land. Auch die Frage, wie viele Kinder ein Paar hat, spiele bei der Frage nach Elterngeld bedauerlicherweise keine Rolle. 

Folgen können hier ein Karriere-Knick, Rentenunterschiede und eine weitere Vergrößerung des Gender Pay Gaps sein. "Ich finde es schade, dass die Frage, wer die Kinderbetreuung übernimmt, bei vielen zwangsweise eine finanzielle Entscheidung ist. Es gibt viele andere wichtige Aspekte, die bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen sollten", sagt Kim Knopf.   

Entscheidet am Ende vor allem das Gehalt darüber, wie man die Betreuung aufteilt, steht zu befürchten, dass einer der Partner sich aus der Erziehungsarbeit zurückzieht, während die andere Person die gesamte Last tragen muss. So werden nicht nur die Gehälter der Partner immer unterschiedlicher, sondern auch die Lebenswelten, in denen Partner agieren. 

*Der Name wurde auf Wunsch der Betroffenen geändert, ist der Redaktion aber bekannt.